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Mutterschaft als Kraftressource – warum die Herausforderung unsere große Chance ist

Mutterschaft bedeutet, die größtmögliche Liebe zu erfahren und im gleichen Atemzug den größten Herausforderungen des Lebens zu begegnen. Egal welchem Lebensentwurf eine Mutter heute folgt, sie ist stets mit Momenten konfrontiert, die sie herausfordern. Wie gehen wir mit diesen Momenten um?

Die vielen Rollen einer Frau

Mutter, Ehefrau, Freundin, Schwester, Tochter, Karrierefrau – von uns Müttern wird in unserer Gesellschaft vor allem eines erwartet: Wir sollen alles unter einen Hut bekommen – natürlich stets mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht.

Dass wir auch in unserer Mutterschaft stets vor allem Mensch bleiben wollen und sollten, wird ungern gesehen.  So stellt gerade das größte Geschenk unseres Lebens im selben Atemzug die wohl größte Herausforderung für uns dar, denn Elternschaft kann auch Folgendes bedeuten:

  • körperliche Fremdbestimmung
  • Selbstzweifel
  • Schlafmangel
  • Wertekrisen
  • Umstellungen in der Liebesbeziehung

Das sind nur einige der Themen, die uns als Frau und Mutter beschäftigen können. Und ja, diese Herausforderungen können unangenehme Gefühle in uns hervorrufen.  Genauso wie wir die tiefste Liebe empfinden, von dessen Existenz wir nichts ahnten, erleben wir auch Verzweiflung, Wut und Verunsicherung.

Was wir unseren Kindern vorleben

Und genau das darf so sein. Mütter bleiben Menschen und sie erleben ihre persönlichen Krisen genauso häufig, wie es Nichtmütter tun. Dennoch ist es in der Mutterschaft nun einmal so, dass wir trotz Krisen und Verzweiflung eine Leitfigur darstellen: eine Leitfigur für unsere Kinder. Unsere Kinder orientieren sich daran, wie ihre engsten Bezugspersonen ihr Leben führen und werden von diesen Eindrücken geprägt.

Wie reagiere ich also als Mutter, wenn ich spüre, dass mir alles zu viel wird? Ob Eltern, Großeltern oder pädagogische Fachkraft – in der Regel ist es das Ziel von uns allen, unseren Kindern den liebevollen Weg in eine starke und glückliche Zukunft zu ebnen.

Es gibt dennoch eine Vielzahl von Ereignissen und Umständen im Leben, die sich nicht gut anfühlen. Wir lieben unsere Kinder über alles und möchten sie nur zu gern vor schlechten Erfahrungen bewahren. Leider steht das nicht immer in unserer Macht. Negative Erfahrungen und damit einhergehende Gefühle wie Trauer und Wut gehören genauso zum Leben dazu, wie die schönen Seiten.

Resilienz in der Elternschaft

Wie wäre es aber, wenn es uns möglich wäre, unsere Kinder für diese Momente und Phasen im Leben gezielt zu stärken? Wie wäre es, wenn wir die Chance hätten, unseren Kindern vorzuleben, wie wir chancen- und lösungsorientiert mit den Herausforderungen des Lebens umgehen können?

Die Erkenntnisse aus der Resilienzforschung helfen uns dabei, genau das zu tun. Und unsere Mutterschaft bietet einen wunderschönen Raum, um diese Erkenntnisse umzusetzen.

„Fall down seven times – stand up eight!“– Dieses alte japanische Sprichwort beschreibt sehr treffend, was genau mit dem Begriff der „Resilienz“ gemeint ist: Es ist genau dieses achte Mal Aufstehen, genau dieses achte Mal Kraft aufbringen, was Resilienz bedeutet. Resilienz meint die Fähigkeit sich nach Schicksalsschlägen und Herausforderungen wieder zu erholen und dabei stets eine optimistische Grundhaltung zu wahren.

Resiliente Menschen erleben genauso häufig und wahrscheinlich Herausforderungen oder gar Krisen im Leben, wie andere Menschen auch. Sie haben aber das Glück, gelernt zu haben, schwierige Phasen zu meistern und ihnen mit der Einstellung zu begegnen, dass Krisen temporär sind und sich Lösungen finden lassen.

Wir alle kennen diese Menschen, die wir vielleicht für ihre Lebensumstände sogar bemitleiden. Und dennoch scheinen diese Menschen, trotz aller Widrigkeiten, glücklich zu sein. Sie haben einen Schicksalsschlag erfahren und strahlen dennoch Lebensfreunde und innere Stärke aus und stecken sogar andere damit an. Die Resilienzforschung befasst sich mit genau diesen Menschen und fand verschiedene Faktoren heraus, die uns präventiv für die herausfordernden Zeiten des Lebens stärken können – eine Art Vitamincocktail für das Immunsystem unserer Seele also.

Die folgenden sieben Faktoren werden als die „7 Säulen der Resilienz“ bezeichnet und beschreiben die Grundpfeiler der unzähligen stärkenden Ressourcen, die sich positiv auf unsere seelische Widerstandskraft auswirken können:

1. Akzeptanz

Gefühle von Trauer, Wut, oder auch Angst, sind auch für uns Mütter völlig normal. Diese Gefühle dürfen gespürt, gelebt, akzeptiert und nicht verdrängt werden. Denn nur wenn wir unserer Herausforderung in die Augen blicken, erkennen wir ihren Umfang, ihr Ausmaß und das, was uns wirklich stört. Es kann etwas Zeit in Anspruch nehmen, sich mit einer veränderten Situation erst einmal auseinanderzusetzen. Die Akzeptanz ist ein wesentlicher Grundbaustein um eine Herausforderung meistern zu können.

2. Optimismus

Als wichtiger Schutzfaktor dient der Optimismus in der Resilienzforschung als große Ressource in herausfordernden Zeiten. Optimismus ist kein Persönlichkeitsmerkmal – Optimismus ist eine Lebensstrategie! Blicken wir also in unserer Mutterschaft stets auf die Momente des Glücks und halten uns ganz bewusst die Sonnenseiten vor Augen, so schöpfen wir Kraft und meistern den
Alltag nicht nur, sondern wir lieben ihn.

3. Selbststeuerung

Ein klares Merkmal resilienter Menschen ist die Tatsache, dass sie ihre Aufmerksamkeit nicht primär auf ihr Außen richten, sondern in erster Linie auf sich selbst. Resiliente Menschen setzen sich aktiv mit ihrer aktuellen Situation auseinander und versuchen, diese zu ihren Gunsten zu verändern. Grundlage hierfür ist Selbstliebe und ein Bewusstsein für die eigenen Bedürfnisse. Erst wenn wir uns selbst anerkennen und es uns erlauben, in unserer eigenen Kraft zu stehen, können wir aus unserer Passivität heraustreten und unser Leben selbst in die Hand nehmen.

4. Verantwortung übernehmen

In der Mutterschaft tragen wir bereits Verantwortung – die Verantwortung für unseren wichtigsten kleinen Menschen. Klar, kann es sich etwas überwältigend anfühlen, den Blick zusätzlich auf die eigene Verantwortung. Ja, es kann sich zunächst unangenehm anfühlen, in die eigene Verantwortung zu treten. So realisieren wir zum ersten Mal, dass es sehr wohl in unserer Hand liegt, wie viel Selfcare wir betreiben können und mehr. Doch dieser zunächst unbequeme Blick auf sich selbst lohnt sich. Er lohnt sich so sehr – so gibt er uns doch genau jene Selbstbestimmung zurück, die wir seit unserer Mutterschaft so sehr vermissen.

5. Beziehungen gestalten

Menschen mit einem starken Netzwerk sind der festen Überzeugung: Egal was passiert, ich bin nicht alleine und um mich sind Menschen, die im Auf und Ab des Lebens zu mir stehen. Resiliente Menschen spüren, wann sie Hilfe brauchen. Sie kennen den Ort, an dem sie diese bekommen und haben den Mut, nach Unterstützung zu fragen. Von einem solchen Netzwerk können wir gerade in der Mutterschaft nur profitieren. So erleben wir alle die wohl größte Umstellung unseres Lebens und können uns gegenseitig dabei auffangen und unterstützen.

6. Lösungsorientierung

Menschen, die die Fähigkeit zur Resilienz besitzen, sind dazu in der Lage in Lösungen statt in Problemen zu denken.  Die Lösungsorientierung hängt weitestgehend von der persönlichen Einstellung ab. Wichtig ist dabei, welche Erwartungen wir an unsere Zukunft haben und wie unsere weiteren Ziele aussehen. Egal welches Ziel wir erreichen wollen, wir müssen zunächst ein Bild davon in unserem Kopf entwerfen. Wir dürfen also unsere Aufmerksamkeit stets darauf richten, was uns hinbewegt zu einem Zustand des Glücks. Probleme genau zu analysieren ohne den wohlwollenden Blick auf die Zukunft zu richten, ist wenig sinnvoll – weder für unsere Kinder noch für uns selbst.

7. Zukunft gestalten

Resiliente Menschen vertrauen auf ihre Fähigkeit, ihr eigenes Leben aktiv gestalten zu können. Sie planen ihre Zukunft ganz bewusst. Sie stellen sich ihren Herausforderungen und erwägen Alternativen. Menschen, die die Fähigkeit zur Resilienz besitzen, schmieden Pläne und arbeiten an ihren Wünschen und Visionen. Ihr Grundsatz, das eigene Leben vertrauensvoll selbst in die Hand zu nehmen, stärkt sie und gibt ihnen Zuversicht. In der Mutterschaft blicken wir stets auf eine unendliche Fülle von Wahlmöglichkeiten, die unsere Zukunft beeinflussen könnten. Ich möchte dich dazu einladen, das große Geschenk in diesen Wahlmöglichkeiten zu sehen. Du hast stets die Möglichkeit, deinen Blick zu weiten und all die Chancen zu entdecken, die dir das Leben bietet. Du darfst wählen, auf welche Weise du dein Leben in der Mutterschaft gestalten willst und es gibt unendlich viele Lösungen für all deine Bedürfnisse und die deiner Familie!

In kleinen Schritten stärker werden

Wir können aus diesen Erkenntnissen einen enormen Mehrwert mitnehmen. So erhalten wir die Chance, zumindest einige dieser Säulen in unseren Alltag ganz bewusst einzubauen und somit ein Bewusstsein für unseren eigenen Energietank zu schaffen. Resilienz hört sich groß an, doch wir stärken uns durch kleine Dinge, wie um Hilfe zu bitten oder Kontakte zu pflegen. Wir können uns in kleinen Schritten stärken. Die Erkenntnisse aus der Resilienzforschung geben uns  einen Arbeitsplan für eine Stärkung  unserer Kräfte.

Denn eines ist klar: egal ob Mama oder nicht, egal ob stark oder nicht – die nächste Herausforderung im Leben wird kommen.

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