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Wie schlechte Führungskräfte ihre Mitarbeiter*innen krank machen

Im Büro herrschen hohe Fehlzeiten? Die Gründe dafür sind nicht automatisch bei den Mitarbeiter zu suchen, denn nicht selten ist eine schlechte Unternehmenskultur für vermehrte Krankheitsausfälle verantwortlich.

Wenn falsches Management sich auf die Gesundheit der Mitarbeiter auswirkt

„Wieso sind hier eigentlich schon wieder alle krank?“ Eine gute Frage und doch folgt ihr meist eine falsche Schlussfolgerung. Nämlich, dass die Antwort vor allem bei den Mitarbeitern, ihrer grundsätzlichen Verfassung und ihrem Lebensstil zu suchen sei. Anstatt sich starr auf diese Faktoren zu stürzen, sollten sich Chefs lieber noch einmal selbst, ihren Führungsstil und die Unternehmenskultur unter die Lupe nehmen. Denn Fehler, die hier geschehen, sind enger mit einem hohen Krankenstand verknüpft, als vielleicht vermutet, wie der aktuelle AOK Fehlzeiten-Report zeigt.

Der Report fasst die Ergebnisse einer repräsentativen Studie mit rund 2.000 Erwerbstätigen im Alter zwischen 16 und 65 Jahren zusammen, und macht deutlich: eine schlechte Führung führt nicht nur zu Unmut und Kündigungen, sondern wirkt sich auch stark auf die Gesundheit der Mitarbeiter aus – und das sowohl mental als auch körperlich. Besonders schwer fallen dabei eine fehlende Anerkennung und ein Mangel an Loyalität durch die Chefs und Chefinnen ins Gewicht.

Auch eine schlechte Arbeitsatmosphäre hat Folgen

Auch eine als schlecht empfundene Unternehmenskultur wirkt sich negativ auf den Gesundheitszustand der Mitarbeiter aus. Doch nicht nur das: Eine negative Arbeitsatmosphäre und grobe Führungsfehler führen auch dazu, dass sich die Wahrnehmung der Mitarbeiter in Bezug auf die Schwere des eigenen Unwohlseins verändert – so fehlt bei einer guten Unternehmenskultur nur jeder Sechste im Schnitt zwei Wochen im Jahr, bei einer schlechten hat diese Fehlzeiten schon jeder Dritte im Unternehmen. Das heißt im Umkehrschluss: wer sich wohlfühlt, Anerkennung und Loyalität erfährt und sich mit den Zielen des Unternehmens identifizieren kann, wird weniger krank. Daten, die man nutzen sollte, wie Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) und Mitherausgeber des Reports sagt: „Es gibt einen klaren Zusammenhang zwischen der Art und Weise, wie Beschäftigte ihre Arbeit erleben, und ihrer Gesundheit. Jedes Unternehmen, egal welcher Branche, sollte dieses Wissen nutzen.”

Ergebnisse, die eigentlich nicht verwundern – schließlich ist bekannt, dass sich eine positive Umgebung sowie Lebenseinstellung auf die Gesundheit auswirken können – und wie umgekehrt Negativität auch unsere mentale und körperliche Verfassung beeinflusst.

Es ist wichtig, dass Führungskräfte endlich verstehen, dass es nicht um Spiel und Spaß, die berühmte Tischtennisplatte und einen Ausflug im Jahr mehr geht, wenn von einer guten Unternehmenskultur gesprochen wird. Eine gute Unternehmenskultur sowie ein damit eingehender guter Führungsstil misst sich an Wertschätzung, an einer offenen Kommunikation, an Vertrauen sowie Freiheiten und daran, dass Mitarbeiter als Menschen mit Potenzialen wahrgenommen sowie gefördert werden – und nicht als irgendein Rädchen im großen Gefüge, das jeden Monat Geld kostet. Denn das Ergebnis ist kein Akt der Nächstenliebe, sondern schlicht auch eine ökonomische Entscheidung. Glückliche Mitarbeiter sind Selbstzweck und wesentlicher Teil der eigenen Verantwortung dem Team gegenüber.

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  1. Mir sind solche Menschen mit arbeitsbedingter Krankheit auch schon in der Praxis begegnet und ich habe dazu eine etwas andere Sicht gewonnen. Es fällt mir schwer nicht an Vorsatz zu glauben, wenn in einer Abteilung eines global aufgestellten Konzerns eine Abteilung aus Kostengründen von Deutschland nach Rumänien ausgelagert wird und dann die “überschüssige” Abteilung durch Missmanagement “entsorgt” wird.

    Das funktioniert so: Man macht den Unfähigsten im Team zum Vorgesetzten. Dies erzeugt schon mal das Gefühl von Ungerechtigkeit. Dem Team werden die Arbeitsfelder weggenommen oder umdefiniert, so dass ein Mangel an sinnvoller und strukturierter Arbeit entsteht. Die entstehenden Konflikte im Team werden durch den lustlosen und inkompetenten Vorgesetzten nicht gelöst sondern eher noch eskaliert. Die grausige Stimmung führt zu einem erhöhten Krankenstand und Ausfällen, die ihrerseits die Abteilung beeinflussen.
    Nach sechs Wochen macht sich eine erste Ersparnis bemerkbar, die Krankenkasse zahlt Krankengeld, das Unternehmen spart ab sofort auf Kosten der Solidargemeinschaft. Für den Shareholdervalue ein Gewinn. Für die Betroffenen beginnt jetzt aber der Sozialstaatsflipper: wie die Kugel werden sie hin und her geschossen zwischen den Institutionen: Erster und zweiter Gesundheitsmarkt, Krankenkasse, Medizinischer Dienst, Rentenversicherung, Arbeitsagentur. Alle „sorgen“ sich um den Betroffenen, der eigentlich nur unter einer strukturellen Ungerechtigkeit leidet, hervorgerufen durch die von Gier getriebene fehlende soziale Verantwortung von global agierenden Konzernen. Sollte der Mitarbeiter schließlich kündigen, spart das Unternehmen zum zweiten Mal. Es hätte, gerade nach einer längeren Betriebszugehörigkeit, eine teure Abfindung gekostet, oder, bei weiterer Beschäftigung, kostspielige Umschulungsmaßnahmen bei fortbestehenden hohen Lohnansprüchen.

    Durch den Sozialstaatsflipper mürbe gemacht und gedemütigt sind die Arbeitskräfte nun wieder reif für den Arbeitsmarkt. Gefügig gemacht lassen sie sich deutlich günstiger wieder in Tochtergesellschaften oder Beschäftigungsfirmen wiedereingliedern. Dritte Ersparnis verwirklicht.
    Dieses System der Verschlankung auf Kosten des Staates klingt nach Verschwörungstheorie, doch fällt es mir schwer zu glauben, dass es einfach nur ein zufälliger Mangel an guter Führung ist. Ich gehe davon aus, dass diese Art des organisierten Missmanagements auf höchster Führungsebene einen Sinn ergibt und eher noch zunehmen wird.

    Problematisch ist auf individueller Ebene die Therapie der Betroffenen. Denn unbewusst verfügen sie über ein intuitives Verständnis der Ursache, welches aber auf bewusster Ebene verleugnet wird. Stattdessen werden die Menschen als schwach und wertlos stigmatisiert, was sich auch in den künftigen Arbeitsverhältnissen auswirkt. So entsteht eine wachsende Zahl psychisch und psychosomatisch reagierender, eigentlich gesunder Menschen, die dann im Gesundheitsmarkt willkommen geheißen werden. Bevorzugt im zweiten, denn dort zahlen sie auch noch selbst für ihr Leid. Der viel stärker institutionell organisierte erste Gesundheitsmarkt arbeitet bestenfalls symptomlindernd und ist eben den Big Playern unterworfen, die vom Missmanagement eigentlich profitieren.

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