Überall in der Öffentlichkeit ist es täglich zu beobachten: Frauen, die Männern aus dem Weg gehen. Aber was passiert, wenn Frauen das einfach nicht mehr machen? „Patriarchy Chicken” kennt die Antwort.
Aus dem Weg, hier kommt ein Mann
Ein kleines Gedankenspiel für alle, die täglich öffentliche Verkehrsmittel nutzen, um zum Beispiel zur Arbeit zu gelangen: Wie vielen Menschen seid ihr heute schon ausgewichen? Beim Rauskommen aus der eigenen Haustür, beim Ein- und Aussteigen in die U-Bahn und auf dem Weg zum Büro? Und wie viele davon waren Männer?
Wenn ihr selbst Frauen* seid, sind beide Zahlen wahrscheinlich erstens ziemlich hoch und zweitens nahezu identisch. Zumindest ist das die These der britischen Historikerin Charlotte Riley, die in einem Artikel für das Magazin „The New Statesman” ihr selbsterfundenes Spiel „Patriarchy Chicken” vorstellt.
Lasst uns „Patriarchy Chicken” spielen
Die Idee dazu kam ihr auf ihrem Arbeitsweg. Sie pendelt täglich von Ost-London nach Southhampton und macht dabei bisher, nach eigener Aussage, vor allem eins: Männern ausweichen – und darauf hat sie einfach keine Lust mehr. Deshalb das Spiel. Die Regeln sind auf den ersten Blick simpel: Männern nicht ausweichen und, zumindest in der Version, die Riley am liebsten spielt, dabei lächeln. Die Umsetzung ist allerdings gar nicht so einfach. Denn es gilt, den sozialen Instinkt, ausweichen zu wollen, zu überlisten. Und damit bewusst in Kauf zu nehmen, mit Männern zu kollidieren.
Und das, so Riley, wird häufig passieren. Manche Männer rennen direkt in sie rein, manche bleiben erst einmal stehen, um begreifen zu können, was gerade passiert: dass ihnen wirklich nicht ausgewichen wird. Riley begegnet ihnen mit einem Lächeln und Augenkontakt, aber sie weicht nicht aus. Bei dem Spiel geht es ihr nicht nur darum, schneller an ihr Ziel zu kommen (was de facto so ist), oder einige Männer zu irritieren (was sie definitiv tut), es geht ihr auch darum, deutlich zu machen, dass viele Männer so sozialisiert wurden, dass der Raum ihnen gehört. Selbst Männer, die das nie so formulieren würden, würden sich dennoch so verhalten: Sie spreizen die Beine in der U-Bahn, sie erschreien sich ihren Kaffee über Schlangen hinweg und schaffen es, dass ihnen der Weg freigemacht wird.
Dagegen lehnt sich „Patriarchy Chicken”auf. Riley ist dabei durchaus bewusst, dass sie als weiße, relativ große Frau dieses Spiel aus einer sehr privilegierten Position heraus spielt und dass es nicht für jede der richtige Weg ist. Für sie selbst aber ist es ein kleiner, täglicher rebellischer Akt, um ein bisschen Raum für sich einzufordern und sich selbst daran zu erinnern, den Status Quo zu hinterfragen. Sie fordert deshalb alle Frauen*, die sich dazu in der Lage fühlen, auf, sich einfach mal ein bisschen Raum zu erobern. Klingt nach einem guten Spiel, finden wir.
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