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Warum du als Frau anders auf Jobsuche gehst – und was dir dabei helfen kann

Die offenen Fragen, die du als Frau hast, wenn du über einen Jobwechsel oder eine konkrete Bewerbung nachdenkst, unterscheiden sich grundlegend von den Fragen, die Männer in dieser Situation haben. Was sind das für Fragen und Herausforderungen, und wie kannst du sie überwinden? Unsere Community-Autorin Cathrin Eggers hat Antworten.

Ist die Geschlechterdebatte irgendwann Geschichte?

Es gibt einen Grund, warum ich meinen Blog und meine Arbeit auf Frauen ausgerichtet habe. Das heißt nicht, dass ich Männer nicht mag oder ihnen beruflich nicht auch das Allerbeste wünsche.

Aber als Frau, die einen neuen Job sucht, unzufrieden ist mit ihrer aktuellen beruflichen Situation oder an ihrer Bewerbung arbeitet, wünschst du dir manchmal einfach jemanden an der Seite, der dich auf ganz persönliche Weise unterstützt und ein Stückchen auf deinem Weg begleitet. Ich weiß das aus eigener Erfahrung und durch die Rückmeldung vieler Frauen in dieser Situation, mit denen ich schon sprechen durfte. Mein Ziel ist es, so viele Frauen wie möglich beruflich zu (be)stärken, damit sie ihr (wert)volles Potenzial entfalten können und die Geschlechterdebatte eines Tages Geschichte ist.

Die offenen Fragen, die du als Frau unter Umständen hast, wenn du über dein eigenes berufliches Fortkommen, einen Jobwechsel oder eine konkrete Bewerbung nachdenkst, unterscheiden sich grundlegend von den Fragen, die Männer in diese Situation mitbringen. Und das sage ich ganz ohne Wertung! Was sind das für Fragen und Herausforderungen? Und wie kannst du sie überwinden? Zum Beispiel diese hier:

„Bin ich gut genug für den Job?“

Es fängt mit den Stellenanzeigen an! Als Frau liest du sie womöglich schon ganz anders als Männer. Eine Eye-Tracking-Studie von jobware hat herausgefunden, dass Frauen Entwicklungspotenziale auf dem offenen Jobmarkt einfach schlechter erkennen als Männer und manchmal keinen neuen, passenden Job finden, weil sie sich nicht angesprochen fühlen. Was besagt die Studie ganz genau? Hier ein paar Punkte:

1. Bestimmte Bezeichnungen wie zum Beispiel „Senior Manager” oder Anforderungen wie zum Beispiel „Kommunikationsfähigkeit” tragen dazu bei, dass Stellenanzeigen eher als männlich beziehungsweise weiblich empfunden werden.

2. Männer fühlen sich tendenziell immer von Stellenanzeigen angesprochen, egal wie diese formuliert sind: „männlich”, „weiblich” oder „neutral”. Frauen hingegen schauen scheinbar wesentlich genauer hin und bewerben sich eher auf „weibliche” oder „neutrale” Stellenausschreibungen.

3. Werden typisch männliche Eigenschaften gefordert, ziehen sich viele Frauen zurück.

4. Frauen neigen dazu, jede Anforderung als unerlässlich einzustufen und trauen sie sich bei gleicher Qualifikation weniger zu als Männer. Männer tendieren hingegen dazu, fehlende, aber geforderte Fähigkeiten zu „überlesen.“

Das kannst du tun!

Schau zweimal hin und bewirb’ dich gegebenenfalls trotzdem, auch wenn die Stellenbeschreibung „eine Nummer zu groß“ erscheint. Es handelt sich unter Umständen um Wachstumspotenzial, das du dir doch eigentlich wünschst und nicht um einen Mangel deiner Kenntnisse und Fähigkeiten. Wenn du es nicht tust, entgeht dir vielleicht etwas, denn ein Mann, der die gleichen Qualifikationen hat wie du, zögert wahrscheinlich nicht, es zu versuchen. Überlege dir, wie du dich selber und proaktiv schon ab heute in das Anforderungsprofil hineinarbeiten könntest.

„Ist mein Lebenslauf stringent genug?“

Erfahrungsgemäß sind Frauen eher der Meinung, ihr beruflicher Weg sei nicht so verlaufen, wie er hätte verlaufen sollen. Sie stellen vorangegangene Entscheidungen in Frage, hadern mit vergangenen Stationen und entwickeln so einen defizitären Blick auf die eigene berufliche Laufbahn, was das Selbstvertrauen und das Vertrauen in die eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten schwächt:

– „Eigentlich will ich etwas ganz anderes machen, aber mit diesem Lebenslauf…“

– „Ich habe mein Studium ohne Abschluss/im falschen Fach beendet.“

– „Ich habe nicht studiert.“

– „Ein Jahr lang bin ich nur durch die Welt gereist.“

Das kannst du tun!

Erfahrungen wie diese gehören zu deiner eigenen Geschichte dazu und haben zu dem beigetragen, was du heute bist und wo du stehst. Es ist weniger die Frage, was in der Vergangenheit passiert ist als vielmehr die Frage, was du jetzt daraus machst, wie du es bewertest und welche Konsequenzen du für die Zukunft daraus ziehst. Was hast du gelernt, mitgenommen, erfahren? Das ist deine Geschichte, erzähle sie so, dass sie stringent wird und konzentriere dich auf die positiven Erfahrungen und Effekte. Lerne jeden Tag etwas dazu, denn dein Lebenslauf geht heute weiter!

„Was ist mit meinem Familienstand und Kindern?“

Die Sache mit dem Familienstand ist für mich fast schon ein Running Gag, denn die allermeisten Frauen beschäftigen sich mit der Frage nach Familienstand und Kindern in der Bewerbung – aber auf unterschiedlichste Weise. Das klingt dann in etwa so:

– „Ich bin Ende dreißig, verheiratet und habe keine Kinder. Werde ich deswegen nicht eingeladen?“

– „Soll ich meine vier Kinder erwähnen?“

– „Ich bin alleinerziehend, sag’ ich das auch?“

– „Ich bin Anfang vierzig, liiert, habe keine Kinder, möchte aber auch keine, wie stelle ich das dar?“

– „Meine Kinder sind schon älter und selbstständig, muss ich sie dann überhaupt erwähnen?“

– „Ich habe eine Lücke im Lebenslauf wegen meiner Elternzeit/Erziehungszeit, nimmt man mich da überhaupt?“

Häufig lese ich, wie Frauen sich in den sozialen Medien darüber austauschen, dass Mütter am Arbeitsmarkt benachteiligt werden und ich stimme grundsätzlich zu. Bei einem Blick auf die einzelnen Bewerbungen stelle ich aber auch fest, dass es nicht unbedingt immer an den Kindern (oder nicht vorhandenen Kindern) liegt, wenn es nicht klappt, sondern an der Aussagekraft der Bewerbung, der Passgenauigkeit für den Job oder, wenn schon ein persönliches Gespräch stattfand, an Missverständnissen, also ausbaufähiger Kommunikation, mit dem potenziellen Arbeitgeber.

Das kannst du tun!

Empfinde deine Kinder (oder die, die du nicht/noch nicht hast) selber nicht als Hindernis, sondern baue Eltern- und Erziehungszeiten dort ein, wo ansonsten Lücken im chronologischen Verlauf entstehen. Konzentriere dich auf das, was du alles mitbringst, und nicht auf potenzielle Stolpersteine. Lasse Familienstand und Kinder weg, wenn du das Gefühl hast, das tut nichts zur Sache und schmälert deine Chancen. Wenn du mit deiner Bewerbung überzeugst, wird es früher oder später auch nicht an deinem Familienstand scheitern.

„Ich bin Führungskraft, aber ich weiß nicht, was genau von mir erwartet wird“

Es erschreckt mich einigermaßen zu beobachten, wie viele Frauen (und wahrscheinlich auch Männer, die nur anders damit umgehen) in Führungspositionen befördert werden, ohne auf diese Aufgabe vorbereitet oder darin begleitet und bestärkt zu werden. Spätestens bei einem Jobwechsel kommen dann Fragen auf wie:

– „Welcher Führungsstil wird verlangt?“

– „Welche Schlagworte muss ich kennen?“

– „Welche Teamgröße kann ich bewältigen?“

– „Wie stelle ich mich als kompetente Führungskraft dar?“

In Bezug auf Führungskräftetätigkeiten oder anstehenden Beförderungen nehme ich häufig eine große Verwirrung wahr, weswegen das Konzept von „Führungskräfteentwicklung“ für mich einen umso größeren Stellenwert bekommen hat.

Das kannst du tun!

Unterstützt dich dein Unternehmen nicht in deiner Entwicklung als oder zur Führungskraft, ist umso mehr Eigeninitiative gefragt. Weiterbildungen, Selbststudium, Vorbilder und Mentoren können dir dabei helfen, die Aufgabe der Führungskraft für dich selber auszugestalten und deinen eigenen Führungsstil zu finden und weiterzuentwickeln. Verlasse dich nicht darauf, dass dir entsprechende Kenntnisse und Fähigkeiten angetragen werden. Spätestens beim nächsten Jobwechsel feuert es zurück, wenn du hier nicht selber aktiv wirst, sondern ausschließlich auf andere und Learning by doing vertraust!

Die Liste erhebt natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sicherlich gibt es noch weitere frauenspezifische Herausforderungen im Neuorientierungs- und Bewerbungsprozess. Für mich ist sie Bestätigung genug, dass es einer spezifischen Beratung bedarf, um Frauen am Arbeitsmarkt optimal zu unterstützen, damit die Frauenquote nicht die einzige Maßnahme bleibt.

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