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Sex haben zwei, aber für die Verhütung ist die Frau verantwortlich – wann ändert sich das?

Egal wie weit fortgeschritten die Gesellschaft in Sachen Gleichberechtigung auch sein mag, die Verhütung ist weiterhin Frauensache. Das macht unsere Community-Autorin wütend.

Sex haben zwei, die Verantwortung nur eine

„Und wofür sollen wir uns entscheiden?”

„Das überlasse ich dir.”

„Und wenn es schiefgeht? Ich will nicht die ganze Verantwortung alleine tragen.”

„Nein, das tust du nicht. Das ist doch klar.”

Dieser Dialog zum Thema Verhütung fand zwischen meinem Partner und mir statt. Schiefgegangen ist es bisher zum Glück noch nicht – zumindest fast nicht. Seit ca. drei Jahren verhüten wir nun mit einem Zykluscomputer, der beinahe jeden Morgen zwischen fünf und neun Uhr morgens meine Temperatur misst. Und obwohl es funktioniert, ist das Wie der Verhütung ein immer wieder aufkommendes Thema. Es lässt vor allem mir keine Ruhe. Ständig bin ich auf der Suche nach der idealen Lösung. Es muss doch irgendwie noch bequemer, irgendwie unkomplizierter gehen.

Wie vermutlich die meisten jungen Frauen, habe ich als erste Verhütungsmethode die Pille gewählt. Mit dieser Entscheidung fällt die Verantwortung automatisch uns Frauen zu. Wir denken an die regelmäßige Einnahme, wir besorgen das neue Rezept, laufen damit zur Apotheke um es einzulösen, wir müssen berücksichtigen, ob ein Medikament oder körperliche Unpässlichkeiten die Wirkung außer Gefecht setzt und wir müssen die hormonelle Einwirkung auf unseren Körper erdulden. Für unsere Partner ist es damit getan, sich finanziell zu beteiligen.

Alternativen zur Pille?

Irgendwann war für mich aber der Punkt erreicht, an dem ich fand, das Verhüten müsste einfacher gehen. Bei mir hatte diese Entscheidung tatsächlich rein praktische Gründe: An die tägliche Pilleneinnahme zu denken war lästig. Deshalb probierte ich ein Implanon. Drei Jahre keinen Gedanken an die Verhütung verschwenden? Weit gefehlt. Mein Zyklus war von dann an kein Zyklus mehr. Ich hatte meine Periode zwischen einer und drei Wochen, mal eine, mal fünf Wochen Pause und Zwischenblutungen. Dazu, vielleicht fast noch schlimmer, für mich kaum auszuhaltende Stimmungsschwankungen.

Die Beziehung ging auseinander und das Hormonstäbchen wurde mir nach eineinhalb Jahren entfernt (die Narben des Einschusses und der Entfernung habe ich bis heute). Bis auf den Verlust von etwa 150 Euro und dem Aushalten meiner Launen tangierte meinen damaligen Freund die Verhütung nicht.

Verhütung ohne Hormone

Als ich meinen Mann kennen lernte, probierte ich es noch einmal mit der Pille. Doch mein Körper schob dem einen Riegel vor. Die Migräne, mit der ich seit der Kindheit zu kämpfen habe, steigerte sich ins unerträgliche. Mit dem ersten Pillen-freien Tag, hatte ich jedes Mal eine Migräneattacke, gefolgt von einer Woche Kopfschmerzen. Statt der Pille nahm ich dann beinahe täglich Schmerztabletten ein.

In dieser Zeit erreichte mich der Hype um eine hormonfreie Verhütung. Wer denkt, dass damit alles ganze einfach ist, wird leider enttäuscht. Zunächst fiel einmal mehr mir alleine die Verantwortung zu, mich für eine passende Methode zu entscheiden: Lieber meine Temperatur oder den Hormonspiegel im Urin messen? Im Endeffekt habe ich mich für einen Zykluscomputer entschieden, der beide Methoden kombinieren lässt.

Die Verantwortung für die Verhütung bleibt bei mir

Aber wieder bin ich es, die beinahe täglich die Temperatur misst, einen Blick auf das Display wirft um zu sehen ob eine LH-Messung verlangt wird und die den Überblick über die roten und grünen Phasen hat. Außerdem muss ich das kleine Gerät überall mithin nehmen, wo ich übernachte und daran denken, den Akku rechtzeitig zu laden. Alles Kleinigkeiten, die sich aber summieren.

Vielleicht hätte ich mich mit all diesen Unannehmlichkeiten sogar irgendwie arrangieren können – doch dann ging es eben doch ein bisschen schief:

„Wir” passten nicht richtig auf und verpassten, dass die „rote”, also fruchtbare Phase, begonnen hatte. Erst nach dem Sex fiel mir siedend heiß ein, dass es heute oder in den nächsten Tagen soweit sein musste. Das rote Oval schrie mir förmlich vom Display entgegen. Die einzige Möglichkeit also: die Pille danach. Ein Hormonhammer, mit dem ich zuvor schon einmal ein paar quälende Tage erlebt hatte. Diese Aussicht ärgerte mich. „Das muss jetzt aber sein”, sagte mein Freund, „wir können jetzt kein Kind bekommen.” Als wüsste ich das nicht selbst: Wir beide noch mit Studium, unsicher ob wir überhaupt je Kinder wollen. Und trotzdem ärgerte ich mich und war wütend, denn wieder einmal war ich diejenige, die die Konsequenz der Verhütungsmethode zu tragen hatte.

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