Eine Gebrauchsanleitung für die perfekte Elternzeit gibt es nicht. Jenny Jung stellt die Tipps für die neue Lebensphase vor, die ihr geholfen haben.
Es gibt keine goldenen Regeln für die Elternzeit. Denn: jedes Kind ist anders, jede Mutter und jeder Vater hat andere Bedürfnisse. Für Jenny Jung geht ihre erste Elternzeit bald zuende, und sie hat für euch einige Tipps aufgeschrieben, die sie weitergeben möchte. Denn Organisation ist nicht alles – ein guter Rucksack und Humor zum Beispiel können schon vieles leichter machen. Pickt euch heraus, was ihr von den Tipps gebrachen könnt!
Du bist immer noch du
Bloß weil du ein Kind bekommen hast, wirst du nicht zu einem anderen Menschen. Die Mutterrolle ist einfach eine neue Facette deines Ichs – kein Grund, deine gesamte Lebensart über den Haufen zu werfen. Die Zeit während und nach der Schwangerschaft bringt schon genug Entbehrung mit sich und es tut gut, danach auch mal einfach nur du selbst zu sein, ohne zu hinterfragen, ob du dabei aussiehst „wie eine gute Mutter“. Es ist ok, unpraktische Schuhe zu kaufen, Death Metal zu hören, sich sexy zu kleiden oder tagsüber mit einer Freundin Weißweinschorle zu trinken (solang es deinem Kind nicht mehr schaden kann, versteht sich). Gut ist, was gut tut. Und keine Mutter ist besser als eine, die mit sich selbst im Reinen ist.
Kauf dir einen Rucksack
Babys haben viel Gepäck und du bist der Gepäckträger. Du wirst ungeahnte Mengen Zeug durch die Gegend schleppen, und die meisten Wickeltaschen sind – naja – hässlich. Es lohnt sich also, in ein großes Gepäckstück zu investieren, was dir gefällt. Um unnötigen Bandscheibenvorfällen und Schulterentzündungen vorzubeugen, empfehle ich einen Rucksack. Die gibt es auch in schön.
Umgib dich mit anderen Eltern – oder auch nicht
Du hast 1001 Fragen und Unsicherheiten. Themen, die zunächst banal scheinen, können besonders für Erstlingseltern schnell zur Obsession werden. Da kann es helfen, andere Eltern um sich zu haben, mit denen man sich ungehemmt länger als fünf Minuten über Beikosteinführung, Stuhlkonsistenz, Milchstaus oder Ökotestergebnisse unterhalten kann. Genauso gut können andere Eltern aber wahnsinnig nerven, denn ab einem gewissen Punkt reicht das Kind als gemeinsamer Nenner nicht aus, und man möchte sich auch mal über etwas anderes unterhalten. Perfekte Gefährten sind Menschen, mit denen du auch schon vor dem Baby befreundet warst, und die dich und dein Kind so nehmen, wie ihr seid. Wenn sie auch Kinder haben, ist das super. Wenn nicht, setz ihnen einfach deins auf den Schoß.
Sei geduldig mit deinem Körper
Jeder kennt eine Mutter, die zwei Wochen nach der Geburt in ihre alten Jeans passt und blendend aussieht. Wenn du nicht dazu gehörst, bleib entspannt, es geht dir wie 90 Prozent aller frischen Mütter. Dein Körper leistet während Schwangerschaft und Stillzeit Unglaubliches. Sei dafür dankbar, füttere ihn mit genügend Nährstoffen, unterstütz ihn mit einem Rückbildungskurs und lass ihm Zeit. Er wird es dir danken, versprochen. Wer zu früh zu viel will, wird nur frustriert oder inkontinent.
Meide Mütterforen
Caroline82 mit Joshua-Jeremy (2) und Ella-Sophie (6 Wochen) hat bestimmt super Tipps, denn ihr Liebling konnte schon super früh krabbeln und hat ohne Probleme vom Löffel gegessen. Was sie aber verschweigt ist, dass sie den Milchschorf von der kleinen Mauseprinzessin einfach nicht in den Griff bekommt und Jeremy ständig andere Kinder beißt. Mütterforen können praktisch sein um festzustellen, dass man mit manchen Fragen nicht allein dasteht. Sie können dich aber auch paranoid machen. Also sprich im Ernstfall lieber mit Menschen, die du kennst oder frag deine Hebamme.
Eine gute Hebamme ist Gold wert
Eine Hebamme zu haben, die dich auch nach der Geburt noch betreut ist ein großer Luxus, um den man uns in anderen Ländern zu Recht beneidet. Sie kann dir auch Monate nach der Geburt noch helfen, wenn du Fragen oder Sorgen hast. Sie ist nicht nur für dein Baby da, sondern auch für dich. Und das soll auch in Zukunft so bleiben, also unterstütze sie.
Nimm Hilfe an
Entgegen dem Eindruck vieler kinderloser Menschen ist Elternzeit keine Freizeit. So schön es sein kann, alle kleinen Schritte des Babys mitzuerleben, so nervenaufreibend und ermüdend kann die Zeit sein. Es ist okay und normal zwischendurch erschöpft oder frustriert zu sein. Und es ist wichtig, in solchen Momenten Hilfe annehmen zu können und statt des stoischen „Nein danke, ich schaffe das“ (denn schließlich hat Sheryl Sandberg sogar nebenbei noch Karriere gemacht!) „Ja“ zu sagen, wenn jemand dir Hilfe anbietet.
Eliminiere unnötigen Stress
Elternzeit ist auch die Zeit, Nein-sagen zu lernen. Viele unnötige Stressquellen lassen sich von vorneherein umschiffen. Wenn mal nichts läuft, wie es soll, frage dich: Ist es wichtig, dass alles genau jetzt nach Plan funktioniert? Muss das Badezimmer heute perfekt geputzt werden? Muss der Besuch der entfernten Bekannten ausgerechnet heute sein, wenn du auf dem Zahnfleisch gehst? Musst du zu einem Breikochkurs gehen? Musst du dich mit Müttern messen, die ein ganz anderes Leben leben als du? Wer Neinsagen kann, spart seine Energie für den Stress, der wirklich unvermeidbar ist. Je gelassener du dann bleibst, wenn dein Kind zum x-ten Mal nachts wach wird, quengelig ist oder schreit, desto gelassener kann auch das Baby solche Situationen bewältigen.
Halte Kontakt
Viele Eltern kommen nach einigen Monaten Elternzeit an den Punkt, an dem sie sich nach Erwachseneninput sehnen. Egal ob eine Rückkehr in den Beruf früh, später oder nie ansteht – es lohnt sich, Kontakt zu seinem beruflichen Netzwerk zu halten. Das kann den Wiedereinstieg erleichtern, vor allem aber ist es wichtig für dein Selbstwertgefühl. Du bist jetzt Mutter aber nicht weniger kompetent oder interessant als vorher. Lass das auch dein Netzwerk wissen. Wenn du Tatendrang hast, arbeite ein bisschen „just for fun“, hilf Leuten, die du magst, verzichte auf Dinge, die dir keinen Spaß machen und halte dich fern vom Tagesgeschäft.
Such dir ein Projekt
Einige Eltern werden von ihren Babys so intensiv gebraucht, dass sie froh über zehn Minuten Frieden im Badezimmer sind. Für manche andere kann die Elternzeit ein perfekter Startpunkt für etwas Neues sein. Wie von selbst sortieren sich Prioritäten in deinem Leben neu, dazu gehört auch deine Einstellung zum Job und die Erkenntnis, wofür du bereit bist Kompromisse einzugehen – und wofür eben nicht. Wenn dein Baby es zulässt und du Tatendrang verspürst, such dir ein Thema, das dich begeistert und halte den Zeh ins Wasser. Für manche ist es Sport, ein eigenes Blog, vielleicht aber auch eine Geschäftsidee. Manch eine Unternehmensgründung hat ihren Anfang in der Elternzeit gefunden.
Sprich offen mit deinem Umfeld
Offen mit dem Lebenspartner über Sorgen, Bedürfnisse oder Frust zu sprechen ist immer ein guter Tipp. Während der Elternzeit gestaltet sich der Alltag deiner Partnerin oder deines Partners sehr anders als deiner. Nimm auf die Doppelbelastung Rücksicht, der er oder sie augesetzt ist, aber mach auch die eigenen Bedürfnisse geltend. Gleiches gilt für kinderlose Freunde, die eventuell von deinen neuen Lebensumständen verunsichert sind oder nicht verstehen, warum du weniger Zeit hast und dich ungern aus deinem Kiez bewegst. Je offener du mit deinem Umfeld umgehst, desto weniger Konfliktpotential kann sich aufbauen.
Mach Pausen
Mutter sein ist ein krasser Job. Gönn dir Pausen und genieße sie bewusst. Egal ob es fünf Minuten Ruhe auf dem Balkon sind, ein kurzer Spaziergang oder ein Mittagessen mit Freunden – schaff dir Momente in deinem Tag, in denen du nur für dich selbst da bist und zelebriere sie. Das wirkt Wunder. Perfekt ist, wenn du Pausen auch mit dem Partner zusammen machen kannst – und dann mal bewusst NICHT über dein Kind sprichst.
Lachen ist erlaubt
Babys können einem irre auf die Nerven gehen. Sie sind aber auch oft ungewollt komisch. Sie ab und zu auszulachen, ist erlaubt und befreiend. Sie werden sich später nicht daran erinnern, versprochen.
Ihr habt andere Erfahrungen gemacht? Gelten für Väter die gleichen Tipps? Ergänzt eure Ideen in den Kommentaren oder schreibt einen eigenen Gastbeitrag an mail@editionf.com.