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Mit den Augen der Anderen: Mit transparenter Kommunikation zur Wir-Kultur

Eine Grundregel der Kommunikation besagt, der Beziehungsraum bleibt immer offen. Oftmals sehen wir, dass Menschen zwar miteinander sprechen, doch keiner der beiden ist wirklich anwesend. Es scheint, als fände Austausch statt; fühlen wir uns jedoch tiefer ein, erkennen wir, dass beide ihren Automatismen folgen. Dies führt weder zu einem tieferen Verständnis noch zu einem befriedigenden Kontakt. Wie schaffen wir es, in jedem Kontakt, unabhängig vom Inhalt, uns nicht zu kontrahieren, sondern bewusst verbunden zu sein?

Jede Konversation ist eine Kunst, die sich erlernen lässt

Jeder Moment kann auf vielen Ebenen des Bewusstseins erfahren werden. Wir färben die Wirklichkeit ein zu unserem „Erfahrungsuniversum“ – zu „unserem“ Leben, „unserem“ inneren Erfahrungsraum. Wir – als individuelle Blickpunkte – sind eingebettet in ein kollektives Feld, dessen Qualität abhängig ist von unserem Bewusstseinsschwerpunkt wie auch dem aller anderen. Die Bewusstheit unserer Mitmenschen hat mitunter eine Auswirkung auf die Art und Weise, wie wir die Welt sehen. Je durchscheinender und offener unsere Kommunikation, desto mehr Nuancen nehmen wir wahr von unserem Gegenüber. All die subtilen Neins, die oftmals eine unentdeckte Barriere im Austausch erzeugen, werden gleich enttarnt. Diese Wachheit und Fähigkeit ist uns allen angeboren. Viele Menschen haben jedoch nie gelernt, sie bewusst zu nutzen. Jeder Augenblick beinhaltet weitaus mehr Informationen, als die meisten Menschen wahrnehmen. Je wacher wir im Jetzt sind, umso deutlicher wird das Spektrum an Möglichkeiten, das in uns schlummert.

Ein neues Wir

Transparente Kommunikation ist ein Weg, den Wachheitsgrad der Menschen hoch zu halten. Je mehr wir die Welten erkennen, in denen unser Gegenüber lebt – und wir realisieren, dass wir in dieser Welt mit einem verzerrten Gesicht auftauchen –, umso mehr begegnen wir uns in der Tiefe unserer Wesen. Denn so wie wir uns morgens im Spiegel sehen, nimmt uns niemand wahr. Uns wird zunehmend bewusst, was Menschen motiviert zu sagen und zu handeln, sei es in der Partnerschaft, in Beziehungen oder im Umgang mit unseren Kindern. In jedem Kontakt werden wir die erweiterte Form der Wahrnehmung als Bereicherung erleben. Je mehr wir unsere Mitmenschen von innen sehen, desto klarer und mitfühlender ist unsere Kommunikation.

Erkennen wir, wie sich gerade eine Kommunikationsbarriere aufbaut, bleiben wir nicht unbewusst daran hängen oder beschwören stagnierende Konflikte. Vielmehr richten wir uns kreativ aus, mit all der auftauchenden Spannung. Dies ist ebenso wirksam in unserem beruflichen Alltag: in jeder Firma, Institution und natürlich in jedem therapeutischen oder heilenden Kontext. Eine gewohnte Kommunikation erweitert sich um Quantensprünge, wenn wir lernen, die inneren Erfahrungsräume des Gegenübers wahrzunehmen. Wenn alle alles von allen sehen, wenn die Welten, in denen Menschen leben, für uns offensichtlich werden, wenn wir nichts mehr privatisieren und alles für alle transparent ist, entsteht eine neue Basis an Interaktion und Erkenntnis. Wir nennen dies transparente Kommunikation: Sie ist die Grundlage eines neuen Wir.

Transparente Kommunikation beinhaltet mehrere Faktoren:

Jeder Mensch lebt in „seiner“ individuell gefärbten Welt

Erkennen wir, dass wir nicht Menschen treffen, sondern Welten, in denen sie leben, machen wir eine fundamentale Realisation: Jeder Mensch hat seine eigene Färbung der Wirklichkeit. Das jeweilige Filtersystem (alle Konditionierungen, Glaubenssysteme, zurückgehaltenen Energien und Potenziale usw.) prägt entsprechend die Wahrnehmung des Augenblicks. Nehmen wir diese Innenräume wahr, haben wir einen entscheidenden Kommunikationsvorteil: Wir sehen nicht mehr nur uns selbst.

Erkenntnisfähigkeit lässt Kreativität fließen

Als Ausgangspunkt für transparente Kommunikation benötigen wir die Fähigkeit, andere Erfahrungsinnenräume zu erkennen. Wie lässt sich diese Fähigkeit ausbilden, wenn wir alle durch unterschiedliche Filter in die Welt schauen? Zunächst gilt es zu realisieren, dass wir alle in unterschiedlichen Wahrnehmungswelten leben. Dann kann ich mich dafür öffnen herauszufinden, wie andere Menschen schauen, denken, fühlen und wie sich folglich ihr Innenraum gestaltet. Mitgefühl, Verbundenheit und Wachheit sind Faktoren, die unsere Erkenntnisfähigkeit steigern. Jeder Kontakt findet in einem Bewusstseinsfeld statt. Solange dies offen und verbunden ist, fließt Kreativität. Beginnen wir den Raum zu verengen oder gar zu schließen, trennen wir uns von unserem Gegenüber – und es entsteht eine Position. Dies hemmt das Potenzial des Augenblicks und lässt uns meist frustriert aus der Begegnung gehen. Wollen wir Kommunikation zu einer Kunst machen, brauchen wir eine hohe Sensitivität für den Raum, in dem der Austausch stattfindet. Gelingt es uns während eines Gespräches, den Beziehungsraum zu gewahren und gleichzeitig die innere Welt unseres Gegenüber zu sehen, erfahren wir völlig neue Kommunikationsformen.

Achtsamkeit in der Präsenz

Je mehr wir die Information des Augenblicks in dem Bewusstseinsfeld lesen können, je durchscheinender die Menschen für uns sind, umso tiefer ist unser Mitgefühl und Verständnis. Je wacher unsere Wahrnehmung jeden Augenblick ist, umso mehr erkennen wir auch nur die kleinsten Anzeichen von Nicht-Präsenz beim Gegenüber. Als würden die Wellen des Ozeans gegen die Felsen der Küste prallen. Transparente Kommunikation ist vor allem eine Praxis, präsentere Felder zu schaffen und eine Wachheit im Augenblick zu fördern. Transparente Kommunikation, eine Form wacher Interaktion, kann als Werkzeug in allen Bereichen des Lebens eingesetzt werden. Egal, ob wir in therapeutischen Interventionen, geschäftlichen Gesprächen oder in unserer intimen Beziehung sind, der Einfluss von Wachheit und gelebtem Mitgefühl zeigt überall seine Wirkung. Beginnt sich dies in der Welt auszubreiten, finden wir Menschen an ihren Arbeitsplätzen oder in ihren Beziehungen nicht mehr schläfrig und gelangweilt. Partnerschaften verfallen nicht so leicht in Muster; die vielen Potenziale unserer Kinder können wir fördern.

Der klare Fluss des Augenblicks ist die Grundlage jeder Bewegung

Unsere natürlichen, angeborenen Gaben zu einem empathischen Austausch zeigen, dass wir alle Zugang zu dieser Form des Kommunizierens haben. Oftmals ist sie durch emotionale Blockaden verschüttet oder wurde im Laufe unserer Entwicklung nicht adäquat ausgebildet. Je mehr Kraft und Direktheit ungefiltert und gleichzeitig verbunden nach außen kann, umso authentischer sind wir. Jede Energie oder Kraft in uns, die nicht leben kann, schiebt sich als Filter vor unsere Wahrnehmung. Wir erleben dies als Spannungen in unseren Körpern, auf emotionaler Ebene oder als übersteigerte Denkaktivität. Beobachten wir alte Tai-Chi-Meister bei ihrer Übung, können wir das gut sehen.

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