Swantje van Uehm, Gründerin und Geschäftsführerin von NUI Cosmetics und SAVUE Beauty, war schon als Kind fasziniert von der Beauty-Welt. Mit ihrem Unternehmen verpasst sie dem Clean Beauty-Markt heute einen neuen Anstrich: Begriffe wie nachhaltig, organisch, gesund, natürlich, vegan und trendbewusst sind die Basis ihrer Arbeit.
Schon während des Studiums arbeitet Swantje van Uehm nebenbei in Konzernen wie Chanel und Porsche, aber auch für Non-Profit-Organisationen und Agenturen, um unterschiedliche Bereiche kennenzulernen und von ihnen zu lernen. Ihre Leidenschaft für Beauty manifestiert sich in dieser Zeit. Sie wird Produkt- und Brand Managerin für Naturkosmetik-Marken – und befreit den Clean Beauty-Markt endgültig vom Staub längst vergangener Tage. Wie hat sie das geschafft, was rät sie Frauen, die gründen möchten und woher nimmt sie ihre Energie? Fragen über Fragen, die uns Swantje van Uehm beantwortet hat.
War die Entscheidung zu gründen ein plötzlicher Impuls oder ist die Idee nach und nach gewachsen?
„Vor etwa sieben Jahren war die Branche noch ziemlich eingestaubt. Ich dachte irgendwann: Das muss ich unbedingt ändern! So entstand die Idee, SAVUE Beauty zu gründen, ein stylischer und zeitgemäßer Onlineshop und B2B Vertrieb für internationale Nischen-Naturkosmetik. So konnten wir uns auch einen Weg sparen, der vorher zu unserem Alltag gehört hatte: unsere Lieblingsprodukte aus Australien und Co. selbst als Endkunde vom Zoll abzuholen (lacht). – Der Impuls zu gründen entstand in dem Moment, in dem mir klar wurde, dass nachhaltige Beauty-Produkte dem Zeitgeist entsprechend allen Menschen zugänglich gemacht werden müssen.
NUI Cosmetics ist unsere eigene Make Up-Marke. Kennt ihr das, wenn ihr eine coole, wirklich cleane und vegane naturkosmetische Lippenstift-Farbe sucht? Und ihr nur Orange- und Braun-Töne findet? So ging es mir, als ich einen knalligen Rotton suchte mit der Voraussetzung, dass für einen roten Lippenstift kein Tier sein Leben lassen muss. Denn um das rote Farbpigment zu erzeugen, wird immer noch das Blut von Schildläusen (Karmin) verwendet. Dieses Problem wollte ich lösen. Uns so entstand NUI Cosmetics. NUI ist zu hundert Prozent vegan und wird nur mit natürlichen Inhaltsstoffen hergestellt.“
Wie würdest du die Lücke beschreiben, die du mit NUI Cosmetics ausgefüllt hast?
„Als ich vor sechs Jahren gegründet habe, war mir vor allem wichtig, dass wir zwei Welten vereinen, die oft in Widerspruch zueinander stehen: Conscious Beauty und Performance. Wir entwickeln exklusive, nachhaltige Beauty-Produkte für starke Persönlichkeiten mit dem Wunsch nach einer Prise Luxus. Mit NUI bieten wir eine vegane Linie an, die mit natürlichen Inhaltsstoffen hergestellt wird, und gleichzeitig moderne Düfte und tolle Texturen hat. Außerdem haben wir einen zeitgemäßen Zugang: unseren Online-Shop; man muss keine Kompromisse mehr eingehen.“
Du hast 15 feste Mitarbeiter*innen. Wie geht ihr im Team miteinander um? Welche Rolle spielen Austausch, Eigeninitiative und Feedback?
„Mir ist es sehr wichtig, jeder*m Einzelnen Raum zu geben, die jeweiligen Stärken herauszuarbeiten. Uns Deutschen sagt man immer gerne nach, dass wir an den Schwächen ,herumdoktern’ und versuchen, sie zu optimieren. Das möchte ich anders machen und jede*n Mitarbeiter*in fördern und auf dem individuellen Weg bestärken. Wir haben keine hohe Fluktuation, die meisten sind schon drei beziehungsweise fünf Jahre dabei und es herrscht eine eher private Arbeitsatmosphäre. In beide Richtungen geben wir ehrliches Feedback und es ist mir wichtig, dass Jede*r den eigenen Bereich als ihr*sein ,Baby‘ wahrnimmt und gute Ideen auch verwirklichen kann. Zugegeben, man muss erst in die Rolle hineinwachsen und das ist auch für mich eine Reise. Alle haben Bedürfnisse, ich muss beides vereinen. Auch die Bedürfnisse des Unternehmens müssen gestillt werden, denn auch unsere Marke ist gewissermaßen ein ,Ich‘.“
Nur ein geringer Prozentteil der Gründer*innen in Deutschland sind Frauen (4 %, Stand 2019). Wie erklärst du dir das? Und was rätst du Frauen, die eine große Idee haben, die diesen Schritt zur Gründung aber nicht gehen?
„Als ich diese Zahl das erste Mal gehört habe, hat es mir fast die Schuhe ausgezogen. Im nächsten Moment wundert mich das aber kein bisschen. Traditionell schreibt man eher Männern einen Hang zu Risikoaffinität zu. In den Köpfen von Banker*innen, auch Freund*innen und Co. herrschen noch alte Stereotype, die wir bewusst angehen und auflösen müssen. Dieser Einstellung bin ich auf meinem Weg mehr als einmal begegnet. Ich bin der Meinung: Wenn man an sich und seine Idee glaubt, sollte man auch volles Risiko eingehen. Ich selbst hafte beispielsweise privat für die Firma mit sehr viel Geld, obwohl wir eine GmbH sind.“
Welche Rolle spielen die sozialen Netzwerke für dich?
„Instagram und Facebook spielen eine große Rolle, denn gerade das Thema Clean Beauty findet dort eine große Community und bietet Reichweite. Somit hat man einen direkten Kontakt zu einer jüngeren Zielgruppe, die man über herkömmliche Wege nicht so leicht erreichen würde. Mein Ziel ist es, mehr Menschen an Clean Beauty heranzuführen. Anfangen müssen wir bei der jüngeren Generation, um Aufklärungsarbeit zu leisten. Zudem ist der Austausch mit unserer Community unbezahlbar. Es macht wirklich Spaß zu sehen, dass Kund*innen unsere Produkte, die wir lange entwickelt haben, lieben. Beruflich verbringe ich sehr viel Zeit auf Instagram; oft sind es kleine Entdeckungen, die dann zum Hype werden. Aber auch den Austausch mit Frauen, die selbst gründen möchten oder den unmittelbaren Kontakt mit unseren Kund*innen finde ich enorm wichtig.“
Was hast du ganz persönlich im Zuge der Gründung gelernt? – Würdest du rückblickend etwas anders machen?
„Hätte ich die Erfahrung von heute, würde ich sicherlich einiges anders machen. Aber man lernt ja bekanntlich aus den eigenen Erfahrungen. In der einen oder anderen Situation hätte ich zu Beginn besser auf mein Bauchgefühl hören sollen. Ich bin konsequenter geworden und weiß genau, was ich möchte oder eben auch nicht möchte. Und ich scheue mich nicht mehr, das auch zu kommunizieren.“
Leben und Arbeit: Gehört beides für dich zusammen oder ziehst du da ganz klare Grenzen?
„Es ist für mich nicht möglich, das zu trennen. Ich liebe das, was ich tagtäglich tue. Deswegen fühlt es sich nicht wie Arbeit an.“
Ein*e Konsument*in möchte sich gerne umweltbewusster verhalten. Sie*Er versucht, sich über grüne Kosmetiklinien zu informieren, gibt aber schnell auf, weil es ihr*ihm schwierig vorkommt, an die wesentlichen Informationen heranzukommen. Was rätst du Menschen, die bewusster kaufen möchten, aber überfordert sind?
„Ich erlebe oft Kund*innen, die buchstäblich den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen. Viele sind an bewusstem Konsum interessiert, finden jedoch keinen Ansatzpunkt, wie sie wirkliche Naturkosmetik von einem ,grünen Packaging‘ (Greenwashing) unterscheiden können. Andere ,trauen‘ sich wiederum nicht an die Produkte, weil Naturkosmetik für sie den Anschein hat, nicht trendbewusst genug zu sein. Genau diese Lücke schließen wir mit NUI Cosmetics und Savue Beauty. Wir möchten unseren Kund*innen durch unsere Auswahl an Naturkosmetik-Marken die Sicherheit geben, sich und ihrem Körper etwas Gutes zu tun, ohne darüber nachdenken zu müssen, ob dieses oder jenes Produkt wirklich ,grün und nachhaltig‘ ist. Wir treffen die Vorauswahl. Zugleich möchten wir zeigen, dass sich internationale Premium-Naturkosmetik, Achtsamkeit, Luxus und Lifestyle keineswegs widersprechen. Menschen mit dem Thema vertraut zu machen, ist uns daher wichtig. Wenn man keine Lust hat, sich durch lange Inhaltsstofflisten zu arbeiten, dann helfen oft Apps, die einen schnellen Überblick schaffen. Labels helfen auch. Aber nicht alle Kriterien sind in jedem Label enthalten. Daher empfehle ich, den direkten Kontakt zu Menschen zu suchen, die sich damit wirklich auskennen. Sich selbst zu fragen, was einem wichtig ist und dann zu entscheiden und nicht auf vermeintliche Siegel zu vertrauen. Was nicht heißen soll, dass diese per se schlecht sind.“
Glaubst du, dass Menschen wissen, mit welchen oftmals fragwürdigen Inhaltsstoffen sie ihre Haut in Berührung bringen? Wie sollte die Aufklärungsarbeit aussehen?
„Die meisten wissen es nicht, davon bin ich überzeugt. Wir haben oft Kund*innen bei uns im Showroom, denen alles aus dem Gesicht fällt, wenn wir mit ihnen ihre jetzigen Produkte durchgehen und erklären, was sie da nutzen. Man muss bedenken, dass das, was wir auf unsere Haut geben, auch in unsere Blutlaufbahn gelangt. Die Haut ist unser größtes Organ und wird oft vernachlässigt.
Wichtig ist, dass noch strengere einheitliche Standards geschaffen werden, sodass Greenwashing nicht mehr möglich ist. Nur ein grünes Blatt auf der Verpackung heißt nicht Naturkosmetik, doch es assoziiert bei Kund*innen sofort den Begriff ,gesund‘. Der Begriff Naturkosmetik ist ja nicht mal geschützt. Kaum jemand in der breiten Masse liest wirklich das Kleingedruckte. Das gilt aber nicht nur für Kosmetik, sondern auch für viele andere Bereiche.“
Vielen Dank, Swantje van Uehm, für das Gespräch.
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