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Amani Abuzahra: „Die Gesellschaft ist bunt – die Frage ist nicht ob, sondern wie wir gemeinsam leben“

Amani Abuzahra ist Philosophin, Autorin, Pädagogin und Herausgeberin. In ihrem neuen Buch „Mehr Kopf als Tuch“ lässt sie unterschiedliche muslimische Frauen ihre Geschichten erzählen. Wir haben uns mit ihr unterhalten.

Mehr Kopf als Tuch

Im November 2017 erschien das Buch der Philosophin, Pädagogin und Herausgeberin Amani Abuzahra. In „Mehr Kopf als Tuch: Muslimische Frauen am Wort“ lässt sie unterschiedliche muslimische Frauen zu Wort kommen, die in Österreich und Deutschland oft nur auf ihre Kopfbedeckung reduziert werden. Amani Abuzahra prangert die limitierenden Narrative an, denen diese Frauen regelmäßig ausgesetzt sind, und kämpft für eine inklusivere Gesellschaft, in der wir uns alle gleichermaßen wohlfühlen können.

Am 17. Mai wurde sie deshalb, zusammen mit anderen inspirierenden Frauen, in Berlin für ihr Engagement mit dem 25 Frauen Award von EDITION F ausgezeichnet. Sie ist eine der Frauen, die mit ihrer Stimme unsere Gesellschaft bewegen. 

Im Interview erklärt die Autorin, was es mit dem Begriff des „Othering“ auf sich hat, wieso wir unsere Vergangenheit neu aufarbeiten müssen und warum sie auf die Werke des französischen Philosophen Derrida zurückgreift, wenn sie nach Lösungen für eine gerechtere Gesellschaft sucht.

In deinem Buch „Mehr Kopf als Tuch“ kommen Frauen, wie die Journalistin und Netzaktivistin Kübra Gümüşay und die Juristin Betül Ulusoy, zu Wort. Warum war es dir so wichtig, unterschiedliche Stimmen zusammentragen und nicht nur über deine eigenen Erfahrungen zu schreiben?

„Ich wollte meine Plattform nutzen, um die Vielfalt muslimischer Frauen aufzuzeigen. Natürlich hätte ich das auch selbst schreiben können. Es ist aber authentischer, den Frauen die Möglichkeit zu geben, sich zu artikulieren und ihre eigenen Geschichten zu erzählen. Es soll nicht ständig über, sondern mit Muslim*innen gesprochen werden.

Allein an der Sprache und den verschiedenen Genres der Kapitel merkt man schon, wie unterschiedlich sich die Frauen ausdrücken und wie verschieden  die Schwerpunkte und Themen sind, die sie wählen.“

In dem Kapitel „Mein anderes Europa“ zeigst du auf, dass viele Menschen Frauen mit Kopftuch in Österreich und Deutschland nicht als Teil der Gesellschaft akzeptieren. Dass sie, obwohl schon lange präsent, immer noch keine Selbstverständlichkeit sind. Wozu kann das führen?

„In der Eingangssituation des Kapitels wird von außen versucht mir die Zugehörigkeit zu Europa, oder das Bekenntnis zu Österreich abzusprechen. Dadurch, dass mir das verwehrt wird, werde ich in einen ganz bestimmten Rahmen gesteckt, der mich in meinen Möglichkeiten limitiert.

Was passiert nämlich? Üblicherweise wird versucht dagegen zu argumentieren: ‚Ja aber ich gehöre dazu. Ich bin hier geboren.‘ Man glaubt, man müsse sich rechtfertigen. Das birgt die Gefahr, sich selbst im Diskurs und im eigenen Handlungs- und Entwicklungsrahmen einzuschränken.“

Du erwähnst im Vorwort den TED-Talk von Chimamanda Ngozi Adichie „The Danger of a Single Story”. Warum ist es so problematisch, wenn über eine Gruppe nur ein ganz bestimmtes Narrativ verbreitet wird?

Chimamanda Adichie erklärt in dem TED-Talk, dass es gefährlich sein kann, wenn ein Klischee über eine Gruppe in einer Gesellschaft zu oft wiederholt wird. Dieses Klischee kann auf manche Menschen zutreffen. Das heißt aber nicht, dass es allen entspricht. Problematisch wird es, wenn es zur ausschließlichen, allumfassenden Beschreibung einer Persönlichkeit oder einer Identität wird. Wenn es zur einzigen Erzählung einer Geschichte wird und mir dieses Narrativ aufgedrückt wird. Meine Identität ist etwas sehr Kontextabhängiges und Facettenreiches. Oft wird sie aber auf ein Merkmal reduziert.

Sobald du in einer Gesellschaft zum sogenannten Mainstream gerechnet wirst und nicht als Minderheit markiert bist, kommst du nicht in die Situation, dass du dich rechtfertigen musst. Du hast einen freien Handlungs- und Entwicklungsrahmen und kannst dich in verschiedene Richtungen und Ebenen entfalten. Wie gut das gelingt, hängt von dir selbst ab. Wenn du zu einer Minderheit gehörst, musst du dich erst beweisen, bevor du loslegen kannst.“

Du gehst in dem Kapitel „Mein anderes Europa“ auch auf die „Konstruktion des Anderen“ ein. Was genau passiert beim „Othering“ und was macht diese Andersmachung mit den Menschen und der Gesellschaft?

„‚Othering’ ist ein aktiver, gesellschaftlicher Prozess, in dem ein Mensch als fremd markiert wird. Das kann z.B. anhand der Sprache, der Religion oder der Hautfarbe passieren. Die Faktoren, die fremd gemacht werden, sind variabel und können sich mit der Zeit auch ändern. ‚Othering’ ist größtenteils negativ konnotiert, auch, wenn es manchmal positiv erscheint. Wenn es in den Exotismus kippt zum Beispiel. Einen Menschen aufgrund des Aussehens als exotisch und faszinierend zu beschreiben oder aufgrund vermeintlicher beziehungsweise realer kultureller Unterschiede, bleibt aber trotzdem eine ‚Andersmachung‘.

Es gibt eine Dynamik, nach der bestimmte Merkmale für eine gewisse Zeit als fremd markiert werden. Als Beispiel nehme ich gerne den männliche Vollbart. Diese Art der zur Schau getragenen Gesichtsbehaarung wurde bis vor einiger Zeit noch als fremd markiert – einer der negativsten Assoziationen war die des muslimischen Mannes. Die Hipster-Hype hat diese Art des Barttragens aber jetzt für sich beansprucht. Wenn du heute einen Mann mit Vollbart siehst, wirst du ihn nicht zwingend als einen Muslim lesen. Umgekehrt ist es so, dass es vor ungefähr 100 Jahren, auf dem Land üblich war, dass Frauen Kopftuch trugen. In unserer heutigen Zeit ist das inzwischen  als etwas Fremdes markiert. Das zeigt, dass diese Fremdmarkierungen einem dynamischen Prozess unterliegen.“

In dem Kontext sprichst du von einer Machtfrage. Kannst du das näher erläutern?

„Dieser Machtaspekt zeigt sich in unserer Gesellschaft an einer bestimmten Norm, die nicht benannt wird. Was benannt wird, ist das, was davon abweicht, ist das, was anders ist, das was für ungewohnt erklärt wird. Weißsein, also das Nichtbenannte, ist immer verknüpft mit dem Neutralen, mit dem Objektiven. Dadurch wird dir, wenn du anders bist, immer das Gefühl gegeben, du müsstest dich erklären, als hättest du eine Bringschuld. Das Individuum wird dabei, außerhalb der Norm, nicht berücksichtigt. Diese Deutungshoheit macht das Machtgefälle sichtbar.“

Du erklärst auch, wie wertend schon in Kinder- und Schulbüchern über die „Anderen“ berichtet wird. Bringen wir schon Kindern Rassismus bei, wenn sie durch solche Narrative von Beginn an lernen das Fremde argwöhnisch zu betrachten?

„Wenn wir uns den Lehrplan anschauen, was für Geschichten und Biografien in den unterschiedlichen Fächern gelehrt werden, dann beginnt dort eigentlich schon dieses ‚Othering’. Da gibt es ganz spannende Studien von Wissenschaftler*innen zu. Wenn es in Erzählungen zum Beispiel um verschiedene arabische Länder geht, wird bei Einkaufsmöglichkeiten oft von einem Basar gesprochen. In den Ländern des Nordens ist es aber das Shopping Center. Als ob es in Dubai kein Shoppingcenter gibt.

Da werden dann ganz bestimmte Bilder bedient. Ein anderes Beispiel ist die Tatsache, dass in Österreich die erste und zweite Türkenbelagerung sehr stark thematisiert wird. Das wirkt nachhaltig im kollektiven Gedächtnis und wird immer wieder befeuert oder wiederbelebt, wenn es gerade gebraucht wird. Dass die Französ*innen Wien zweimal besetzt haben und Napoleon sogar Schönbrunn eingenommen hat, ist nie ein Thema. Es ist sehr interessant, wie mit Geschichte umgegangen wird. Welche Narrative wirkmächtig sind. Und welche Narrative mit der Zeit eben wirkmächtig werden können, weil sie von klein auf schon im Bewusstsein angelegt werden.“

Du sprichst von einer doppelten Identität mit der Muslim*innen in Europa leben. Dazu schreibst du, dass Anmerkungen zu Europa aus deiner Perspektive „aus der Mitte der Gesellschaft, aber auch vom Rand aufgrund der Erfahrungen und der Fremdverortung“ kommen. Kannst du erklären, wie du es schaffst diese zwei Identitäten für dich zu vereinbaren?

„Ich verfolge da den Gedanken des französischen Philosophen Derrida und des Phänomens der Grenzgänger*innen. Zum einen befinde ich mich in der Mitte der Gesellschaft, denn ich lebe hier, ich arbeite hier. Ich gehe hier einkaufen und besuche dieselben Geschäfte und Orte, wie alle anderen. Ich habe also meinen Lebensmittelpunkt in der Mitte der Gesellschaft und bin ein aktiver Teil davon. Durch den medialen, gesellschaftspolitischen und den wissenschaftlichen Diskurs werde ich aber immer wieder am Rand verortet und finde für mich selbst dort auch einen Platz, den ich einnehmen kann. Ich stehe also im Zentrum, aber auch am Rand und wechsle dazwischen – so verstehe ich den Begriff der Grenzgängerin.

Derrida erklärt, dass man aus dieser Perspektive etwas Produktives ziehen sollte. Am Rand der Gesellschaft verändert sich nicht nur meine Position, sondern auch mein Blickwinkel auf die Mitte. Ich erkenne blinde Flecken, die andere nicht sehen können. Auf gewisse Fehlentwicklungen kann ich die Gesellschaft aufmerksam machen. Außerdem kann an den Rändern Solidarität mit anderen Menschen entstehen. Ich kann mich für sie stark machen und mich mit ihnen vernetzen. Jede*r muss sich auch der Verantwortung bewusst werden, über welche Privilegien sie*er verfügt und, wie diese für andere genutzt werden können.“

Der Lösungsansatz, den du zitierst, baut ebenfalls auf den Thesen vom Philosophen Derrida auf. In dem Zusammenhang sprichst du von einer Aufarbeitung der Geschichte, einem „neuen Blick auf die Vergangenheit (…) um den „Islam“ und „den Westen“ nicht als homogene, in sich abgeschlossene Entitäten gegenüberzustellen“. Wie könnte ein neuer, gesamtgesellschaftlicher Blick auf die Vergangenheit aussehen?

„Dieser Blick in die Vergangenheit bedeutet, dass Geschichte neu geschrieben und neu erzählt werden muss. Der Islam ist in Europa schon sehr lange präsent. Auf gesetzlicher Ebene gibt es in Österreich seit über 100 Jahren ein Islamgesetz, das zumindest den rechtlichen Status sicherstellt. Darüber hinaus sind die islamischen Kulturen seit über 800 Jahren sichtbar: in der Kunst, Sprache, Architektur und in den Essgewohnheiten. Menschen unterschiedlichster Herkunft, Religion, Sprache und Hautfarbe haben je her Europa mitgestaltet, mitgeprägt und beeinflusst. Eben auch Muslim*innen. Es ist wichtig, das aufzuzeigen und sichtbarer zu machen. Es eröffnet die Möglichkeit einer inklusiveren europäischen Identität, in der der Islam ganz selbstverständlich ist und Muslim*innen ihren Platz einnehmen können.

Es geht aber nicht nur um diesen Blick zurück, es braucht auch einen anderen Blick in die Zukunft. Politiker*innen müssen mutiger werden und sich trauen, in Visionen zu denken, die alle Menschen inkludieren. Eine starke solidarische, repräsentative, soziale Gesellschaft heißt auch, dass es eine ökonomische Umverteilung von Ressourcen und Macht braucht. Das bedeutet einen anderen Zugang zum Arbeitsmarkt, zur Bildung, zum Wohnmarkt. Der ist momentan nicht für alle gleichermaßen vorhanden.

Grundlage dafür bildet die Möglichkeit zu sprechen, über sich selbst und seine Bedürfnisse. Aber auch über die Ideen für eine bessere, solidarische Gesellschaft. Denn es stellt sich noch immer die Frage: Wer spricht, wem wird zugehört? Auch hier gibt es ein Ungleichgewicht. Es ist an der Zeit, dass die Unprivilegierten, die Überhörten und diejenigen ohne Gewicht und Einfluss zu Wort kommen! Die Gesellschaft ist bunt. Wir sind da. Die Frage ist nicht ob, sondern wie wir gemeinsam leben. Es kann nur gemeinsam vorwärtsgehen, aber wir brauchen in diesem, wie wir miteinander leben, wie wir miteinander umgehen, eine neue Art der Kommunikation.“

Nach der Ibiza-Affäre und dem Misstrauensvotum ist Sebastian Kurz in Österreich als Bundeskanzler abgesetzt worden. Du hast dich dazu geäußert und geschrieben: „Damit geht eine Ära zu Ende, die für viele Benachteiligung und Rassismus bedeutet hat.“ Kannst du näher erklären, welche Folgen diese Regierung für Österreich hatte? Und mit welchem Gefühl blickst du den Neuwahlen im Herbst 2019 entgegen?

„Während der letzten Jahre wurden von der Regierung viele Leistungen im Bildungsbereich und der Integration gekürzt. Der Sozialstaat wurde Stück für Stück abgebaut und jenen, die sich bereits in einer privilegierten Position befinden, wurden mehr Vorteile verschafft. Damit sind Minderheiten noch weiter an den Rand gedrängt worden. Es wurde sehr viel Symbolpolitik betrieben, wie zum Beispiel mit dem Kopftuchverbot an Grundschulen, dessen Relevanz gleich null ist. Es ging nur darum viel Lärm zu machen und Rassismus in die Form eines Gesetzes zu gießen und die besorgten Bürger*Innen abzulenken. Dies und viele andere Dinge haben zu Frustration und Missmut geführt. Deshalb haben sich viele Menschen darüber gefreut, dass diese Regierung ihr Ende gefunden hat. Es war einfach untragbar und unseres Landes nicht würdig.

Andererseits, muss man auch sagen, dass die FPÖ und die ÖVP versucht haben das Land zu spalten. Es ist nicht klar, wie es weitergehen wird. Die FPÖ hat nach dem Ibiza-Video und ihren skandalösen Aussagen bei der Europawahl kaum einen Schaden davongetragen. Das zeigt mir vor allem, dass jene, die mit ihnen nicht einverstanden sind, lauter und präsenter werden müssen. Es ist wichtig, dass deren Verhalten noch konsequenter verurteilt wird. Ich bin mir sicher, dass es ein heftiger Wahlkampf werden wird. Die Prognosen, die besagen, dass ÖVP und FPÖ gestärkt aus allem hervorgehen, sind nicht zu unterschätzen. Die Neuwahlen bieten aber auch den anderen Parteien eine Chance sich klar zu profilieren und sich auf die eigenen Stärken zu fokussieren.“

Du hast es gerade erwähnt: In Österreich wurde in diesem Jahr ein Kopftuchverbot für Grundschüler*innen verabschiedet. Warum glaubst du, dass damit Niemandem geholfen ist?

„Das Gesetz wurde von der damaligen Regierung unter dem Vorwand die Mädchen zu schützen, verabschiedet. Vor wem denn? Vor ihren Eltern oder ihrer eigenen Religion? Das ist lächerlich. Es wird argumentiert, dass das zum Wohle der Mädchen passiert. Die Menschen, die das fordern mutieren in dieser Situation zu Feminist*innen, sind aber sonst ganz leise, wenn es um die Rechte von Frauen geht. Oder schlimmer noch: Sie unterstützen die Kürzungen bei frauenpolitischen Angeboten, die wichtige Arbeit für die Unabhängigkeit der Frauen in der österreichischen Gesellschaft leisten.

Sich auf die muslimischen Mädchen einzuschießen ist heuchlerisch. Im pädagogischen Kontext heißt es, wenn man jemanden schützen und befähigen möchte, ist es sehr wichtig, diese Person ernst zu nehmen, ihre Autonomie zu stärken, ihr eine Stimme zu geben, aber doch nicht über Verbote.“

Zu dem Thema hast du dich vor kurzem in der Sendung „Im Namen des Volkes“ geäußert. Dort sagst du, dass du nicht glaubst, dass es von Vorteil ist religiöse Symbole, wie das Kopftuch, Kreuz, die Kippa aus der Schule zu verbannen. Warum ist das nicht der richtige Weg?

„Das läuft ja alles unter dem Deckmantel der Neutralität: neutrale Schule, neutrale Lehrer*innen. Was soll das denn sein? Wie zeigt sich denn Neutralität? Ist ein Hosenanzug neutral? Das Thema Neutralität wird von manchen sehr eigenwillig verstanden. Ich bin davon überzeugt: Es gibt keine neutrale Kleidung. Wichtig ist doch, dass man transparent ist, dass man sich zu demokratischen Werten bekennt und diese auch einhält. Es gab in Österreich in letzter Zeit einen Fall, bei dem ein rechtsgesinnter Lehrer ein Kind bestraft hat, indem er ihr*ihm Videos von Identitären mit islamfeindlichen Inhalten gezeigt hat. So eine rechte Gesinnung erkennst du nicht von außen. Da kannst du auch nicht sagen: ‚Ah ja die Hemdträger*innen‘.

In den Schulen lernen Kinder miteinander umzugehen. Die Schule ist der Ort, an dem sie befähigt werden mit Differenzen umzugehen und sich selbst Wissen und Kompetenzen anzueignen. Dafür werden bestimmte theoretische und praktische Inhalte vermittelt. Zu sagen, die Religion lassen wir jetzt weg, macht keinen Sinn. Wie sollen die Kinder außerhalb der Schule lernen damit umzugehen? Es ist doch viel sinnvoller, das genauso zu inkludieren. In der Pädagogik gilt: Alles was die Lebenswelt der Schüler*innen betrifft, ist auch für die Schule relevant.“

Warum bist du es Leid andere davon zu überzeugen, dass Frauen mit Kopftuch ein selbstbestimmtes Leben führen können?

„Selbstbestimmt leben, heißt tatsächlich selbstbestimmt. Das heißt, ich treffe meine Entscheidungen. Ich bestimme über meine Handlungen. Es ist nicht meine, nicht unsere Aufgabe, sicherzustellen, dass das für andere Menschen auch in Ordnung ist. Für manche Muslim*innen führt das nämlich dazu, dass sie sich von jemand anderem Akzeptanz, Anerkennung und letztendlich eine Erlaubnis für ihre Existenz erhoffen. Einige beginnen deshalb sich von ihrer Community oder ihrer Religion abzuwenden. Es ist ganz wichtig, diesen Komplex abzulegen. Das öffnet Türen für Argumente, die uns nirgendwo hinbringen. Ganz im Gegenteil, es wird immer schlimmer, wenn man da einmal anfängt. Es nimmt Energie und das ganze Potenzial liegt brach. Anstatt sich auf die eigene Entfaltung zu konzentrieren, muss irgendwelche Überzeugungsarbeit geleistet werden.

Ich fände es interessant, den Menschen Mal den Spiegel vorzuhalten und zurück zu fragen: ‚Wie überzeugst du denn die Menschen davon, dass du deine blaue Hose heute selbstbestimmt angezogen hast?’ Die würden das für absurd halten.“

Amani Abuzahra, Mehr Kopf als Tuch: Muslimische Frauen am Wort, Tyrolia, 144 Seiten, 14,95 Euro.

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