Foto: i Yunmai|Unsplash

Was wiegst du? Wie diese Frage zu einem positiveren Selbstverständnis führen kann

Die Moderatorin Jameela Jamil hat eine Bewegung ins Leben gerufen, die zum Umdenken anregt, Body-Shaming etwas entgegensetzt und unsere auf Perfektion getrimmten Social Media-Feeds mit ehrlichen Posts durchmischt. Das Beste an der Kampagne: Jede*r kann ganz einfach selbst aktiv werden.

Was wirklich Gewicht hat

Die britische Schauspielerin und Moderatorin Jameela Jamil nutzt ihre Reichweite auf Social Media immer wieder, um auf gesellschaftliche Missstände aufmerksam zu machen. Im Mai sorgten etwa ihre Tweets zur Abtreibungsdebatte in den USA und weit über Twitter hinaus für Aufmerksamkeit. Jameela Jamil kritisierte nicht nur die neuen Gesetzesentwürfe, sondern versuchte dem Stigma, das dem Thema noch immer anhaftet, mit ihrer eigenen Geschichte entgegen zu wirken. Erstmals sprach sie über ihre eigene Abtreibung und nannte es die beste Entscheidung, die sie je getroffen hat. Die zahlreichen Reaktionen auf ihre Aktionen zeigen, die Britin hat ein Händchen dafür, andere mit ihrem Aktivismus zu berühren. Ein weiteres Beispiel dafür ist definitv ihre Instagram-Kampagne #iweigh – denn die hat sich zu einem wichtigen Treiber für ein besseres Selbstwertgefühl entwickelt und ist eine tolle Gegenbewegung zu Body-Shaming in den sozialen Medien.

Alles begann damit, dass Jameela Jamil die Nase endgültig voll davon hatte, dass Frauen auf ihre Körper reduziert und an ihrem Körpergewicht gemessen werden. „Was ich wiege? Die Summe all meiner Einzelteile“, erklärt sie den Gedanken hinter #iweigh auf dem gleichnamigen Instagram-Account. Den Grundstein für die Kampagne legte sie damit, dass sie ein Spiegelselfie postete, auf das sie schrieb: „Ich wiege: finanzielle Unabhängigkeit, eine wunderbare Beziehung, großartige Freundschaften, meinen Feminismus, die Tatsache, dass ich meine schlappen Unterarme mag und die Errungenschaft, mich zu lieben, obwohl mir die Medien beigebracht haben, mich selbst zu hassen.“

Den Instagram-Post beschreibt sie in einem Artikel für die Huffington Post als „kleine Ode an mein brillantes Leben und meinen Selbstwert.“ Tausende Menschen sind ihrem Beispiel bis jetzt gefolgt und haben unter dem Hashtag #iweigh gepostet, was sie wiegen. Die Posts haben nichts gemein mit jenen Zahlen auf der Waage, die so gar nichts über uns als Menschen aussagen. Vielmehr posten User*innen Fotos von sich, auf denen sie notieren, was ihre Persönlichkeit ausmacht und worauf sie stolz sind – also das, was wirklich Gewicht hat. Und das wirklich zu verinnerlich, ist sehr viel leichter gesagt, als dass es umgesetzt ist, weil wir nunmal in einer Gesellschaft leben, in der der Wert einer Frau immer noch an ihrem Körper bemessen wird.

Was für ein giftiger Unsinn

Auslöser, sich öffentlich kritisch mit dieser Haltung auseinanderzusetzen war ein Post, auf dem ein Foto der Kardashians zu sehen war – und in dem auch das Körpergewicht der Frauen vermerkt war. Doch als ob das nicht fragwürdig genug wäre, schrieb die Urheberin dazu: „Sieht Kim Kardashian etwa aus wie 56 Kilo?!? Was wiegst du?“ In den Kommentarspalten machten sich anschließend tausende User*innen Gedanken um ihr Gewicht und ob sie wohl zu viel wiegen. „Was für ein giftiger Unsinn“, kommentierte Jameela Jamil die Aktion.

„Tag für Tag werden wir unterbewusst von Magazinen, der Werbung und den sozialen Medien gemobbt. Dieser Ansturm ist so heftig, dass wir mit der zehnfachen Kraft zurückschlagen müssen, um den gesamten Schaden an der globalen Psyche von Frauen rückgängig zu machen“, schreibt Jameela Jamil auf Instagram. Mit #iweigh ermutigt sie die Menschen dazu, der gesellschaftlich auferlegten Scham für den eigenen Körper den Mittelfinger zu zeigen und sich nicht auf Äußerlichkeiten reduzieren zu lassen.

„Ich habe diese Plattform gegründet, weil ich einen Ort schaffen wollte, an dem die Momente, in denen Frauen zurückschlagen und stolz auf ihr Leben sind, für immer festgehalten werden. So dass wir andere inspirieren können, das Gleiche zu tun. Scheiß auf die gesellschaftliche Beurteilung unseres Werts,“ kommentiert Jameela Jamil auf dem iweigh-Account.

Wir sind so viel mehr als unser Gewicht

In Interviews betont Jamelaa Jamil, dass es bei der Aktion nicht um Body-Positivity, sondern um eine positive Einstellung zum Leben geht. Also darum, dankbar und stolz darauf zu sein, was man hat, tut und ist – vollkommen losgelöst von Äußerlichkeiten.

Auch wenn man selbst nicht der Typ für öffentliche Postings ist, ist die Idee hinter der Aktion ein toller Anstoß, um vielleicht einmal darüber nachzudenken, was positiv und gut an einem ist, ohne sich mit dem eigenen Aussehen zu beschäftigen. Denn da fängt Selbstakzeptanz – oder noch viel entscheidender, eine gesunde Selbstwahrnehmung an. Warum also nicht mal niederschreiben, was wir wiegen – je mehr desto besser. Denn sich selbst vor allem als Mensch und nicht als Mensch mit bestimmten Körpermerkmalen wahrzunehmen, ist ein erster Sieg im Kampf gegen Body-Shaming und ein schwergewichtiges „Fuck you“ an alle, die das Gefühl haben, Frauen auf ihr Körpergewicht reduzieren zu müssen.

Ihr habt auch Lust, bei #iweigh mitzumachen. So könnt ihr Teil der Bewegung werden:

  • Ein unbearbeitetes Foto von euch selbst aussuchen.
  • Dinge auf das Foto schreiben, die euch ausmachen und euch ein gutes Gefühl geben.
  • Das Bild als Instagram-Post oder -Story veröffentlichen, versehen mit dem Hashtag #iweigh.

Oder aber ihr setzt euch mit ein paar lieben Menschen zusammen und erzählt euch gegenseitig, was ihr so wiegt.

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