Ein Sexroboter, der bei Berühren des Intimbereichs deutlich macht, dass er das nicht möchte? Natürlich, es gibt für jeden Bedarf ein Produkt. In diesem Fall ist es „Frigid Farrah“, die für Vergewaltigungsfantasien herhält.
Wenn Sexfantasien mit Gewaltfantasien vermengt werden – und der Markt das bedient
Wir leben im Konsumzeitalter. Für alles, für das es einen Bedarf gibt, gibt es auch das passende Produkt. Ob das nun der Wunsch ist, eine Tupperbox für eine Banane in Form einer Banane zu haben, bis hin zu jeglicher Art von Sexfantasie. Warum auch nicht? All das ist legitim – zumindest, wenn es sich innerhalb gewisser (moralischer) Grenzen abspielt. Aber können die gewahrt werden, wenn es sich um Fantasien zu sexualisierter Gewalt dreht, wie es mit „Frigid Farrah“ aka „Roxxxy“ der Fall ist? Was eindeutig mit einem Nein beantwortet werden muss, ist trotzdem auf dem Markt und kann gekauft werden.
„Roxxxy“ ist ein lebensgroßer Sexroboter vom Sextoy-Hersteller „TrueCompanion“, den man ganz individuell und nach eigenen Vorlieben gestalten lassen und für rund 10.000 Dollar erstehen kann. Mit „Roxxxy“ kann man sich unterhalten oder Sex haben, sogar einen Orgasmus soll sie simulieren können. Oder aber, sie geht bei Berührung ihres Intimbereichs nicht auf die Annäherungsversuche ein, sondern wehrt sich gegen die Berührung – und macht so deutlich, dass sie keinen Sex möchte. Die Sexpartnerin aus Silikon wird damit zur wehrlosen Opferfigur, die sexualisierter Gewalt ausgesetzt wird, wenn das der Besitzer wünscht. Auf der Website heißt es zu dieser Einstellung des Toys: „Berührst du Frigid Farrah an ihren intimsten Stellen, dann wird sie zunächst nicht lustvoll auf deine Annäherungsversuche reagieren.” Der Independent berichtet, dass der Hersteller die Details zu dieser Funktion mittlerweile von der Seite genommen habe, die Puppe aber durch eine kleine Änderung in den Einstellungen als „Frigid Farrah“, also die „Schüchterne und reservierte“, einstellen ließe, da die Puppe mehrere Persönlichkeiten zur Auswahl habe.
Ist doch nur eine Puppe!
Kurzum: Es ist ekelhaft – und doch sind viele sicherlich verleitet zu sagen: „Ach komm, ist zwar abstoßend, aber am Ende geht es doch nur um eine Puppe.“ Das sieht auch der Hersteller so: „Unsere Sexroboter erlauben den Käufern, ihre privatesten Sex-Träume und -Sehnsüchte auszuleben. Wir stellen nur her, was auch gesucht ist.“ Zack, und damit ist er fein raus, oder? Der Kunde ist schließlich König.
Alles eine Lappalie, es gibt Bedürfnisse und der Markt deckt sie, was soll man sich aufregend. So läufts, Baby. Schließlich tut dieser Mensch ja keinem anderen Menschen etwas zu Leide, sondern reagiert sich an einem Roboter ab. Ja, die Frage ist nur: Was macht es mit dem Nutzer, wenn er sich immer wieder an einer relativ realistisch aussehenden Puppe vergehen kann, die sich dann auch noch lautstark wehrt und wieso sollte man diese Form der sexuellen Fantasie, wenn man das dort überhaupt einordnen kann, bedienen? Wann sinkt mit der steten Wiederholung vielleicht irgendwann die Hemmschwelle und entsteht ein Gefühl nach dem Wunsch nach Mehr? Wann geht dabei die Kontrolle verloren, und wie viel Kontrolle hat man überhaupt noch über sich, wenn sexualisierte Gewalt so sehr Teil des eigenen Lustsystems ist, dass man es in sein reales Leben übertragen will oder muss?
Umgeben von Gewalt gegen Frauen
Eindeutig beantworten lässt sich das sicherlich (noch) nicht. Und doch kann es nicht sein, dass der Hersteller einfach jegliche Verantwortung wegdrückt und damit argumentiert, dass sei eben eine Neigung wie jede andere – und letztlich doch nur ein Spiel.
Am Ende ist dieser Sexroboter nur ein weiteres Beispiel dafür, wie salonfähig Gewalt gegen Frauen noch immer ist. Was wir aktuell im Fall Weinstein und #Metoo hören, was viele Frauen aus eigener Erfahrung, aus Büchern, aus Filmen und aus Videospielen kennen, in denen Gewalt gegen Frauen vielfach auftaucht, ohne ansatzweise zu hinterfragen, ob das wirklich für den Plot des Films eine Notwendigkeit hat. Sexualisierte Gewalt gegen Frauen umgibt uns alle ständig, schleicht sich über die verschiedensten Ebenen in unseren Alltag – sie umgibt uns so sehr, dass viele sie kaum noch wahrnehmen, oder vielmehr erfolgreich verdrängen, dass genau das der Marker für die Rape Culture ist, in die wir leben. Denn warum etwas verurteilen, was ganz normal scheint?
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