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Warum uns das Bienensterben nicht egal sein darf

Bienen sind die wahrscheinlich am härtesten arbeitenden Wesen auf diesem Planeten (neben Müttern natürlich). Ein Hoch auf die Biene! Denn wenn sie geht, gehen wir mit.

Honey, Honey, Honey

Ich liebe Honig. Und ich liebe es, wenn mir mein zuckersüßer Sohn erzählt, dass „der Honig von den Bienen gebacken wird.” Ich streiche ihm verträumt über seine speckige Wange und frage mich, wie die Bienen das eigentlich machen. Nach wenigen Minuten Recherche über die summenden Erdbewohner und ihren Honig, bin ich schon zutiefst beeindruckt von ihrer geballten Ladung an Fleiß und Unerschütterlichkeit.

Ich wusste zum Beispiel nicht, dass eine Sommerbiene nur ungefähr 35 Tage Leben vor sich hat. Und wisst ihr, womit sie ihre kostbaren Tage verbringt? Mit eiserner Arbeit – bis sie vor Erschöpfung sterben wird. Was macht dieses beflügelte Wunderwerk alles in seinen 35 Tagen Leben?

Fleißige Biene

Mehr als acht Fulltime-Jobs erledigt eine Biene während ihres kurzen Lebens. Das faszinierende dabei ist, dass sich ihr Körper dementsprechend verändert: Die Körperfunktionen einer Arbeiterbiene stellen sich auf die Aufgaben ein, die sie nach ihrem inneren Rhythmus zu bewältigen hat. Schon kurz nach dem Schlüpfen fängt die Biene an, die Waben zu putzen, damit sie wieder sauber für die nächste Generation Larven sind. Ist diese Aufgabe erledigt, versorgt sie die Larven mit dem sogenannten Bienenbrot, dass aus Honig und Blütenpollen besteht. Ein paar Tage später beginnen ihre Milchdrüsen zu arbeiten. Sie ist jetzt in der Lage, das nahrhafte Gelée Royale zu produzieren, den Königinnenfuttersaft. Ihr kennt den Begriff vielleicht aus der Kosmetikbranche.

Übrigens: Das in Deutschland erhältliche Gelée Royale stammt hauptsächlich aus China. Naturnah wirtschaftende Imker lehnen die Herstellung dieses Elixiers ab, da zu seiner Gewinnung die Königin aus dem Bienenvolk entfernt werden muss, was eine extreme Stresssituation für den Bienenstock bedeutet.

Im Bienenstock werden mit dem Gelée Royale alle Larven gefüttert, damit sie einen enormen Wachstums- und Entwicklungsschub machen können. Dieses Zeug ist satte, liquide Energie, mit der die Königin als Einzige am Längsten ernährt wird, während die anderen schon auf Bienenbrot (eingelagerte Blütenpollen) umgestiegen sind.

Die Zeit läuft

Die Uhr der Biene tickt und da sie noch ein paar Aufgaben in ihrem Kompaktleben zu erledigen hat, stellt sich ihr Körper automatisch darauf ein. Die Futterdrüsen am Körper der Biene bilden sich zurück und die Wachsdrüsen beginnen sich zu entwickeln. Damit sondert sie kleine Wachsschüppchen ab und ist nun Bauarbeiter, Architekt und Ingenieur, statt Babysitter. Ab und zu muss sie sich als Lagerarbeiter um die Weiterverarbeitung und Lagerung des Honigs kümmern, den ihre Kolleginnen vom Außendienst mitbringen. Und das alles mit nur einem Drittel der Schlafmenge von uns Menschen.

In Deutschland wurde die Wehrpflicht abgeschafft, bei den Bienen gibt es sie immer noch. Nach der handwerklichen Arbeitsphase tritt jede Biene ihren drei tägigen Wehrdienst an. Sie patrouilliert und kontrolliert vor ihrem Bienenstock, um ihre Familie zu schützen und fängt an, ihre ersten Flüge in die Umgebung zu machen, damit sie erste Orientierung für ihre nächste Aufgabe gewinnt.

„Zeit ist Honig”

Und dann ist es soweit: In den letzten drei Wochen ihres Lebens beginnen die kilometerlangen Sammelflüge, bei denen Bienen bis zu 1.000 Blüten am Tag besuchen. Bis zu acht Kilogramm Nektar pro Tag können unsere kleinen Kooperationspartner in ihren Bienenstock schaffen. Und wisst ihr, was diese Zahl noch erstaunlicher macht? Ein Bienenmagen kann pro Flug nur 0,05 Gramm speichern. Wir müssen keine Mathegenies sein, um zu erkennen, dass das eine beachtliche Leistung ist. Eine Biene müsste schätzungsweise zwei Mal um die ganze Welt fliegen, um ein Honigglas mit 500 Gramm zu füllen. In ihrem Leben produziert eine Biene etwa einen Esslöffel Honig.

Nach diesem Flugmarathon sind die hauchdünnen Flügel der Honigbiene verschlissen und sie ist mit ihrer Kraft am Ende. Bienen sterben nur selten in ihrem Bienenstock, für den sie sich aufgeopfert haben, sondern fallen einfach erschöpft zu Boden. Und sterben allein.

Wir brauchen die Bienen

Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben.

Dieses Zitat soll vom berühmten Physiker Albert Einstein stammen. Und ganz so unrealistisch scheint diese These auch nicht zu sein. Auf unserer Welt gibt es schätzungsweise 20.000 verschiedene Bienenarten, aber nur neun (!) davon produzieren Honig. Seit 1952 hat sich die Zahl der Bienenvölker von rund zweienhalb Millionen auf unter eine Million reduziert. Laien zucken bei diesen Zahlen mit den Schultern, Experten schlagen schockiert die Hände über den Kopf.

Bienen sind ein gigantischer Wirtschaftsfaktor und die wichtigsten Arbeitskräfte in unserer Landwirtschaft. Sie erwirtschaften mit ihrer Blütenbestäubung einen Wert von rund 200 Milliarden Euro pro Jahr (laut Ermittlung vom Labor für theoretische und angewandte Wirtschaft des wissenschaftlichen Forschungszentrums CNRS in Montpellier). Die kleinen Summer bestäuben 80 Prozent unserer Nutz- und Wildpflanzen, ohne ihre Sammelflüge würden Obst, Gemüse und Getreide zu Luxusgütern werden. Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebsarten würden sich als Folge dieser Ernteausfälle rasant ausbreiten und wir hätten ein ziemliches Problem, unseren Vitamin A und Vitamin B bedarf zu decken – beide enorm wichtig für unser Immun- und Nervensystem.

Und jetzt?

Diese Endzeitstimmung ist bedrückend, aber wichtig um zu begreifen, wie beeindruckend und unabdingbar Bienen für unser Leben sind. Ihr Lebenswerk ist nicht nur ein Löffel Honig, sondern eine einzigartige Lebensweise, die bis ins kleinste Detail abgestimmt ist. Eine Biene ist Putzfrau, Babysitter, Bauarbeiter, Architekt, Ingenieur, Türsteher, Honigkurier, Zofe, Belüftungsexperte, Kundschafter und noch soviel mehr. Sie kommuniziert in einem komplexen Sozialsystem auf höchstem Niveau. Bienen sind wirklich beeindruckende Lebewesen:

  1. Ein Bienenvolk besteht aus ca. 40.000-60.000 Individuen
  2. Die Fluggeschwindigkeit einer Biene beträgt um die 30 km/h.
    (Zum Vergleich: Wir gehen ca. mit 5,5 km/h durchs Leben)
  3. Bienen gibt es seit mindestens 45 Millionen Jahren
  4. Bienen sind Sprengstoffexperten. Sie können 170.000 Düfte unterscheiden und werden sogar für polizeiliche Ermittlungen eingesetzt
  5. Bienen sind die kleinsten Apotheker der Welt. Sie stellen den antibakteriellen Stoff „Propolis” her, der äußerlich aufgetragen seine wundheilende Wirkung entfaltet und sogar gegen antibiotikaresistente Bakterien helfen kann.
  6. Die Königin wird vier bis sechs Jahre alt
  7. Bienen kommunizieren Entfernung und Richtung ihrer Futterquelle mit einem Tanz
Wir können leider nichts daran ändern, dass sich die kleinen Flugraketen zu Tode arbeiten, aber wir können sie von nun an aus einem anderen Blickwinkel betrachten. Wir können ihnen ein großes Stück von unserer Torte überlassen. Wir können uns über jede Biene freuen, die wir zu Gesicht kriegen und Menschen, die nach ihnen schlagen, den Rest unserer Torte ins Gesicht klatschen. Wir können sagen, dass wir wissen, wie krönungsbedürftig diese Tiere sind! Ich für meinen Teil beiße jetzt jedenfalls anders von meinem Honigbrötchen ab.

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