Wie kann ich herausfinden, ob ich schon bereit für ein Baby bin? Diese Frage stellt sich Sara, indem sie ihr Umfeld beobachtet und sich fragt, was ihr wichtig ist. Was ist ausschlaggebend für eine Entscheidung?
Ist die Entscheidung für ein Baby mutig?
Eine Sache vorweg: Es war schwierig für mich, diesen Artikel zu schreiben. Vermutlich ist dies mein erster Text, den ich ohne zu Ende gedachte Meinung zu Papier bringe. Das wäre allein deswegen unmöglich, weil mir die Erfahrung mit Baby fehlt. Stattdessen ist es mehr ein schriftliches Gedankensortieren – und hoffentlich Grundlage dafür, zu diskutieren und eure Meinungen zum Thema zu teilen.
Für viele Generationen vor uns stellte sich die Frage nach dem „ob“ beim Thema Kinderkriegen einfach nicht. Selbst heute haben viele Mädchen und Frauen – vor allem in Asien, Afrika und Lateinamerika – nicht das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Unsere Freiheit, selbst zu entscheiden, ob und wann wir Kinder bekommen oder eben nicht, ist wohl einer der größten Schritte Richtung Gleichberechtigung überhaupt gewesen. Trotzdem habe ich den Eindruck, dass nicht wenige Frauen schwanger werden, ohne sich allzu viele Gedanken um die Konsequenzen zu machen. Und ich schwanke dann, ob ich das naiv oder mutig finden soll.
Wie machen die das?
Ich selbst kann diesen „Einfach-mal-machen-Schritt“ für mich aber nicht gehen. Es gibt dutzende Argumente für und gegen Kinder. Sie kosten Geld, Zeit, Nerven und Schlaf. Aber sie bringen gleichzeitig eine neue Sichtweise auf das Leben, sie sind oft lustig und nicht zuletzt geben sie viel Liebe zurück. Insgesamt ist es wohl mehr oder weniger ein Nullsummenspiel und diese Debatte wurde nach der Studie über #regrettingmotherhood ausführlich geführt. Wenn ich mich jedoch selbst mit Müttern unterhalte, kommt häufig ein Argument, das mich bisher am meisten davon abhält, Nachwuchs zu planen: „Dich selbst kannst du vergessen.“
Ich höre das nicht nur von Helikoptermüttern oder denen, die sich für ein Leben als Hausfrau und Mutter entschieden haben, sondern auch und vor allem von den Frauen, die ich in privater, beruflicher und politischer Hinsicht bewundere. Denen, die sich für Gleichberechtigung einsetzen, die (wie ich) einen Job haben, der auch nach Feierabend die Gedanken und Kreativität beschäftigt, die politisch aktiv sind und denen als Ausgleich zur Arbeit Freunde, Partner und Sport wichtig sind. Das alles ist schon tagesfüllend. Kommt dann noch ein Baby dazu, bleibt zwangsläufig Zeit für sich selbst auf der Strecke.
Eine Freundin sagt, sie habe seit der Geburt des sieben Monate alten Sohnes keinen Kaffee mehr getrunken, der nicht schon vorher kalt geworden sei. Ich höre Geschichten darüber, wie schwer es ist, mit einem Baby oder Kleinkind zumindest kurz zu duschen. Eine Kollegin mit einem 11-jährigen Sohn sagt, sie gehe einmal im Monat zur Kosmetik, weil das die einzige halbe Stunde sei, die sie für sich habe, ohne Arbeit, Haushalt oder Kind. Das sind nur einige kleine Beispiele, aber sie machen mir Angst und ringen mir zugleich Bewunderung ab. Wie machen die das? Warum drehen die nicht durch?
Hält mich Egoismus ab?
Ich kann zu meinem Freund sagen, dass ich noch gern allein eine halbe Stunde in die Badewanne will, bevor wir uns treffen. Oder zur Mitbewohnerin, dass ich heute den Abend lang „Die Sterne“ in Dauerschleife höre. Oder zu meinen Freunden, dass ich kein Feierabendbier schaffe, weil die Woche so anstrengend war oder weil ich lieber zum Sport möchte. Bei einem Kind geht das nicht – und das für verdammt lange Zeit. Bin ich also einfach zu egoistisch für Kinder? Nein. Oder: Nicht nur. Ich liebe Kinder und ich habe sie gern um mich. Es geht mir eher um die Sorge, selbst nicht mehr zufrieden und ausgeglichen zu sein – und das ist doch die Grundlage, sich rund um die Uhr um einen kleinen Menschen kümmern zu können.
Hormone sind kein Argument
Das alles schlagende Argument, das Mütter meinen Befürchtungen entgegenbringen: Die Hormone nach der Schwangerschaft regeln das schon. Wenn du ein eigenes Kind bekommst, so sagen sie, dann überwältigt dich die Liebe zu diesem kleinen Menschen so sehr, dass du ein anderer Mensch wirst. Du willst es dann auch, diese Selbstaufgabe. Hormone allein sind aber kein Argument für mich, denn zum einen führen sie auch dazu, dass wir uns in die falschen Menschen verlieben, an manchen Tagen grundlos weinen und maßlos Schokolade essen (mit Letzterem kann ich leben, zugegeben). Aber vor allem endet dieser Hormonrausch nach den ersten Monaten. Was dann? Klar, Kinder werden in vielen Dingen mit dem Alter selbstständiger. Das heißt aber nicht, dass man weniger Zeit für sie braucht.
Vielleicht habe ich irgendwann selbst ein Baby und kann dann sagen: Jetzt weiß ich, was ihr Mütter gemeint habt. Es ist eben nicht alles rational zu erklären – und Liebe schon gar nicht.
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