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Kündigen ohne Plan B: Warum wir die Angst davor ablegen sollten

Die Kündigung einreichen, ohne zu wissen, was kommt? Das kann weiche Knie verursachen – wie alle Entscheidungen, bei denen wir ins Ungewisse rennen. Es gibt aber sehr gute Gründe, es dennoch zu tun.

Wenn man das Ruder herumreißt, ohne die neue Richtung zu kennen

Zu kündigen ist eine Entscheidung, die gleichermaßen Angst wie auch ein Freiheitsgefühl auslösen kann. Denn selbst mit Plan B in der Tasche, weiß man oft nicht, ob die Entscheidung, die man getroffen hat, zu einer echten Verbesserung führt. Andererseits hat man sein Leben in die Hand genommen, seine Grenzen ausgelotet und sie selbst respektiert – ganz gleich ob der Job zu langweilig, zu anstrengend geworden ist oder ob die Chemie im Büro nicht mehr gestimmt hat. Aber was ist, wenn man sich dazu entscheidet, gehen zu müssen und man nichts, aber auch rein gar nichts in der Tasche hat? Beängstigend. Denn mal abgesehen davon, dass das finanziell für die meisten von uns eine schwierige Situation ist, so ist es auch mental eine Herausforderung, mit der Unsicherheit klarzukommen.

Wieso also sollte man sich das antun? Und ist das wirklich die Entscheidung, die man als allerletztes in Erwägung ziehen sollte? Nun, das kann man natürlich in letzter Instanz nur für sich selbst und unter Einbezug der individuellen Lebenssituation entscheiden. Aber dennoch sollten wir unser Leben nicht nur nach am Vorhandensein von Sicherheitsleinen orientieren. Denn diese starken, lebensverändernden Entscheidungen führen in den meisten Fällen zu der Einsicht, dass viele unsere Ängste eigentlich gar nicht so real sind, wie wir denken. So geschehen auch bei Kat Boogard die ihre sichere Festanstellung für ein Leben als freie Autorin eintauschte und für The Muse aufgeschrieben hat, was sie aus dieser Erfahrung alles ziehen konnte. Ein Appell daran, dass man sich vor dem Ungewissen nicht mehr oder weniger fürchten sollte, als vor der Gewissheit – und dass die Monster unter dem Bett meist nur entstehen, weil wir ihnen das erlauben.

Entscheidungen ohne Backup-Plan: Diese vier Dinge kann man daraus lernen

1. Du brauchst die Zustimmung anderer nicht

Wenn wir etwas wagen wollen, dann hören wir gerne von anderen, wie toll diese Idee ist – oder auch einfach nur, dass wir verdammt mutig sind. Denn das stärkt und macht uns meist das Stückchen größer, das wir benötigen, um unseren Plan in die Tat umzusetzen. Aber was ist, wenn wir von einer waghalsigen Idee so richtig überzeugt sind, damit aber auch so richtig alleine dastehen? Nun, dann muss der Mut vielleicht umso größer sein, aber diese Tatsache heißt nicht, dass der Plan nicht gut ist. Natürlich tut Zustimmung und Applaus gut, aber wenn wir uns selbst vertrauen, dann ist die Bestätigung anderer nicht essentiell, um im Leben dahin zu kommen, wo wir hinwollen. Am Ende zählt nur, dass man sich selbst gut mit seiner Entscheidung fühlt.

2. Beängstigend kann ein Synonym für aufregend sein

Es gibt Dinge, vor denen haben wir Angst, weil unsere Instinkte reagieren, wie zum Beispiel bei Feuer – absolut richtig und gut. Und dann gibt es die Angst, die sich mit einer gewissen Aufregung vermischt, wenn wir etwa einen Horrorfilm schauen oder eben eine Kündigung einreichen, ohne Plan B in der Tasche. Und diese Angst hat zwar genauso ihre Berechtigung, wird aber häufig sehr viel ernster genommen, als man das müsste. Auch Kat erlebte in den ersten Monaten nach ihrer Kündigung, wie sie das Gefühl, wieder ganz am Anfang eines langen Weges zu stehen und nicht zu wissen, ob man ihn meistert, total verängstigte – und zeitgleich fühlte sie sich endlich mal wieder total lebendig. Gerade weil sie mal wieder im Leben nicht wusste, was kommt und weil sie sich selbst zugetraut hat, sich auf das Abenteuer einzulassen – auch wenn das Blut, Schweiß und Tränen nach sich gezogen hat. Genau dieses Gefühl hat es sie dann beschwingt und motiviert, weiterzumachen und nicht zurückzutaumeln. Es hilft also seine Ängste genauer anzuschauen und sich zu fragen, woraus sie entstehen.

3. Du weißt es nie, bis du es nicht probiert hast

Es mag abgedroschen klingen – doch das macht es nicht weniger wahr: Wer sich nicht aus seiner Komfortzone wagt, wird nie wissen, zu was er wirklich fähig ist. Wir legen uns ziemlich schnell ein Bild von uns selbst im Kopf zurecht: Wer wir sind, was uns ausmacht, was wir können – und vor allem: was nicht. Ob das wirklich wahr ist, sollte man hin und wieder überprüfen, denn was in einem Moment stimmt, kann ein paar Jahre später im Leben kompletter Humbug sein. Mit einer Kündigung oder einer anderen Entscheidung, die das Leben umkrempelt, fordern wir uns selbst heraus, testen uns und erfahren in kürzester Zeit mehr über uns, als wenn wir an Ort und Stelle geblieben wären. Natürlich ist der erfolgreiche Ausgang einer solchen Entscheidung nicht immer garantiert. Aber wer will schon irgendwann dasitzen und sich fragen „Was wäre wenn …?“ Es gibt wohl nichts Frustrierenderes, als diese Ungewissheit. Und genau deswegen sollte man sich immer wieder trauen, sich der Gewissheit zu stellen, ganz gleich ob diese nun positiv oder negativ ausfällt.

4. Dein Job definiert dich nicht

Wahrscheinlich neigen die meisten von uns dazu, sich mehr oder weniger über ihren Job oder auch ihre Stellung zu definieren. Verständlich, schließlich suchen sich viele ihre Arbeitsstelle in Hinblick auf Selbstverwirklichung aus und Arbeit, die unsere Leidenschaften abdeckt sowie uns Sinn gibt, hat natürlich auch immer etwas mit uns selbst zu tun. Zudem verbringen wir mit unserem Job die meiste Zeit des Tages und so wird er zwangsläufig zu etwas, das in gewisser Weise bestimmt. Aber die andere Wahrheit ist: Die Leidenschaften bleiben auch, wenn der Job geht und Sinn müssen wir, wenn wir nicht krank werden wollen, auch in anderen Dingen in unserem Leben entdecken, als nur in unserem Beruf.
Zudem sollte man sich immer wieder bewusst machen, wie schön und aufregend es ist, sich selbst neu zu entdecken, wenn man dem zuvor so festen Rahmen seines Lebens entschlüpft und noch einmal schauen darf, was da draußen noch so wartet.

Ja, natürlich bleiben solche Entscheidungen trotz allem Guten, auch beängstigend. Auch Kat schreibt, dass die Kündigung ihrer sicheren Festanstellung für ein Freiberuflerdasein als Kreative das wohl Gruseligste war, was sie bislang gemacht und ihr mehr als einmal die Knie zitterten, weil sie sich nicht sicher war, ob der Plan aufgeht. Und doch ist sie heute froh über diesen (ungewohnten) Mut von sich selbst. Aber im Leben braucht es eben auch eine gewisse Risikobereitschaft, um das Glück zu finden – sei es im Job, in der Liebe oder mit sich selbst. Denn auch eine eigentlich sehr komfortable Situation kann eben sehr unbequem werden, wenn sie nicht mehr zu einem passt.

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