Auch wenn es ihnen im aktuellen Job nicht gut geht, scheuen sich viele davor, auch wirklich zu kündigen. Was mache ich mit der Lücke im Lebenslauf, kommt wirklich etwas Besseres und kann ich das überhaupt? Warum diese Ängste oft überhaupt nicht real sind.
Warum es uns so schwer fällt, zu kündigen
Eigentlich macht der aktuelle Job schon lange nicht mehr glücklich. Sei es, weil die Atmosphäre nicht mehr stimmt, alles etwas gleichförmig geworden ist oder weil man das Gefühl hat, nur gefordert und nicht gefördert zu werden. Und trotzdem schafft man den Schritt einfach nicht, wirklich zu gehen.
Selbst wer mit noch gravierenderen Problemen zu kämpfen hat, wie etwa Mobbing ausgesetzt zu sein, zu wissen, dass man komplett unterbezahlt ist und so kaum die Miete bezahlen kann oder insgesamt ein Arbeitsklima herrscht, das einen krank werden lässt, packt es oftmals viele zu lange nicht, den Job an den Nagel zu hängen. Lieber flüchtet man sich in Gedanken wie:
„Nach dem Projekt ist sicher vieles besser!“, „Das ist nur eine Phase“,
„Ach, aber die Kollegen, die sind doch so nett!“
Ein Teufelskreis, bei dem am Ende nur einer der Verlierer ist: nämlich man selbst.
Woher kommen diese Ängste?
Aber woher kommt die Angst vor einer Kündigung? Nun, sobald man sich mit dem Gedanken auseinandersetzt, kommen eben nicht nur die Erleichterung zu gehen, sondern auch sehr viele Fragen auf: Wartet da draußen wirklich ein besserer Job – und bekomme ich den dann auch? Kann ich überhaupt die Anforderungen von Jobs, die mir viel besser gefallen würden, erfüllen? Wie soll ich nur die eventuell entstehende Lücke in meinem Lebenslauf erklären? Bin ich überhaupt für das Unternehmertum, das Leben als Freelancer oder aber, eine neue Unternehmenskultur gewappnet?
Statt sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, nämlich, dass es einem so wie es ist nicht gut geht, überlegt man sich also, ob dieser Schritt nur zu noch mehr Unzufriedenheit führen könnte. Statt auf die sich auftuenden Chance zu schauen, holt man nun jeden Zweifel an sich selbst hervor, fürchtet, nicht zu genügen und im System unterzugehen. Soweit so gut. Aber sind diese Bedenken denn nun berechtigt?
Natürlich sind sie berechtigt, weil die Furcht davor, falsche Entscheidungen zu treffen, nun einmal sehr menschlich ist und man niemandem diktieren kann, was er oder sie fühlen soll. Aber gerade deshalb sollte man sich überlegen, warum diese Ängste in uns hochkommen und ob sie wirklich angebracht sind – oder ob sie uns einfach nur aufhalten. Gehen wir die Ängste also einmal an.
Die Angst vor der Lücke im Lebenslauf
Ganz klar, die Angst vor der Lücke im Lebenslauf ist keine angenehme Angelegenheit – aber sie ist auch kein Beinbruch. Vielen geht es bei dieser Angst ja nicht um den finanziellen Aspekt, schließlich Leben wir in einem Sozialstaat, sondern darum, diese Lücke später einem Personaler erklären zu müssen. Aber, Hand auf Herz: Ganz viele von uns haben eine Lücke oder bekommen sie früher oder später in unserem Leben. Personaler fallen also nicht aus allen Wolken, wenn das vorkommt, sondern werden in aller Regel schon einmal mit dieser Situation zu tun gehabt haben. Wenn dein Profil ansonsten passt, wirst du auch zum Jobinterview eingeladen – und genau dann hat man die Möglichkeit, die Lücke zu erklären.
Die Angst davor, durch das Raster zu fallen
Wem es um die Angst geht, hinterher keinen neuen Job zu bekommen, der hat sie vor allem aus einem Grund: einem mangelnden Selbstwertgefühl. Damit gehörst du sicher auch zu jenen, die Erfolgserlebnisse immer als reines Glück oder Zufall verkaufen und für die das Scheitern immer näher liegt als der Erfolg. Und was soll man sagen, mit diesen Zweifeln plagen wir uns ja fast alle einmal – aber das macht sie noch nicht real. Mach dir in diesen Momenten bewusst, was du bis dato erreicht hast, rufe dir alle deine beruflichen Stationen (auch Nebenjobs und Praktika) in Erinnerung und welche Skills du wo gelernt hast. Mach dir klar: Auch wenn es möglicherweise eine Weile dauert (siehe Lücke im Lebenslauf), du wirst einen neuen Job haben – oder wie hast du den aktuellen denn ergattert? War das die milde Gabe eines heiligen Samariters? Wohl kaum.
Kann ich das alles überhaupt?
Wenn du umsatteln willst und Sorge hast, dass du den neuen Anforderungen nicht enstsprichst, dann analysiere erst einmal, wie realistisch diese Angst ist. Geht es hier wirklich um fehlende Fähigkeiten, die du brauchst? Dann mache Abendkurse, klemme dich ein paar Wochen hinter den Bildschirm (mittlerweile kann man fast alles im Netz lernen) oder frage jemanden aus deinem Umfeld, der es dir beibringt. Du bist dir nicht sicher, welche Skills man braucht? Dann frage jemanden, der den Job macht, nach dem, was dafür wichtig ist und schau dann, was noch zu tun ist. Du kennst niemanden? Schreibe jemanden Fremdes an oder frage Freunde, ob sie jemanden kennen. Auch hier ist es meist nur das Misstrauen in uns selbst, dass uns davon abhält, unserem Traumberuf nachzujagen – nicht die Realität. Gleiches gilt übrigens auch für den Wechsel in eine Führungsposition.
Und eines sollte man sich mal ganz grundsätzlich klar machen: Es gibt so viele Dinge, die man erst im Prozess des Arbeitens lernt und sich aneignet – keine Lehre und kein Studium können den wahren Arbeitsalltag abbilden.
Die Angst, noch weniger zu verdienen
Du bleibst lieber in einem Job, der schlecht bezahlt wird, weil du Angst vor einem Leerlauf und einem möglicherweise noch schlechter bezahlten Job hast. Puh! Nun, eines kann man mit absoluter Sicherheit sagen: Die größten Gehaltssprünge werden immer (!) durch einen beruflichen Wechsel eingeleitet, da hier der größte Spielraum herrscht. Wer sich also jetzt mit dem wenigen Geld, was er bekommt, begnügt, der muss es womöglich ein Leben lang. Also los, wage den Schritt und sei dann mutig in der Gehaltsverhandlung.
Macht meine Idee Sinn?
Wer gründen will, und sich fragt, ob die Idee überhaupt Marktpotential hat: Setzt euch damit auseinander, recherchiert, was hierzulande und international in dem Bereich los ist, wie geht es möglichen Konkurrenten und wo geht der Trend gerade hin? Und vor allem: Redet mit euren Vertrauenspersonen und Menschen aus dem Bereich über eure Ideen. An den Fragen und Anmerkungen, die ihr von ihnen bekommen werdet, werdet ihr sehr schnell herausfinden, wo es noch hapert, ob das alles Sinn macht und wer eine mögliche
Zielgruppe sein könnte.
Ich habe kein berufliches Netzwerk, das mich auffängt
Gerade Menschen mit einem eher kleinen beruflichen Netzwerk haben Ängste davor, dass sie nach der Kündigung durchs Raster fallen. Die Krux ist aber, wer beruflich nicht viel herumkommt, der wird dieses auch nicht erweitern. Wer das Netzwerk noch vor einer Kündigung ausbauen will, sollte sich in Foren beteiligen, Blogs zum Thema lesen und kommentieren sowie sich in Business-Gruppen in den Jobnetzwerken umsehen. Geht raus, schaut euch um und baut euch ein Netzwerk auf, das genau zu den neuen Zukunftswünschen passt und euch nach der Kündigung weiterhelfen kann.
Was von den Ängsten übrig bleibt
Am Ende ist es doch so: Mach dich nicht selber mit deinen eigenen Ängsten verrückt. Wer nie geht, weiß nicht, ob draußen etwas Besseres wartet, wer zu lange wartet, macht sich krank und vielleicht auch seine Reputation kaputt, weil er seinen Job nicht mehr gut macht. Lass dich nicht von Lücken im Lebenslauf abhalten, denn es lässt sich alles erklären. Und vor allem: Sag dir nicht immer, dass du schlechter bist, als das wirklich der Fall ist.
Wer kündigt, hat die Chance auf einen neuen Job, der glücklich macht, der neue Erfahrungen und Blickwinkel mit sich bringt, vielleicht auch mehr Geld und neue Skills, neue Kontakte und auch einen neuen Blick auf dich selbst. Wer im ungeliebten Job hängen bleibt, auf den warten nur Frust, Zweifel und ein düsteres Zukunftsbild.
Spätestens jetzt sollte wohl klar sein, welche Option die bessere ist.
Mehr bei EDITION F
7 Zeichen, dass man endlich kündigen sollte. Weiterlesen
Karriereplanung ist nicht alles – Warum es sich lohnt, abenteuerlustig zu sein. Weiterlesen
Berufliche Neuorientierung: Mut, der sich lohnt. Weiterlesen