„Zusammen das Leben genießen“, „Freundin zum Pferdestehlen gesucht“, „Lieblingsmensch“? So suchen Frauen auf Marie Hagdorns Seite „Beste Freundin gesucht“ nach der einen Freundschaft fürs Leben. Wir haben mit ihr gesprochen.
Die Freundin fürs Leben finden
Das Studium ist beendet, ein neuer Job steht an, oder die Beziehung ist in die Brüche gegangen – es gibt viele Anlässe für einen Neuanfang, oder zumindest einen Tapetenwechsel. Was an der Uni noch ein Kinderspiel war – schließlich waren die Leute um uns herum praktisch wie wir selbst, ohne Verpflichtungen und offen – stellt sich etwas später als große Herausforderung dar. Vor allem für uns selbst: offen zu sein, auf Leute zuzugehen, den inneren Schweinehund zu überwinden.
Doch was, wenn man so schüchtern ist, dass man sich nicht traut, andere anzusprechen? Wenn man so tief in der eigenen Clique verwurzelt ist, dass man keine Lust hat auf Neues? Was, wenn es einfach nicht „funkt“? Ein Schlamassel. Das fand auch Marie Hagdorn und rief kurzerhand die Seite „Beste Freundin gesucht“ ins Leben. Kein Datingportal, keine Singlebörse – einfach nur eine Seite, um eine Gleichgesinnte zu finden und nicht im Alleinsein zu versinken. Wir haben mit der 32-Jährigen darüber gesprochen, warum man online durchaus eine „Freundin fürs Leben“ finden kann.
Die Idee zu „Beste Freundin gesucht“ stammt von Marie Hagdorn. Quelle: M. Hagdorn
Wie ist die Idee entstanden? Warum wolltest du mit deiner Seite gerade das „Beste Freundinnen“-Thema aufgreifen?
„Die Idee zu ,Beste Freundin gesucht‘ entstand durch den Wunsch, in der Elternzeit Programmieren zu lernen. Da ich zum Lernen nicht einfach nur blind programmieren wollte, habe ich mich auf die Suche nach einer Idee zum Umsetzen gemacht. In dieser Zeit bin ich dann auch über das Freundinnen-Thema gestolpert. Ich habe ein wenig recherchiert und festgestellt, dass es keine Seite gibt, die mich wirklich überzeugt hat.
Es gab Foren, die aber keine regionale Suche hatten, und die Anzeigen waren teilweise uralt.
Doch waren viele Frauen auf der Suche nach neuen Freundinnen, durch meinen eigenen Umzug konnte ich die Situation sehr gut nachvollziehen. Es ist nicht immer leicht, neue Freundschaften zu knüpfen. Die Idee, genau dieses Problem anzugehen, hat mich so begeistert, dass ich genau das als Projekt machen wollte.“
Wann hast du realisiert, dass die Seite mehr ist als nur eine Übung?
„Naja, programmieren habe ich am Ende dann doch nicht gelernt. Mir fehlt dazu wohl einfach die Geduld. So habe ich mich dann um ,das Drumherum‘ gekümmert: also die Texte, Inhalte und den Aufbau der Seite. Seitdem ,Beste Freundin gesucht‘ online ist, bin ich vor allem für die sozialen Kanäle wie Facebook und Instagram verantwortlich. Besonders viel Spaß hatte ich aber an den Illustrationen, die ich alle von Hand gezeichnet habe. Die Seite sollte persönlich und sympathisch wirken.
Irgendwann wurde aus der Idee und den Programmiercodes dann etwas Greifbares und Verwendbares. Das Gefühl, etwas zu schaffen, das etwas bewirken kann, auch wenn es nur etwas Kleines ist, hat mich dabei am meisten angetrieben. In der Silvesternacht ging ,Beste Freundin gesucht‘ dann online und hat sich seither immer mehr mit Leben gefüllt – einfach eine tolle Resonanz. Ich habe noch sehr viele Ideen und Pläne, die ich gerne umsetzen möchte.“
Wenn du nicht das Programmieren übernommen hast, wer war es dann?
„Das hat mein persönlicher Programmierlehrer, mit dem ich auch verheiratet bin,
übernommen. Seit einem Jahr opfert er regelmäßig seine Feierabende, um mein Projekt
zu unterstützen. Ich komme ständig mit neuen Ideen und er ist dann so lieb und setzt sie
um. Manche auch nicht, nur die, die er gut findet.“
In der eigenen Region nach Gleichgesinnten suchen. Quelle: M. Hagdorn
Wie sieht dein Tag aus, damit du sowohl festen Job
als auch die Seite, die du als „Projekt“ bezeichnest, unter einen Hut bekommst?
„Da ich momentan in Elternzeit bin, betreue ich ,Beste Freundin gesucht‘ in meiner Freizeit.
Bevor ich in Elternzeit ging, habe ich in einer Werbeagentur gearbeitet. Zwar bin ich kein ,Kreativling‘ – ich habe mich ums ,Office-Management‘ gekümmert – doch habe ich den Kreativen oft gerne über die Schulter geschaut und der Grafikabteilung zugearbeitet. Das hilft mir jetzt sehr.
Die sozialen Kanäle sind im Moment noch Neuland für mich, ein sehr spannendes
Gebiet.
Es ist total faszinierend, welche Möglichkeiten man jetzt durch Soziale Medien hat,
die es vor ein paar Jahren noch nicht gab. Starke Vernetzung ist wichtig, aber erfordert
gleichzeitig auch sehr viel Zeit.
Mit Twitter, Facebook, Snapchat und Co bauen wir uns bereits eine breit gefächerte Social-Media-Umgebung auf.“
In der Online-Welt von Snapchat, Instagram und Facebook geht es oft eher oberflächlich zu. Findest du nicht, dass man sich die besten Freunde lieber in der
realen Welt suchen sollte?
„Die meisten Frauen, die sich auf meiner Seite anmelden, suchen Freundinnen fürs reale
Leben. Nicht jeder Mensch ist nämlich so offen, einfach irgendwo andere Menschen
anzusprechen oder ein Gespräch aufzunehmen. Bei meinem Projekt geht es einfach
darum, Frauen miteinander zu vernetzen, die sich im realen Leben vielleicht nie
kennengelernt hätten.
Aber es geht prinzipiell schon um Unternehmungen im realen Leben: also Freundinnen
zum Ausgehen, Kaffeetrinken und Quatschen, gemeinsamen Sport treiben, Shoppen,
Wandern, Verreisen und und und.
Ich denke, dass die meisten Freundschaften auch in Zukunft im realen Leben stattfinden
werden. Deshalb war mir der regionale Bezug der Suchanzeigen auf meiner Seite sehr
wichtig. Die Benutzerinnen können sehr schnell Frauen in ihrer direkten Umgebung finden.“
Hast du schon Feedback zu erfolgreichen „Vernetzungen“ und neuen Freundschaften bekommen?
„Einige Rückmeldungen gibt es tatsächlich und für den Zeitraum, in dem die Seite jetzt erst
online ist, freut mich das umso mehr. Gerade eine enge Freundschaft braucht ja meist
sehr viel Zeit.
Ich habe eine Rubrik eingerichtet, in der ich alle „Kennenlern-Geschichten“ poste, die mir
von den Nutzerinnen geschickt werden. Jede Rückmeldung freut mich sehr und beweist, dass es möglich ist, im Internet neue
Freundinnen fürs echte Leben zu finden. Eine Aussage ist aber bei allen Geschichten
rauszulesen: Es erfordert einfach ein wenig Mut, Glück und Geduld.“
Was ist mit „Fake-Accounts“ – hattest du schon mal Probleme damit?
„Man kann sowohl Beiträge als auch private Nachrichten melden. Das ist glücklicherweise
bisher aber fast noch nicht vorgekommen. In zwei von drei Fällen war es auch falscher
Alarm. Die Nutzerinnen passen auch schon genau auf und wollen wissen, mit wem sie es
zu tun haben.
“
Würdest du die Seite auch selber nutzen?
„Na klar habe ich selber auch einen Account. Nette Mädels kann man doch immer
kennenlernen. Ich merke auch immer wieder, dass ich durch die Erfahrungen, die ich
selber mache, die Nutzerinnen besser unterstützen kann.
Zum Beispiel hätte ich nie gedacht, wie nervös man sein kann, wenn man zum ersten Mal
eine Person trifft, die man noch nie in echt gesehen hat.“
Wie hast du denn deine beste Freundin kennengelernt? Und was hält euch
zusammen?
„Meine beste Freundin habe ich in der Heimat zurückgelassen. Deswegen weiß ich, wie
schwer es ist, eine Freundschaft über Distanz aufrechtzuerhalten. Und manche
Freundschaften gehen dann halt einfach auseinander. Umzüge oder geänderte
Lebensumstände sind bestimmt die Hauptgründe, warum man auf der Suche nach neuen
Freundschaften sein kann.“
Warum ist die Seite nur für Frauen, also beste FreundINNEN, gedacht?
Denkst du, Männnerfreundschaften oder ihre Ansprüche an eine
Freundschaft sind anders? Inwiefern?
„Ich möchte, dass die Frauen sich ungezwungen austauschen können und die Seite nicht
als Singlebörse missverstanden wird. Solche und allgemeine Freundschaftsseiten gibt es
ja auch eh schon genug. Mir war ein klares Profil wichtig, und mit dem Thema
Frauenfreundschaften kann ich mich als Frau selbst besser identifizieren.
Ich habe die Seite so benannt, um einfach klarzustellen, dass es um normale
Frauenfreundschaften geht. Einfach nur ,Freundin gesucht’ wäre immer
doppeldeutig. Freundschaften entstehen über lange Zeit und ein solch enges
Vertrauensverhältnis kommt nicht auf Knopfdruck. Deswegen kann man nur versuchen,
Freundinnen zu finden, und über die Zeit entwickelt sich dann vielleicht diese ,besondere‘ Freundschaft.
Anfangs nur als Übung gedacht, zählt die Seite momentan 37.000 Besucher im Monat.“
Mit 8.000 registrierten Nutzern und 37.000 Besuchern pro Monat ist es bereits mehr als ein Projekt. Was sind deine zukünftigen Pläne?
„Ich merke jetzt immer mehr, wie ,Beste Freundin gesucht‘ langsam vom Projekt zur Marke wird. Das ist irgendwie ein merkwürdiges Gefühl. Es war ursprünglich ja nur eine Idee. Man träumt natürlich immer ein wenig davon, erfolgreich zu sein und
überlegt sich, was denn dann ist, wenn es tatsächlich so wäre. Wichtig ist für mich weiterhin, Frauen miteinander zu vernetzen.
Wenn das Netzwerk so bekannt wird, dass es auch von Frauen gefunden wird, die nicht auf die Idee kommen, im Internet nach einer Freundin zu suchen, wäre das für mich ein riesiger Erfolg.“
Willst du das Team weiter ausbauen?
„Wenn die Seite so weiterwächst, werde ich bestimmt bald Unterstützung
benötigen, vor allem wenn es ums Programmieren geht. Feste Pläne habe ich aber
bisher noch keine.“
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