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Der Frühling 2023 kann kommen – mit diesen Büchern!

Sonne, endlich Sonne: Wir möchten jetzt bitte unbedingt im Frühlingslicht auf einer Bank sitzen und lesend mehr von der Welt verstehen. Fragt sich nur noch, welches Buch, denn die Auswahl in diesem Jahr ist riesig. Hier sind ein paar super wertvolle Tipps aus der Redaktion.

Frühling, wir haben dich vermisst! Endlich bleibt es länger hell, man kann das erste Eis essen und ganz wichtig: Sich wieder mit einem guten Buch in der Tasche in einen Park, in einen Garten oder vor ein Café setzen. Braucht ihr noch Inspiration, welches Buch mit soll? Kein Problem, wir haben für euch eine Liste mit Büchern, die wir euch alle herzlich empfehlen können! Es folgt eine bunte Mischung aus Sachbuch und Fiction.

Antonia Baum: Siegfried

„Am Ende heißer Tage sahen die Leute immer aus wie geplatzte Tomaten, wegen der Farbe, aber auch weil sie wie beschädigt wirkten, so verletzt. Was wir hier alle immer wieder voneinander verlangten, war einfach falsch, dachte ich.“

Eine Frau zwischen alten Rollenverhältnissen und neuen Rollenansprüchen

Eine Frau – Mutter, Partnerin, Versorgerin – fährt eines Morgens nicht zur Arbeit, sondern in die Psychiatrie. Am Abend hat sie sich mit ihrem Partner gestritten, vielleicht ist etwas zerbrochen, jetzt muss sie den Tag beginnen, sie muss die Tochter anziehen, an alles denken, in der Wohnung und ihrem Leben aufräumen. Doch sie hat Angst: das Geld, die Deadline, die Beziehung, nichts ist unter Kontrolle, und vor allem ist da die Angst um ihren Stiefvater, der früher die Welt für sie geordnet und ihr einen Platz darin zugewiesen hat. In der Psychiatrie, denkt sie, wird jemand sein, der ihr sagt, wie ihr Problem heißt. Dort darf sie sich ausruhen.

Siegfried ist ein Roman über alte Ordnungen und neue Ansprüche, über Gewalt und das Schweigen darüber, über eine Generation, deren Eltern nach dem Krieg geboren wurden und deshalb glaubten, er sei vorbei.

Antonia Baum: Siegfried. Ullstein Verlag, 2023, 272 Seiten, 24 Euro

Quelle: Ullstein Verlag

Glückwunsch. 15 Erzählungen über Abtreibung

15 Möglichkeiten, über Abtreibung zu sprechen – ohne moralisch zu bewerten. Mit Texten von Theresia Enzensberger, Sophia Fritz, Charlotte Gneuß, Lena Gorelik, Annett Gröschner, Monika Helfer, Yael Inokai, Tilman Rammstedt, Raphaëlle Red, Jayrôme C. Robinet, Emilia Roig, Daniel Schreiber, Karosh Taha, Stefanie de Velasco und Katharina Volckmer.

“Die Ladies sind wunschlos.“ ▪ „Aber Sex führt halt auch zu einer gewissen Verantwortung.“ ▪ „Das Gespräch hatte fast zwei Stunden gedauert.“ ▪ „Ich wusste, dass ich mich nicht würde behalten dürfen.“ ▪ „Die Klebestreifen der Binden, die blieben meine Sache.“ ▪ „Werden 2100 wirklich 11 Milliarden Menschen auf der Erde leben?“ ▪ „Dann trink Asche, fingiere einen Unfall.“
15 Autorinnen und Autoren schreiben über ein Thema, über das in der Literatur bislang geschwiegen wurde: Abtreibungen. Nuanciert, schonungslos und aufrüttelnd erzählen sie von Mutterschaft und Freundschaft, von religiösen und politischen Zwängen und den drastischen Folgen sexueller und rassistischer Gewalt. Doch so verschieden die Welten und Erfahrungen der Protagonistinnen auch sind, der unbedingte Wille zur Selbstbestimmung eint sie alle.

Glückwunsch. 15 Erzählungen über Abtreibung. Hanser Verlag, 2023, 208 Seiten, 23 Euro.

Quelle: Hanser Verlag

Emilia Roig: Das Ende der Ehe. Für eine Revolution der Ehe

„Der Feminismus verändert uns. Er bringt uns dazu, die erlernte, verzerrte Version unserer selbst hinter uns zu lassen. So fühlt sich Befreiung an. Das damit verbundene Unbehagen, die Angst und der Widerstand sind Teil davon.“

Die Ehe normiert Beziehungen und Familie, kontrolliert Sexualität, den Besitz und die Arbeitskraft. Sie ist eine wichtige Stütze des Kapitalismus und lässt uns in binären Geschlechterrollen verharren. In ihrem mutigen und provokanten Buch ruft Emilia Roig daher das Ende einer patriarchalischen Institution aus. Sie hinterfragt die Übermacht der Paare und untersucht, ob man Männer lieben und zugleich das Patriarchat stürzen kann. Letztlich wäre eine Abschaffung der Ehe nicht nur für Frauen befreiend, sondern für alle. Denn nur dann können wir Liebe in Freiheit und auf Augenhöhe miteinander neu denken und leben.

Emilia Roig: Das Ende der Ehe. Für eine Revolution der Liebe. Ullstein Verlag, 2023, 384 Seiten, 22,99 Euro.

Quelle: Ullstein Verlag

Fikri Anıl Altıntaş: Im Morgen wächst ein Birnbaum

„Ich bin mehr als die Projektion der anderen.“

Fikri Anıl Altıntaş wächst als Sohn türkischer Eltern in einer hessischen Kleinstadt auf. Sein Vater arbeitet als Türkischlehrer, seine Mutter als Reinigungskraft. Es ist eine Kindheit inmitten von Sozialwohnblocks, geprägt von dem drängenden Wunsch, »deutsch« zu sein und der bitteren Enttäuschung über die Realität in Deutschland. Beständig wächst die Sehnsucht, gesehen zu werden und einen eigenen Weg als türkisch-muslimischer Mann zu finden. Dabei ist es vor allem die Beziehung zu seinem Vater, die ihn letztlich vor die Frage stellt: Was bedeutet Männlichkeit überhaupt und wie kann sie jenseits der Klischees verstanden und gelebt werden?

Inmitten von festgefahrenen Narrativen sucht Fikri Anıl Altıntaş nach den Zwischentönen. Radikal ehrlich blickt er auf sich und seine Familiengeschichte zurück, um die Gegenwart besser zu verstehen.

Fikri Anıl Altıntaş: Im Morgen wächst ein Birnbaum, btb, , 176 Seiten, 22 Euro, erscheint am 20. April 2023

Quelle: btb

Kenza Ait Si Abbou: Menschenversteher: Wie Emotionale Künstliche Intelligenz unseren Alltag erobert 

„In diesem Buch geht es um Maschinen, die zu Menschenverstehern werden. Die unsere Emotionen und Gefühle lesen und deuten können. Die in unsere Welt, in unser Leben eindringen wie noch nie zuvor.“

Die Entwicklung emotionaler künstlicher Intelligenz wird mit Milliarden gefördert: Maschinen sollen lernen, unsere Gefühle zu verstehen. Schon heute gibt es KI, die das besser kann als wir Menschen – dank hochauflösender Kameras und extrem empfindlicher Sensoren, die aus Mimik, Gestik und Hirnströmen unsere Gefühle ablesen. Bereits heute wird beispielsweise bei Kundenreklamationen maschinell die Gemütsverfassung der Reklamierenden erfasst und ausgewertet. In der Medizin, zum Beispiel bei der Früherkennung von Parkinson, kommen künftig Diagnose-Instrumente zum Einsatz, die Gesichtsausdrücke lesen können. 

Wer profitiert davon? Was bedeutet das für unser menschliches Miteinander? Und wie können wir Emotionale Künstliche Intelligenz so gestalten, dass sie uns nicht über den Kopf wächst? Es geht hier um nicht weniger als um das Verhältnis von Mensch und Maschine. Kenza Ait Si Abbou berichtet aus der Praxis und fragt kritisch nach, wie die Selbstbestimmung des Menschen in diesem Spannungsverhältnis gesichert werden kann.

Die KI-Expertin Kenza Ait Si Abbou kommt zu überraschenden Antworten. Menschenversteher ist ein Beziehungsratgeber für den Umgang mit Maschinen, die längst in unserem Alltag angekommen sind.

Kenza Ait Si Abbou: Menschenversteher. Droemer Knaur, 2023, 256 Seiten, 20 Euro.

Quelle: Droemer Knaur

Betiel Berhe: Nie mehr leise. Die neue migrantische Mittelschicht

„Unsere Hochhaussiedlung war nicht frei von gesellschaftlichen Zwängen, und dennoch bot sie all ihren Bewohner*innen ein Gefühl von Zugehörigkeit, die nicht auf Gleichheit basierte.“

Vom migrantischen Arbeiter:innenkind zur erfolgreichen Akademikerin: Betiel Berhes Kindheit zwischen Hochhäusern hat ihren Blick auf Klassenunterschiede und strukturelle Diskriminierung geschärft. Heute arbeitet sie als Ökonomin und Anti-Rassimus- und -Klassismus-Trainerin und hat das Institut für Social Justice & Radical Diversity in München mitbegründet. Anhand ihrer eigenen Biographie und anderer Lebensgeschichten erzählt sie, wie schwer sozialer Aufstieg ist, welche feinen Unterschiede niemals verschwinden – und wie eine neue migrantische Mittelschicht wächst, die sich gegen strukturellen Klassismus und Rassismus stellt und der Intersektionalität verpflichtet ist. Doch Berhes vielfältige Rollenerfahrungen eröffnen ihr auch den Blick für Solidaritäten, dort, wo andere schon jede Hoffnung aufgegeben haben. Sie zeigt, wie sich momentan eine ganze Gesellschaft im Wandel befindet, indem die Menschen zu Wort kommen und an Einfluss gewinnen, die Diskriminierung und Unterdrückung erfahren haben. Provokant, persönlich, augenöffnend.

Betiel Berhe: Nie mehr leise. Die neue migrantische Mittelschicht. Aufbau Verlag, 2023, 204 Seiten, 22 Euro.

Quelle: Aufbau Verlag

Die mutigen Frauen Irans: Wir haben keine Angst!

„Regime profitieren immer von den Geschichten, die nicht erzählt werden.“ – Düzen Tekkal und Natalie Amiri

15 Frauen im Iran und im Exil erzählen in diesem Buch ihre bewegenden Geschichten. Einige von ihnen haben Nachrichten aus Gefängnissen geschmuggelt. Sie sprechen über ein Leben ohne Rechte, aber mit Sittenwächtern, über patriarchale Strukturen und eine neue Generation von Männern, über Gewalt, Erniedrigung, Entmündigung und wirtschaftliche Not.

Ihre Botschaften sind erschütternd, zutiefst berührend und zugleich voller Mut und Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Es sind Geschichten, die gehört und verbreitet werden müssen. Lassen Sie uns alle Schallverstärker sein!

Düzen Tekkal, Natalie Amiri (Hrsg.): Wir haben keine Angst. Die mutigen Frauen Irans. Elisabeth Sandmann Verlag, 2023, 144 Seiten, 25 Euro

Quelle: Elisabeth Sandmann Verlag

Sorry, war noch kurz laufen

„Es gibt nur eine Sache, die besser ist als Laufen zu gehen: Dieses Buch übers Laufen zu lesen.“ – Dirk von Gehlen, Süddeutsche Zeitung

In diesem Buch gibt es weder Diät-Tipps noch Tutorials für schweißfestes Make-up, sondern Antworten auf die wirklich wichtigen Fragen: Warum ist Laufen anfangs so mühsam? Was ist das richtige Tempo, um dranzubleiben? Und wie genau beeinflusst der Menstruationszyklus die Leistungsfähigkeit?

Sorry, war noch kurz laufen ist für alle, die laufen, mit dem Laufen starten wollen oder bereits daran gescheitert sind.

Sorry, war noch kurz laufen, Ankerwechsel Verlag, 2022, 176 Seiten, 35 Euro.

Quelle: Ankerwechsel Verlag

Virginie Despentes: Liebes Arschloch

„Liebes Arschloch, ich habe deinen Beitrag auf Insta gesehen. Du bist wie eine Taube, die mir im Vorbeifliegen auf die Schulter kackt. Das ist dreckig und sehr unangenehm.“

Rebecca, Schauspielerin, über fünfzig und immer noch recht gut im Geschäft. Oscar, dreiundvierzig, Schriftsteller, der mit seinem zweiten Roman hadert, und Zoé, noch keine dreißig, Radikalfeministin und Social-Media-Aktivistin.  Diese drei, die unterschiedlicher nicht sein könnten, treffen nach einem verunglückten Instagram-Post Oscars aufeinander. Wie? Digital. Und so entsteht ein fulminanter Briefroman des 21. Jahrhunderts, in dem alle wichtigen gesellschaftlichen Themen unserer Zeit verhandelt werden. Rebecca, Oscar, Zoé, alle drei sind vom Leben gezeichnet, voller Wut und Hass auf andere – und auf sich selbst. Aber sie müssen erkennen, dass diese Wut sie nicht weiterbringt, sondern nur einsamer macht, dass Verständnis, Toleranz und sogar Freundschaft erlernbar und hin und wieder sogar überlebenswichtig sind. 

Mit dieser Tour de Force durch gesellschaftliche Debatten und Konflikte behauptet Virginie Despentes klar ihre Position als eine der wichtigsten Autor*innen Frankreichs, die Wut und Aggression gekonnt einsetzt, um Versöhnung zu predigen.

Virginie Despentes: Liebes Arschloch. KiWi 2023, 336 Seiten, 24 Euro.

Quelle: Kiepenheuer & Witsch

Christian Dittloff: Prägung. Nachdenken über Männlichkeit

„Es ist egal, wohin ich in meiner Kindheit blicke, ich bin letzten Endes immer geprägt von Bildern patriarchaler Männlichkeit.“

Was macht uns zu den Menschen, die wir sind? Und wie können wir uns verändern? Christian Dittloff verbindet eigene Erfahrungen, Reflexionen über persönliche Vorbilder und Popkultur sowie philosophische Betrachtungen zu einem literarischen Spiel der Selbsterkundung. In einer inneren Archäologie untersucht er seine Kindheit und Jugend auf patriarchale Bruchstücke und versucht, diese aufzulösen. Der Text ist ein innerer Denkmalsturz gewaltvoller Vorbilder – vom Klassenbully über den Rockstar bis zum genialen Künstler – und zugleich ein kraftvolles Manifest, sich ein Leben lang verändern zu wollen.

Christian Dittloff: Prägung. Nachdenken über Männlichkeit. Berlin Verlag, 2023, 240 Seiten, 22 Euro.

Quelle: Berlin Verlag

Buchi Emecheta: Second Class Citizen – Der Klassiker der Schwarzen feministischen Literatur

„Alles hatte wie im Traum begonnen. Wie in einem dieser Träume, die aus dem Nichts zu kommen scheinen, deren Existenz einem jedoch schon immer klar war. Man konnte ihn spüren und sich – zumindest unbewusst – von ihm leiten lassen, bis er schließlich wirklich und allgegenwärtig wurde.“

Dies ist die Geschichte von Buchi Emechetas Alter Ego Adah: ein begabtes Mädchen, das in einfachen Verhältnissen in Nigeria aufwächst und mehr will, viel mehr. Sie kämpft für ihre Bildung und Freiheit, geht schließlich mit ihrem Mann nach London. Es ist Adah, die die Familie ernährt und die fünf Kinder großzieht. Es ist Adah, die sich der Zumutungen und Gewalt durch ihren Mann erwehren muss. Als der ihr erstes Manuskript verbrennt, zieht sie aus und versucht fortan, die Kinder allein durchzubringen. Sie blickt den Anstrengungen zuversichtlich entgegen, denn sie weiß: Sie wird Schriftstellerin werden. Man kann nicht anders, als Buchi Emechetas Leben so sehr zu bewundern wie ihr vielfach ausgezeichnetes Werk, das in Deutschland bislang beinahe unentdeckt geblieben ist.

„Ein eindringliches Zeugnis des Kampfes einer nigerianischen Frau, die sich bemüht, im England der 1960er Jahre ein Leben aufzubauen – und des Preises, den sie gezwungen wird, dafür zu zahlen. Marion Krafts erstklassige Übersetzung ist ein Meilenstein.“ Sharon Dodua Otoo 

Buchi Emecheta: Second-Class Citizen. Blumenbar, 2023, 285 Seiten, 23 Euro.

Quelle: Blumenbar

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