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Kinderbetreuung während Corona: 5 kreative Ideen, um die Kleinen drinnen zu beschäftigen

Die Schulen und Kitas sind geschlossen, die Kinder von den Großeltern oder anderen Menschen betreuen zu lassen, ist gerade keine Option. Doch wie beschäftigt man die gelangweilt zu Hause sitzenden Kinder, während man selbst die im Home Office weiterhin anfallende Arbeit erledigen muss? Fünf Tipps von „Zeit Leo“-Chefredakteurin Inge Kutter.

Und plötzlich ist da Langeweile

Das Schwimmtraining ist abgesagt, die Gitarrenstunde fällt aus. Die Theateraufführung ist auf unbestimmt verschoben, und die einzige Kulisse, die zur Verfügung steht, sind die eigenen vier Wände. Auf einmal könnten jene Kinder, deren Eltern die Möglichkeit haben, in die Freizeitgestaltung ihrer Kinder zu investieren, das erfahren, was vorher zwischen Ganztagsschule, Freizeitangeboten und den Fahrten von hier nach da oft verloren gegangen ist: Langeweile. 

Deren Wichtigkeit haben Expert*innen in den letzten Jahren rauf und runter beschworen. Kinder führten seit dem Krippenalter ein von außen durchstrukturiertes und -geplantes Leben, in dem sie zu Ereigniskonsument*innen würden, kritisiert die Psychologin Julia Stoch im Elternbeileger von „Zeit Leo“. Sie bräuchten Freiraum, um selbst Ideen zur Beschäftigung zu entwickeln, schreibt der Erziehungswissenschaftler Peter Struck in seinem „Erziehungsbuch“. Erst wenn sie auf sich selbst zurückgeworfen würden, könnten sie Kreativität entfalten, postuliert der Neurobiologe Gerald Hüther auf all seinen Kanälen.

Stoisch bleiben

Nun sind sie also auf sich selbst zurückgeworfen. Und treiben Eltern damit in den Wahnsinn. Sie öffnen quietschend die Tür zum Arbeitszimmer, wenn die Videokonferenz gerade begonnen hat, rutschen auf Strumpfsocken an den Tisch heran und schieben ihren Flunsch ins Bild. Sie wälzen sich auf dem Sofa herum, bohren ihre Nase in die Kissen und maulen, dass die „Schloss Einstein“-Folge schon zu Ende sei und dass danach nur Babykram komme: Und jetzt?

Jetzt raten die Wissenschaftler*innen, genau das auszuhalten. Langeweile müsse andauern, sagen sie. Nur so entstehe die Motivation, etwas Neues zu ersinnen. Gerne zitieren sie das Experiment der University of California, bei dem Studierende möglichst viele ungewöhnliche Verwendungsmöglichkeiten für Alltagsgegenstände finden sollten. Nach einer kurzen Brainstormingphase wurden sie in vier Gruppen aufgeteilt. Die erste Gruppe machte einfach weiter, die zweite durfte sich ausruhen, die dritte musste eine schwierige Aufgabe lösen, die vierte sollte sich einer eintönigen Tätigkeit widmen. Als nach einiger Zeit ein zweites Brainstorming angesetzt wurde, erwies sich die vierte Gruppe als besonders kreativ. Von der simplen Aufgabe unterfordert hatte sie unterbewusst an der Fragestellung weitergearbeitet.

Eine verlockende Aussicht. Für Eltern bedeutet sie allerdings erst einmal: stoisch bleiben, während im Nebenzimmer geschimpft wird. Während irgendetwas zu Boden rummst (die Magnetkugelbahn?) und dann noch etwas hinterhergeknallt wird (das ungeliebte Schulbuch?). Als wäre da nicht bereits genug zu ertragen: der hallige Ton aus den Computerlautsprechern, die Gereiztheit der Kolleg*innen. Das Auf- und Abtigern des*r Partner*in, der*die im Flur telefoniert. Sofern man das Glück hat, in diesen Tagen überhaupt einen Job und jemanden bei sich zu haben.

Von der Anspannung ablenken

Als Erwachsener tut man sich ja selbst gerade schwer mit der Langeweile. In noch kürzeren Abständen als sonst greift man zum Smartphone: Wie sind die aktuellen Fallzahlen? Was berichtet das Medium des Vertrauens Neues über die Belastung der Krankenhäuser? Hat sich der Vater, die Schwester, die Freundin gemeldet? Jede Aktivität lenkt von der Anspannung ab, die sich zusammen mit dem Virus verbreitet.

Diese Anspannung überträgt sich natürlich auf Kinder. Sie kriegen Nachrichtenfetzen mit, wenn sie nicht selbst „Logo“ gucken oder mit ihren Freund*innen im Chat Halbwissen bequatschen. Die, mit denen sie vorher fast täglich in der Schule Sammelbildchen getauscht und gekichert haben, sind auf einmal in Distanz gerückt. Spätestens jetzt merken auch Digital Natives, dass die Videochat-Funktion Grenzen hat.

Trotzdem testen sie die erstmal aus. Wenn sie nicht gerade vor einem der vielen Arbeitsblätter verzweifeln, mit denen einige Schulen derzeit die Mailaccounts von Eltern überfluten. Letztere werden dadurch förmlich in die Rolle von Hilfslehrer*innen gedrängt und sollen den Tag nun durch Aufgaben strukturieren. Als müsste die Langeweilevermeidung sofort auf die Ausnahmesituation übertragen werden.

Die Fantasie aufblühen lassen

Dabei könnte man die Langeweile gerade jetzt durchbrechen. Meine Mutter hat das früher geschafft. Ein Haus auf dem Land mit drei Kindern ist mit einer Wohnung bei Ausgangssperre nicht vergleichbar, aber bei Dauerregen kommt es ihr schon näher. Zu Beginn jeder Ferien, erzählt meine Mutter, seien wir unausstehlich gewesen. Sie hat uns dann einfach nur gelassen. Ich erinnere mich nur an das, was danach kam: an mit Holzbuntstiften gezeichnete Comics. An Treibholz, das sich zu Figuren fügte. An selbst geschriebene Geschichten, handgenähte Taschen, an bemalte Stühle und T-Shirts.

Vielleicht können diese Tage der begrenzten Möglichkeiten zu Tagen werden, an denen bei Kindern die Fantasie wieder aufblüht. In denen sie irgendwann selbst tätig werden und anfangen, sich Neues auszudenken. Vielleicht versuchen sie sich an Experimenten mit Haushaltsmitteln, bauen Lese-Kuschelplätze in Schränken. Oder sie produzieren die von der Bundeskanzlerin erwähnten Podcasts. (Natürlich müssen auch bei einigen dieser Ideen die Eltern mitmachen und/oder helfen manche Aktivitäten können dann vielleicht eben nur am Wochenende stattfinden oder wenn gerade ein Elternteil ein wenig Luft hat.)

Ohne Kollateralschäden an den elterlichen Nerven wird auch das nicht abgehen. Es kann passieren, dass sich die Kunstwerke über den Rand des Papiers auf die Dielen erstrecken oder dass das Anrühren einer neuen Sorte Schleim Papas Rasierschaum als Zutat erfordert. Die Kreativität wird wahrscheinlich nicht vom Aufwachen morgens bis abends zum Schlafengehen anhalten, und auch um Wachsmalkreiden kann man sich streiten. Aber die Kinder könnten freier werden. Sie könnten Abenteuer im Wohnzimmer erleben. Wenn wir Glück haben, nehmen sie uns mit.

Diese 5 Ideen aus der Redaktion des Kindermagazins „Zeit Leo“ helfen, drinnen die Fantasie zu wecken:

Medien machen
Mit Smartphone oder Tablet lässt sich gut ein eigenes Hörspiel aufnehmen, zum Beispiel ein Ritt durch einen gruseligen Wald. Interessant daran ist die Suche nach den passenden Geräuschen: Wind kann man mit dem Atem nachahmen, Blättergeraschel mit Papier. Für Pferdegetrappel klackert eine umgedrehte Tasse über den Tisch. Was findet sich für die rostige Kette, die das Gespenst über die Steine schleift?

Spiele erfinden
Ein Spielfeld mit einem Weg vom Start zum Ziel ist schnell gezeichnet: Die Grundlage bilden ein, zwei Bögen Papier. Für die einzelnen Spielfelder können Kinder mit dem Stift eine Zwei-Euro-Münze umranden. Darüber rutschen Gummibärchen oder Legosteine, ein Würfel hilft beim Vorwärtskommen. Spannend wird es, wenn die Kinder einzelne Ereignisfelder farbig anmalen und sich Aufgaben dazu ausdenken: Wer hierhin kommt, muss auf einem Bein stehend einen Witz erzählen, wer dorthin kommt, muss mit Wasser im Mund ein Lied gurgeln …

Vorstellungen geben
Die Kinder haben Jonglieren gelernt, einen Zaubertrick eingeübt, sich einen Sketch ausgedacht? Mit einer Aufführung können sie ihren Kunststücken einen Rahmen geben (und die Vorbereitung beschäftigt sie noch länger). Der Teppich oder ein altes Tuch wird zur Bühne, vielleicht wird auch mit Klebeband ein Stück Stoff in der Kinderzimmertür befestigt. Ein Kostüm ist natürlich auch notwendig – wer wollte seinen Kleiderschrank nicht sowieso mal ausmisten? Am besten werden auch noch Eintrittskarten gebastelt, und am Ende geht ein Kochtopf für Bonbonspenden herum.

Geschichten, Geschichten, Geschichten
Wie gut, dass die Bibliotheken ihre Ausleihfristen verlängert haben und die kleinen Buchläden nach Hause liefern. Die aktuellen Bestseller findet ihr hier auf der „Zeit Leo“-Bestsellerliste, wer das besondere Kinder- und Jugendbuch sucht, wird unter den Luchs-Preisträgern fündig. Auch das Lese- oder Hörspielerlebnis kann man gestalten: Vielleicht wird der Tisch mit einer Decke zur Höhle, „Die Schule der magischen Tiere“-Leser*innen dürfen sich Tier-(Student*innen-)Futter mitnehmen, und Fans von Gregs Tagebuch bekommen ein Notizbuch, in das sie ihren eigenen Alltag im Greg-Stil zeichnen.

Post von ZEIT LEO
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