Das Date war super, die nächste Verabredung kann man eigentlich kaum erwarten – aber jetzt muss mindestens drei Tage gewartet werden, bis man sich meldet? Schluss damit!
3-Tages-Regel, Ablenkungsmanöver und anderer Mist
„Quit playing games with my heart” – die Backstreet Boys haben schon 1997 besungen, wie dringend sich etwas in unserer Dating-Kultur verändern muss. Aber es gibt noch eine Menge Menschen da draußen für die 20 Jahre später Spielchen zur Liebe gehören wie die farblich abgestimmten Outfits zu Boybands. Ich plädiere dringend für ein Umdenken.
Glück im Spiel, Pech in der Liebe: Ich bin ziemlich überzeugt, dass genau das auf die vielen passionierten Spielchen-Spieler da draußen zutrifft. Damit meine ich diejenigen, die es für sinnvoll halten, die Häufigkeit der Kontaktaufnahme nach absurden Regeln zu richten (Hallo 3-Tages-Regel) oder die, die immer das
Gegenteil von dem meinen, was sie sagen oder alle möglichen wahnwitzigen
Ablenkungsmanöver durchführen, um bloß nicht ihre wahren Gefühle preiszugeben.
Meiner Meinung nach gibt es kaum etwas Kontraproduktiveres als eine
Liebesgeschichte mit Taktiken zu beginnen, deren einziges Ziel es ist, sich
besonders cool zu präsentieren.
Scheinbar bin ich mit dieser Meinung aber relativ alleine, die Geschichten, die ich immer wieder aus meinem Freundes- und Bekanntenkreis höre, sprechen zumindest dafür.
Datinggeschichten aus der Hölle
Neulich rief mich eine Freundin an, um sich über ihre derzeitige Lovestory zu beschweren. Sein Vergehen? Sie fand, er schenkte ihr zu wenig Aufmerksamkeit. Das brachte sie dazu, ihm ausschließlich einsilbige, konversationstötende Nachrichten zu schicken. Durch Unverfügbarkeit und Abweisung wollte sie sein Interesse an und sein Begehren für sie steigern. Leider ging der Plan nicht auf und er tat es ihr innerhalb kürzester Zeit gleich. Also bemühte sich keiner der beiden mehr um lebhafte Unterhaltungen und Verabredungen. Ein Happy End sieht anders aus …
Ein Freund von mir hatte kürzlich einige fantastische Dates mit einer Frau, die er direkt mit dem Prädikat „Girlfriend-Material“ auszeichnete. Aber irgendwann fiel ihm auf, dass er dreimal in Folge nach einer Verabredung gefragt hatte. Deshalb war er überzeugt davon, dass das nächste Treffen sie vorschlagen müsste. Die beiden hatten zwar Kontakt, aber sie fragte nicht konkret nach einem Date. Mein Freund blieb stur. Auf das nächste Treffen wartet er bis heute …
Eine weitere Freundin und ihr „Crush” zogen kurz nachdem sie angebandelt hatten in verschiedene Städte. Die beiden hatten regen Kontakt, doch keiner traute sich den anderen jenseits einer kryptischen Andeutung, die selbst für Eingeweihte kaum kenntlich war, zu sich einzuladen. Lieber warteten sie acht Monate bis es sie zufällig mal wieder an den selben Ort verschlagen hatte. Danach ging das Ganze von vorne los …
Warum kompliziert, wenn es auch einfach geht?
Wenn ich so etwas höre, dann verstehe ich meine eigenen Freunde nicht mehr. Jedes Mal aufs Neue frage ich mich und die anderen, wozu das ganze Getue gut sein soll? Warum kompliziert, wenn es auch einfach geht? Für mich ist die Sache in den meisten Fällen ganz einfach: Man mag sich gegenseitig. Wieso freut man sich nicht einfach daran und zeigt dem anderen, dass man ihn toll findet? Ist das nicht das, was insgeheim jeder will – toll gefunden werden? Ich meine darum geht es bei dieser Coolness-Scharade doch, oder? Nur möchte sich partout keiner von beiden als erstes die Blöße geben und die Begeisterung für den Gegenüber hinausposaunen. Aber, wie man es in den Wald ruft, so kommt es eben auch zurück.
Ich folge einer ganz anderen Logik. Meiner Meinung nach ist es am wirkungsvollsten, einfach offen und ehrlich seine positiven Gefühle herauszutragen. Wenn ich eine Person mag, dann merkt sie das. Denn ich zeige Interesse, frage nach Verabredungen und sage es auch einfach ganz offen, ganz direkt und unverblümt. Wenn man seine Zuneigung und seine positiven Gefühle mit anderen teilt, dann bekommt man meistens etwas davon zurück. Und das ist die Überwindung als erstes die Maske fallen zu lassen, allemal wert.
Nehmen wir mal ein einfaches Beispiel: Jeder Mensch bekommt gerne ein Kompliment. Wenn man einer anderen Person ein Kompliment macht, dann fühlt sie sich gut. Außerdem steigert das die Wahrscheinlichkeit, dass diese Person sich irgendwann mit einem Kompliment revanchiert.
Gesucht: Coolness-Verweigerer*innen
Was kann schon dabei passieren? Das Schlimmste wäre wohl, dass die Gefühle eben nicht erwidert werden. Aber vor diesem hässlich-schmerzhaften Gefühl schützt auch das beste Täuschungsmanöver nicht. Mehr als eine Pseudosicherheit und einen Ego-Airbag können solche Taktiken auch nicht leisten. Schließlich sind wir alle verletzbare Wesen mit Gefühlen, ob wir
wollen oder nicht.
Deswegen bin ich Anti-Coolness, Anti-Spielchen und Anti-Regeln. Ich bin ein Cheerleader für Verletzlichkeit und fürs Gefühlezeigen und suche dringend Mitstreiter*innen. Hey, die Welt ist oft genug ein liebloser und deprimierender Ort. Dazu will ich nicht beitragen. Das Leben ist zu kurz, um Zeit mit albernen Spielchen zu verschwenden, wenn man stattdessen auch mit einem tollen Menschen im Park liegen könnte.
Ich mache da einfach nicht mit. Auch wenn das bedeutet, dass ich uncool bin oder, wie neulich von einer Freundin ausgezeichnet, die „schlechteste Dating-Ratgeberin aller Zeiten“ bin. Mein Freund findet das übrigens gut. Denn wenn ich ihm vor Jahren nicht gesagt hätte, dass ich ihn mag, dann hätte er es sich vermutlich auch nicht getraut.
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