Foto: Depositphotos

Welche perfiden Manöver Ehepaare gern am Frühstückstisch starten

Das gemeinsame Frühstück mit dem Mann am Sonntagmorgen, wenn die Kinder noch schlafen, ist eine tolle Sache. Bis die Dinge außer Kontrolle geraten.

Reich mir mal die Butter, Schatz

Sonntag.  Die Kinder schlafen noch und wir sitzen am Frühstückstisch. Ich habe Mohnbrötchen geholt, Eier gekocht und die CD von Mozarts Violinkonzert K 219 eingelegt. Das gemeinsame Frühstück unter Eheleuten am Sonntagmorgen ist eine großartige Sache. Man kann sich in aller Ruhe unterhalten und diese entspannte und friedliche Zeit des Frühstückens unbeschwert genießen.

Ich greife nach der Butterdose und nehme etwas Butter heraus.

Heinrich sieht die Butterdose an. Dann räuspert er sich, nimmt den Deckel und schließt die Dose wieder.

Ich: Warum machst du den Deckel drauf?

Er: Weil die Butterdose geschlossen bleiben sollte.

Ich: Warum? Ich brauche doch eh gleich wieder Butter.

Er: Ja aber, in der Zwischenzeit sollte sie zubleiben.

Ich: Wieso?

„Wieso?“, fragt mein Mann, der früher Physik studiert hat.

,,Weil die Butter nach längerem Kontakt mit der Luft oxidiert, darum.“

„Oxidiert?“ frage ich.

„Eine Oxidation nennt man den chemischen Vorgang, bei dem ein Elektrodendonator Elektroden abgibt, die ein Elekzrodenakzeptor aufnimmt“, sagt Heinrich leicht herablassend. Er ist immer leicht herablassend, wenn er von physikalischen Dingen spricht. Dann seufzt er.

„Wenn die Menschen etwas mehr von Physik verstehen würden, würde das die Irrationalität im Alltagsleben wesentlich verringern.“

„Wie auch immer“, sage ich. „Ich will jetzt Butter auf mein Brot haben!“

Deckel drauf!

Widerwillig öffnet Heinrich kurz den Deckel, aber nur ein ganz kleines bisschen. Von der Seite steche ich mit ausgestrecktem Arm hinein. Ich fühle mich wie ein Dieb, der unerlaubterweise einen Schatz klaut. Heinrich sieht mich mit misstrauischem Blick an.

Ich ziehe mein Messer wieder heraus. Schnell klappt Heinrich den Deckel wieder zu. Das Porzellan scheppert.

„Das ist lächerlich“ sage ich. „Ich meine, die paar Minuten wird die Dose ja wohl offenbleiben dürfen.“

„Wir frühstücken nicht nur ein paar Minuten“, sagt Heinrich. „sondern im Schnitt 36 Minuten. Bei diesem Durchschnittswert ist die Butter spätestens nächsten Sonntag ranzig und ungenießbar! Deshalb bleibt die Butterdose jetzt zu!“

Ich zucke mit den Schultern. Während ich schweigend meine Semmelhälfte esse, beäugen Heinrich und ich uns misstrauisch. Dann greife ich zu einer zweiten Semmel, schneide sie auf. Ich werde mehr Butter brauchen müssen. Ich werfe einen Seitenblick zu Heinrich.

Heinrichs Miene verdüstert sich.

Die Violinen haben aufgehört, Mozart zu spielen. Stattdessen ertönt von irgendwoher eine Mundharmonika, die die Melodie von „Spiel mir das Lied vom Tod“ spielt.

Heinrich sieht mich an. Ich halte seinem Blick stand, greife nach der Butterdose. Er zuckt mit seiner Hand, doch ich bin schneller. Ich greife nach der Dose, öffne sie. Tauche mein Messer hinein,

„Ha!“ rufe ich und hole ein dickes Stück Butter mit einem Messer heraus. Heinrichs Hand greift nach dem Deckel, setzt ihn mit voller Wucht wieder drauf. Es  scheppert.

„Jetzt reicht es aber!“ ruft Heinrich, nimmt die Dose in die Hand und hält sie in die Luft.

„Die Butterdose bleibt auf!“ sage ich und versuche sie ihm wieder aus der Hand zu reißen.

Heinrich läuft davon, verschanzt sich hinterm Sofa. Ich werfe mich auf ihn und greife nach der Dose. Heinrich schreit auf.

Kraft auf den Deckel

In diesem Moment kommt Leon herunter: „Was macht ihr da“, fragt er verschlafen.

Erschrocken blicken wir zu ihm. Heinrich lässt die Butterdose fallen. Es scheppert. Der Deckel ist entzwei gebrochen.

„Mist“ sage ich.

„Wie ist das jetzt passiert?“ fragt Heinrich.

„Naja, der Deckel ist dir aus der Hand ausgerutscht, was sonst? Das heißt ….genauer gesagt ….hat die durch die Wirkung des Schwerefeldes verursachte Kraft auf den Deckel diesen lotgerecht in Richtung Erdmittelpunkt gerissen.“

Heinrich sieht mich verliebt hat.

„Wie schön du das jetzt gesagt hast, Schatz, wunderbar!“

Leon schüttelt den Kopf und geht wieder nach oben in sein Zimmer.

Heinrich und ich setzen uns wieder.

„Möchtest du noch eine Tasse Kaffee?“ frage ich.

„Oh sehr gerne“.

Im Hintergrund spielt wieder das Münchner Symphonieorchester immer noch das Violinkonzert von Mozart K 219. Ich sag’s ja. Das gemeinsame Frühstück unter Eheleuten am Sonntagmorgen ist  eine wunderbare Sache. Man kann sich in aller Ruhe unterhalten und diese entspannte und friedliche Zeit des Frühstückens unbeschwert genießen.

Titelbild: Depositphotos

Mehr bei EDITION F

Wer würde seine Seele für eine immer blitzblanke Küche verkaufen? Weiterlesen

Wie verschwundene Socken zur Beziehungsprobe werden. Weiterlesen

Wer bestellt was oder: Wie man Ehekrisen im Restaurant meistert. Weiterlesen

Anzeige