Die Webserie „Girl Cave“ von funk richtet sich an Teenager mit einem Herz für Comics, Superheldinnen und Fanart.
Eine Webserie ohne Klischees
Selten ist man so leidenschaftlich von Dingen begeistert, wie in der Pubertät – das zeigt sich auch online. Auf Seiten wie Tumblr gibt es ganze Fan-Universen, in denen begeisterte Liebhaberinnen von Serien, Filmen oder Buchreihen sich miteinander austauschen, Inhalte in sogenannten Fanfictions weiterspinnen oder künstlerisch umsetzen. Wie solche Leidenschaften im Alltag aussehen können, zeigt die Webserie „Girl Cave“.
Funk, das Content-Netzwerk von ARD und ZDF, hat die Serie gemeinsam mit Memofilm produziert. Seit Kurzem ist Girl Cave in Gänze auf Youtube verfügbar und wartet darauf, angeschaut zu werden. Im Mittelpunkt stehen dabei die zurückhaltende Julija und ihre besten Freundinnen, die gemeinsam versuchen dem Leben in der Provinz ein bisschen Glanz und Abenteuer abzugewinnen.
Ein Buch, das alles ändert
Julija ist 16 und wächst im „langweiligsten Dorf der Welt“ auf. Umgeben von Kuhweiden versucht sie, ihren Platz zu finden. Dabei hat sie die tatkräftige Unterstützung ihrer besten Freundinnen Caro und Zada. Während die eine auf der Schweinezucht ihrer Eltern aushilft und Computerspiele zockt, schreibt die Andere leidenschaftlich homoerotische Geschichten über Mangafiguren. Das ganz normale Leben eben – bis eines Tages Julijas Vater ihr mit einem Teller Keksen in der Hand eröffnet, dass ihre Mutter gestorben sei.
Diese Mutter, Stuntfrau, Künstlermuse, Autoschmugglerin, hat die Familie nach Julijas Geburt verlassen. Sie hinterlässt ihr eine Silvesterrakete als Urne und ein Buch voller Ratschläge und Herausforderungen, die die Mädchen von da an in die Tat umsetzen.
„Laut sein, heißt geil sein!“
Zwischen Schweinestall und Cosplay-Convention werden klassische Coming-of-Age-Themen angesprochen: Abnabelung vom Elternhaus, Drogenexperimente und das erste Mal, das weniger berauschend verläuft als erwartet. Besonders humorvoll widmen sich die Macher der Serie dabei dem Generationenkonflikt und der Überwindung von diesem. Zum einen ist da Caros Großmutter, die sich von ihrer Enkelin bei der SMS an ihren Liebhaber helfen lässt, zum andere Julijas Vater, der es schafft, seine Tochter trotz aller Überforderung angesichts des unerwarteten postmortalen Muttereinflusses zu unterstützen und für sie da zu sein.
Ganz leichtfüßig dekonstruiert die Serie dabei gängige Rollenklischees und erschafft leicht schräge, liebenswerte Charaktere. Niemand muss sich für seine Eigenarten schämen und wird genauso akzeptiert, wie sie oder er eben ist. Eine starke Botschaft, die gerade Mädchen im Teenageralter gar nicht oft genug hören können.
Ein kreatives Gesamtkonzept
Hauptdarstellerinnen Fine Kroke, Yasmin Slama und Maja Linder wurden in der Schule gecastet und wohnen in der Umgebung der Drehorte. Diese Vertrautheit merkt man der Serie an und sie tröstet über das mitunter leicht steife Schauspiel hinweg.
Die Serienmacher hatten die Vision, die Kreativität der Protagonistinnen auch über die Serie hinaus in die Welt von Girl Cave einzubinden. Deshalb gab es Kooperationen mit Illustratorinnen und Comiczeichnerinnen, die zu jeder der acht Folgen ein Poster und einen Comic erschufen. Die Produzenten richteten Fanart-Conteste aus, bei denen die Zuschauer eigene Kunstwerke einreichen konnten und ermutigten so junge Mädchen, ihre Talente zu zeigen.
Poster zur ersten Folge von Sarah Lasater. Quelle: MEMOFILM
Mädchen dürfen alles sein
Immer noch finden sich viel zu wenig Serien und Filme, die vielseitige, selbstbestimmte Mädchen zu ihren Titelheldinnen machen. Dass es so nicht weitergehen konnte, war den Machern von Girl Cave schnell klar. Das Produktionsteam zeigte das richtige Gespür für Missstände medialer Repräsentation und bezog in einem Instagram-Post Stellung: „Es entspricht unserer tiefsten Überzeugung, dass das körperliche Verlangen nach Zustimmung, Kameradschaft, Küssen, Pizzaburgern von Dr. Oetker und Geekkultur universell und keineswegs nur auf das männliche Geschlecht beschränkt ist.“ Wahre, richtige Worte zu einer tollen Produktion. Schade nur, dass bei so viel Weitsicht trotzdem ein überwiegend männliches Produktionsteam zusammengestellt wurde.
Alexandra Schulz, die Frau im Autorenteam von Girl Cave, sprach in einem Interview mit Broadly über weibliche Rollenklischees und wie man diese überwinden könne:
„Für mich war es ein schönes Erlebnis, an einer Serie mitzuwirken, wo Mädchen alles sein dürfen: mutig, feige, peinlich, cool, selbstlos, selbstsüchtig, dumm, schlau. So, wie es halt eben wirklich ist.“
Da können wir nur zustimmen und empfehlen diese Serie allen Liebhaberinnen von Cartoons, SciFi-Serien und Fanfiction und ihren Töchtern!
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