Wie man Konflikte mit Kollegen austrägt und sich danach trotzdem noch mag.
Boshaftigkeiten mindern die Motivation
Es ist schon länger wissenschaftlich belegt, dass Nettsein im Büro sich auszahlt – beziehungsweise Nicht-Nettsein großen Schaden anrichtet: Schon scheinbar triviale Boshaftigkeiten machen Mitarbeitern schwer zu schaffen. Einer von acht Mitarbeitern verlässt seine Firma wegen kleinerer Gehässigkeiten, ohne die Gründe für das Ausscheiden anzugeben, fand Christine Porath, Professorin für Management an der University of Southern Carolina, heraus.
Weitere Ergebnisse ihrer Studie: 80 Prozent der Befragten, die Unhöflichkeiten erlebt hatten, verschwendeten Arbeitszeit, weil sie sich über den Vorfall Gedanken machten, während 48 Prozent absichtlich ihren Arbeitseifer herunterschraubten. „Die Befragten zeigten generell erheblich schlechtere Leistungen im Job, wenn sie von solchen Boshaftigkeiten betroffen waren“, heißt es in der Studie.
Wer selbstkritisch aufs eigene Verhalten im Büro blickt, wird wahrscheinlich zugeben müssen, sich auch schon die ein oder andere Gemeinheit geleistet zu haben: Mal ein genervtes Augenrollen oder ein hörbarer verächtlicher Seufzer, wenn der Kollege in der Konferenz mal wieder mit einem seiner faden Themenvorschläge um die Ecke kommt; oder eine sarkastische Antwort auf eine doofe Frage des Praktikanten. Wer Wert aufs Büroklima legt, sollte aber versuchen, darauf zu verzichten – schon allein, weil es den meisten schwer zu schaffen macht, wenn sie selbst der Auslöser für Augenrollen oder genervtes Einatmen sind.
Respektvolle Konfrontation statt Ärger unterdrücken
Unter Kollegen und Kunden gibt es immer den einen oder anderen, der einen in den Wahnsinn treibt: Die ewige Nörglerin; der Menschenfeind; die Kapriziöse; der Schludrige, der zum dritten Mal eine Deadline ignoriert; der Kollege mit Schmarotzernaturell, der sich gerne an Projekte dranhängt und dann selbst die Lorbeeren einheimst…die Liste ließe sich beliebig fortführen.
Doch bevor man in einen Kleinkrieg eintritt und Augenrollen und Aufstöhnen zu fiesen Standard-Kleinwaffen macht, sollte man sich ein Herz fassen und auf respektvolle Konfrontation gehen. Das wird den vielen eher Konfliktscheuen sicher schwerfallen – ist aber immer besser, als den Ärger zu unterdrücken und sich allabendlich am Küchentisch auszuweinen. Der klassische Ratschlag von den entnervten Küchentischberatern lautet in der Regel sowieso irgendwann: “Dann sprich das doch endlich mal an!“
Beliebte Standardantwort: „Ach, das bringt doch eh nichts“. Doch wieso sollte man den Nörglern, Misanthropen und Krawallmachern das Feld überlassen und ihnen erlauben, die eigene Stimmung im Büro immer wieder zu vermiesen? Natürlich spielt die Angst vor Konfrontation eine große Rolle, manches mag einem plötzlich belanglos vorkommen, man hat Angst, die Sache größer zu machen, als sie ist. Oder man fürchtet, wahlweise als borniert, überempfindlich oder kleinlich abgestempelt zu werden.
Talane Miedaner ist Gründerin der Coaching-Plattform „LifeCoach“ und hat einen Vier-Punkte-Plan ausgearbeitet, wie man am besten mit schwierigen Büropersönlichkeiten umgeht, damit Konflikte nicht eskalieren – ihr grundsätzliches Gebot, das erstmal ziemlich simpel klingt, eher temperamentvolle Charaktere aber trotzdem einiges an Disziplin kosten dürfte: Niemals laut werden, den eigenen Ton stets neutral und kontrolliert halten, auch wenn es inhaltlich unangenehm wird. Ihr Vier-Punkte-Plan:
1. Informieren
Erstmal ruhig und sachlich darüber informieren, worüber man sich ärgert: „Merkst du eigentlich, dass du mich gerade anschreist?“; „Ist dir schon mal aufgefallen, dass du in der Konferenz nie jemanden ausreden lässt?“; „Haben Sie bemerkt, dass unser Termin eigentlich vor einer Viertelstunde hätte anfangen sollen?“ – bei vielen, sagt Miedaner, zeige das schon enorme Wirkung. Wenn jetzt eine Entschuldigung kommt, könne man das Thema ad acta legen.
2. Forderung formulieren
Vielleicht fühlt sich der angesprochene Kollege angegriffen, reagiert defensiv oder verärgert, versucht sich herauszureden. Eine klare Ansage ist jetzt angebracht: „Ich fände es gut, wenn du meine Zeit respektieren könntest.“
3. Hart bleiben
Der dritte Schritt greift, wenn ganz harte Nüsse konsequent bei ihrem Verhalten bleiben oder weiter provozieren, nämlich: Konsequenzen androhen: „Wenn du das nächste Mal nicht pünktlich bist, werde ich fünf Minuten warten und dann gehen.”
4. Gehen
Wie auch bei der Kleinkinderziehung gilt hier: Wer A sagt, muss auch B sagen. Also als letzte Möglichkeit tatsächlich gehen, um nicht sein Gesicht zu verlieren. Allerdings nicht ohne den Hinweis, offen für ein Gespräch zu sein, wenn das kritisierte Verhalten überdacht und korrigiert wurde.
Wenn es mit einem Kollegen, den man eigentlich mag oder mit dem man eng zusammenarbeitet, nicht läuft, gibt es noch ein paar Anregungen, wie sich Konflikte taktvoll lösen lassen und gegenseitige Gereiztheit oder Meinungsverschiedenheiten nicht eskalieren.
Reden, nicht schreiben
Natürlich ist es verlockend, dem persönlichen Konflikt durch ein langes E-Mail-Gefecht zu entgehen. Die E-Mail-Korrespondenz hat ja auf den ersten Blick durchaus Vorteile: Im Eifer des Gefechts hingerotzte Gemeinheiten und Provokationen lassen sich vermeiden, man hat die Möglichkeit, Kritik und Vorwürfe in Ruhe zu formulieren und noch einmal zu reflektieren, bevor man auf „Senden“ drückt. Andererseits hat sicher jeder schon die Erfahrung gemacht: Buchstaben haben etwas Endgültiges, Hartes an sich. Vieles, was man im persönlichen Gespräch umschreiben, umformulieren könnte, was man nach Reaktionen des Gesprächspartners auch präzisieren oder abschwächen könnte, kann nicht spontan konkretisiert werden. E-Mails lassen keine Modulationen, keine Improvisation zu. Das kann sehr endgültig und deshalb oft härter als gemeint klingen. Also, auch wenn es Überwindung kostet: Konflikte nie per Mail austragen, sondern immer lieber persönlich, telefonisch oder per Videochat streiten.
Und zum Schluss: Für das Streiten unter Kollegen gelten die Regeln, die von Gästen politischer Talkshows weitgehend ignoriert werden: Den anderen ausreden lassen; tatsächlich zuhören und nicht nur hübsch zurechtlegen, was man selber sagen möchte, wenn man endlich dran ist; dem anderen das Gefühl vermitteln, dass man anerkennt, was er gesagt hat (das bedeutet, mit mehr zu reagieren als mit „Hm“, „Soso“ oder „Ahja“); wohlüberlegt und strukturiert sprechen und nicht einen Wortschwall ausstoßen, wenn man endlich Gelegenheit dazu hat – das klingt schnell vorwurfsvoll. Die Kunst ist, in der Lage zu sein, sich auf respektvolle Weise nicht einig zu sein.
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