Unzählige Studiengänge, ebenso viele Berufsoptionen. Wie findet man den richtigen Weg? Und wie beginnt man einen neuen, wenn der alte der Falsche war?
Die Qual der Wahl. Wer diese nicht hat, denkt: denkt: „Je mehr Auswahl, desto besser“. Doch im Leben sieht es oft anders aus. Denn wer zu viele Optionen hat, ist mit seiner Entscheidung am Ende häufig unzufrieden.
Der richtige Weg
Jungen Erwachsenen, die sich nach ihrem Schulabschluss für eine Berufsausbildung oder ein Studium entscheiden müssen, fällt es immer schwerer, aus der wachsenden Vielzahl an Möglichkeiten den für sie richtigen – den einen – Weg zu finden. Studien zeigen, dass exzessive Angebotsvielfalt und zu hohe Erwartungen von allen Seiten zu Stress führen können. Damit verbunden ist die wachsende Angst, sich für den falschen Weg zu entscheiden. Der Wunsch nach Wohlstand und Sicherheit benebelt nicht selten die Sicht auf sich selbst und spült Heerscharen in „erfolgsversprechende” Studiengänge wie BWL, Ingenieurwissenschaften oder Jura. Die eigentliche Neigung oder Stärke bleibt so nicht selten auf der Strecke.
Wie bei vielen Entscheidungen, die man in seinem Leben an sich selbst vorbei trifft, kommt oft auch diese irgendwann wie ein Bumerang zurück. Meistens dann, wenn man mitten im Berufsleben steht – der Wohlstand gesichert ist und sich die Qual der Wahl auf zwei Paar Schuhe beschränkt. Mir erging es ähnlich. Als studierte Betriebswirtin mit gut bezahltem Job in einem internationalen Top-Unternehmen erfüllte ich alle Kriterien einer Bilderbuchkarriere. Statt zwischen zwei Schuhpaaren wählen zu müssen, nahm ich einfach beide. Ich konnte es mir leisten. Doch irgendwann beschlich mich die Erkenntnis, dass ein gutes Gehalt, der Firmenwagen und der jährliche Bonus mich nicht unglücklich machten – aber auch nicht besonders glücklich. Fragen drängten sich auf. Immer weiter so? War das schon alles? Oder gibt es etwas, das mir viel mehr entspricht? Und: was könnte das sein?
Die innere Kündigung
Studien belegen: Wer den falschen Job macht, ist unausgeglichen, unglücklich und früher oder später sogar krank. Insgesamt 87 Prozent der deutschen Arbeitnehmer haben laut Focus.de „Null Bock auf ihren Job“. Viele von ihnen machen einfach weiter, obwohl sie innerlich bereits gekündigt haben. Gibt es ihn denn, den Traumberuf? Den einen Job, in dem sich alle Fähigkeiten und Bedürfnisse vereinen?
„Your work is going to fill a large part of your life, and the only way to be truly satisfied is to do what you believe is great work.“ (Steve Jobs)
Ich fühlte mich wie Herkules am Scheideweg und zögerte über mehrere Jahre eine Entscheidung hinaus. Das ist nicht ungewöhnlich. Viele schleppen eine längst fällige Entscheidung mit sich herum. Die Angst, sich falsch zu entscheiden, Sicherheitsdenken oder fehlende Alternativen können eine geradezu lähmende Wirkung haben. Mit wachsendem Leidensdruck wächst jedoch auch der Mut, den Schritt in die Veränderung zu wagen. Ich kündigte meine sichere Stelle und hörte von einem Tag auf den anderen mit all dem auf, was ich kannte, und von dem ich wusste, wie es funktioniert. Frei von jeglichem Ballast, aber auch finanzieller Sicherheit und gesellschaftlich anerkannter Identität, habe ich mich meinen eigenen drängenden Fragen gestellt: Wo liegen meine Interessen, Talente und Bedürfnisse und in welchem Rahmen möchte ich eigentlich tätig sein?
Die „Berufung“ finden
Mit Unterstützung setzte ich diese Bausteine zusammen und es stellte sich heraus, dass genau das Thema der Berufswahl mein zukünftiges Berufsfeld sein wird: Ich gründete ein eigenes Beratungsunternehmen und fokussiere mich seitdem darauf, Menschen aller Altersgruppen dabei zu helfen, ihren „Plan A“ zu finden. Dabei lege ich innerhalb eines Tages Fähigkeiten, Interessen, Talente und Bedürfnisse der Hilfesuchenden frei und wir entwickeln daraus zusammen mit den Klienten realisierbare Berufsvisionen.
Die Antwort lässt sich immer im Klienten selbst finden. Die Lebensläufe werden dabei außen vor gelassen. Lebensläufe engen ein und die meisten Menschen sind gefangen darin. Voraussetzung für die Beratung ist, offen für Neues zu sein. Im Zuge einer Beratung stellte sich zum Beispiel für eine Journalistin heraus, dass ihr eigentlicher Plan war, Landschafts- und Gartengestalterin zu werden. Ein Ziviltechniker gab nach der Beratung die Leitung des elterlichen Betriebs auf und begann mit 43 Jahren ein Architektur-Studium. Patricia war erfolgreiche Investmentbankerin und arbeitete viele Stunden die Woche. Vor zwei Jahren warf sie den hochdotierten Job hin und machte ihr Hobby zum Beruf. Inzwischen ist sie eine gefragte Designerin und entwirft maßgeschneiderte Anzüge, Kostüme und Kleider für ihre ehemaligen Kollegen.
Veränderungen brauchen Mut, Energie und einen langen Atem. Viele scheuen die intensive Auseinandersetzung mit sich selbst. In unserer Welt der nicht nur sprichwörtlich unendlichen Möglichkeiten kommt es aber genau darauf an. Aus der Qual der Wahl kann so eine gezielte Suche nach der passenden Nische werden.
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass das Wasser nicht kalt genug sein kann, in das man springen muss. Es lohnt sich.