Foto: www.petissapan.com

„Ich wehre mich” – ein Brief an meinen mehrjährigen Stalker

Stalking ist schwer zu greifen, es wird häufig nicht oder nur erfolglos zur Anzeige gebracht, da es äußerst schwer zu beweisen ist. Ich lebe seit vier Jahren mit Stalking und Cyberstalking durch einen Exfreund, von dem ich mich 2013 trennte. Nun habe ich ihm einen Brief geschrieben.

Lieber Stalker,

denn, obwohl ich dich seit circa einem Jahr nicht mehr als solchen ansehe und empfinde, rein rechtlich gesehen bist du es. In diesem Monat ist es vier Jahre her, dass wir uns getrennt haben. Und seit diesem Juli im Jahr 2013 lässt du nicht eine Woche aus, um dich nicht irgendwie in mein Leben zu spielen. Manchmal täglich. Auf die unterschiedlichsten Arten und Weisen. Du denkst an mich – deswegen soll ich gefälligst auch an dich denken. Dazu nutzt du deine bemerkenswert hohe Intelligenz (IQ 147?), deine Skills (IT undGott weiß was noch alles) und deine eigenen Mitarbeiter in deinen (vier?) Firmen. Wie alt bist du jetzt, 56 Jahre? Und wie sieht es mit deinem Kontostand aus? Millionen oder bereits Milliarden?

Stalker sind unglückliche Menschen, die Unglück in das Leben anderer bringen.

Und nein, du stalkst mich nicht wegen verschämter Liebe und daraus resultierender Sehnsucht und verletzten Gefühlen. Das war es vielleicht anfangs kurz. Heute stalkst du nur noch aus deiner Lust an Macht und Kontrolle heraus, welche auf bösartiger Rache basiert. Nicht zu vergleichen mit meiner Vorliebe für kreativen, frechen Unfug, den ich so mag.

Geht es dir um Macht?

Du lebst ein privilegiertes Leben: Mehrere Sportwagen von denen viele träumen und so nebenbei noch dem Pilotenschein mit eigenem Flugzeug. Du hast Kontakte zu meinem ehemaligen Oberschlumpf, dem du mich 2013 auch vorgestellt hast. Du kennst Stars und Sternchen und eine Menge der deutschen und internationalen A-Prominenz persönlich, da du deren Security Berater bist oder warst. Mit einer berühmten Sängerin gehst du gelegentlich im Pazifik schwimmen. Auch ihre Security hast du übernommen, in genau dem Jahr, in dem wir uns getrennt haben.

Für Schutz steht also eine deiner großen Firmen. Sogar zwei, nicht? Denn eine Zweite ist deine Detektei. Und trotz allem, was dir an enorm großem Glück und reichtumsbringendem Erfolg die vergangenen Jahre zugespielt wurde: Du läßt mich nicht los. Seit über vier Jahren bereits. Einen besseren Garanten dafür, dass großer Reichtum allein eben nicht glücklich macht, gibt es für mich nicht.

Wahren Reichtum hat nur der, der ihn in sich trägt. Unabhängig von materiellen Gütern und Bestätigung von außen.

Geschickt hast du dich in die Beziehung von mir und meinem Ex gespielt. Versucht uns gegeneinander auszuspielen und aufzuhetzen und es bei ihm geschafft, ihn manipuliert und so weit gebracht, dass er dir sämtliche intimsten Details und Privatsachen aus unserer Beziehung weitertratschte, alles verraten hat. Informationen, die du danach genutzt hast, um mich bloßzustellen und zu verletzen.

Ich habe keine Angst mehr

Nun, heute zieht das alles nicht mehr. Auch die Handys und PC’s einer Angela Merkel, anderer Politiker, Wirtschaftsbosse und weiteren Mittelständlern werden gehackt. Meine Gefühle und Verletzungen, die von euch beiden ausgegangen sind, habe ich vor einem guten Jahr endgültig begraben.

„When a man hates himself, he takes it out on the woman who loves him. Always remember this.”

In diesem Hinblick habe ich euch beide geheilt, was? Jahrelang habt ihr euch als die großen Verführer präsentiert. Monatsweise mit den heißesten Frauen – fröhlich wechselnd – an euren Seiten. Dann wart ihr mit mir zusammen und danach seid ihr nun endlich wieder mal richtig verliebt und beide seit dem Monat unserer jeweiligen Trennungen, noch mit derselben Frau glücklich liiert bis heute. Dafür dürft ihr mir dankbar sein. Denn irgendetwas habe ich in euch bewegt.

Ich wehre mich jetzt

Stalking steht in der deutschen Strafverfolgung leider noch ganz am Anfang. Es ist schwer nachzuweisen, einem Profi wie dir sowieso. Beim Anwalt war ich schon für Tipps und Infos und sammle seitdem fleißig und ziehe die Infos offline. Stalking soll nicht totgeschwiegen werden. Der erste Schritt ist damit an die Öffentlich zu gehen. Das rate ich allen, die davon betroffen sind. Und das ist auch der Rat der Rechtsanwälte, die sich bei Stalking einsetzen. Das auch, um dem Stalker zu helfen, der einem Trieb unterworfen ist. Und zwar so früh wie möglich.

Diesen Zeitpunkt habe ich vor drei und vier Jahren leider verpasst. Ich war mit anderen Dinge beschäftigt: neuer Lebensweg, ein paar privaten Problemchen, Umzug, Job. Das hätte ich aber wissen müssen, aus meiner langjährigen Laufbahn als Polizistin. Heute weiß ich es. Ich musste es einsehen, nachdem sich in den ganzen vier Jahren nichts geändert hat.

Du wußtest damals, wann ich wo war und was ich mit wem schrieb. Und vermutlich weißt du das noch heute. Dies ist ein Eingriff in mein Privatleben, an dem sich nichts geändert hat. Völlig egal dabei, wie ich mit dieser Geschichte umgegangen bin. „Ignorieren”, hat man mir geraten, und „bald hört er damit auf” – hast du aber nicht.

Wann hörst du endlich auf?

Nach zwei Jahren habe ich ein Buch unter Pseudonym über die ganze Geschichte geschrieben. Nicht völlig wahrheitsgetreu und der Phantasie damit Spielraum lassend, aber doch als „meine Seite der Geschichte” und um gemeinsame Bekannte wachzurütteln. Brachte nichts. Du bliebst dran. Und falsche Freunde waren weg.

I’m making changes in my life. So if you don’t hear from me then, you are one of them.

Nun ist das wieder zwei Jahre her und was machst du: Es vergeht kaum ein Tag, an dem ich die Nachrichten auf meinem Blog checke und du mir nicht geschrieben hast. Manchmal einmal, manchmal bis zu 15 Nachrichten. An einem einzigen Tag. Gut, du schreibst gern. Das weiß ich noch aus den Stunden, die wir zusammen verbracht haben – und du quälst gern.

Wie hast du dich mir einmal nach der Trennung beschrieben? Als maligner Narzisst. Und ich hatte damals das selbe Mitgefühl für dich, wie ich es heute für dich habe. Ganz egal was du tust. Nur zwischendurch war dieses Mitgefühl auch mal weg. Ein maligner Narzisst also. Das ist jemand der physisch oder/und psychisch dominant, bösartig und zerstörerisch ist. Der Freude daran hat, wenn er anderen zusetzt und es diesen Leuten schlecht geht.

Deine Vergangenheit rechtfertigt dein Verhalten nicht

Ich weiß auch, dass du dich damals bereits damit profiliert hattest, über die Leben deiner Ex-Freundinnen Bescheid zu wissen. Was ich äußerst befremdlich fand. Deine Aussage, „du seist von der Maus (eine ähnlich Kindheit wie die meine) zur Ratte geworden“, finde ich verwerflich. Niemand muss vom Opfer zum Täter werden. Du aber bist stolz darauf, oder kannst es nicht anders.

„How you treat others is how you really feel inside.”

Auch deine schnelle unverständliche Kränkbarkeit, typisch Narzisst. Nun schreibe ich noch in einigen anderen Portalen, als nur auf meinem Blog und betreibe dort sehr aktiv Networking. Was machst du? Du nimmst dir tatsächlich die Zeit, immer mal wieder einen Beitrag dort zu veröffentlichen, bei dem ich nach wenigen Zeilen, die ich interessiert lese – denn du schreibst gut – erkenne, dass es unsere Geschichte ist. Mal wieder. Deine Nachrichten hier lese ich nicht mal. Ein Blick genügt, speichern, löschen. Inzwischen bin ich hin und hergerissen dazwischen es fraglich, merkwürdig oder gar amüsant zu finden.

Und trotzdem glaubt man dir und nicht mir

Was ich sehr befremdlich fand, war dein Privatdetektiv – einer deiner Mitarbeiter, der monatelang immer wieder um mich herumgeschwirrt ist, bevor er sich mit den Worten, dass er nun wieder nach Berlin gehe, seine Wohnung allerdings hier behalten würde, verabschiedete. Menschen, denen ich von dir erzählt habe, fanden dich teils gruselig. Oder sie fanden mich unglaubwürdig. Skurrile Geschichte, nicht?

Heute habe und in Zukunft werde ich ausschließlich noch Leute in meinem engeren Kreis haben, die mit dieser ganzen Angelegenheit in der Lage sind umzugehen.

„Cutting people out of my life does not mean I hate them. It simply means I respect me.”

Ich bin stark und lebe ein gutes Leben, von dem du einfach nicht lassen kannst. Dein Stalking gehört zu mir wie eine chronische Krankheit eines Erkrankten und eine neue Herausforderung, mit der man dealen und umgehen lernen muss. Es gibt da diesen Spruch, den ich bis heute nicht verstehe, da er vermutlich mit meinem Wertesystem kollidiert: „Eine Frau muss erfolgreich mit erfolgreichen Männern schlafen, um irgendwann einen erfolgreichen Mann abzubekommen.” Einen größeren Mist – oder sagen wir: eine flachere Angelegenheit gibt es meiner Meinung nach nicht im Reich der Liebe, denn mit Liebe hat es herzlich wenig zu tun.

Du brichst mich nicht!

In den vergangenen Jahren habe ich so sehr wie noch niemals zuvor erlebt, wie wichtig wahre Freunde sind und wie unwichtig falsche. Für diese Erkenntnis bin ich sehr dankbar. Ich bin durch unsere Geschichte sehr viel stärker und gleichzeitig absolut frei geworden – von Meinungen anderer gänzlich unabhängig und ich bin auf einem sehr guten Weg und kenne mein Ziel. Auch dafür bin ich dankbar. Und ich brauche keinen „Fels in der Brandung”, allerdings auch keine schwachen und negativen Persönlichkeiten in meinem direkten Umfeld mehr, mein Fels bin inzwischen ich selbst. Mein Leben ist tough, kunterbunt, wunderbar.

„I have been fighting since I was a child. I’m not a survivor I’m a warrior.”

Manche, und das ist die ganze Wahrheit, überleben eine Kindheit wie wir sie hatten nicht. Das wir es getan haben, wird sich eines Tages ausbezahlen. Für mich. So, wie es sich das für dich bereits hat. Wir sind beide Spätzünder. Auch deine Karriere begann erst mit Mitte/Ende 30. Ist das der Grund, warum du nicht davon lassen kannst, meine Accounts zu hacken und in meine Privatsphäre einzudringen? Neugier? Die steht dir nicht zu. Denn ich akzeptiere dich, nach allem was war, nicht mehr als Teil meines Lebens. Dein Schnüffeln und Festbeissen stört mich aber nicht, nicht mehr.

Eigentlich tust du mir einfach leid

Was ich allerdings habe, ist einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Was du tust ist im Hinblick auf Grenzüberschreitung höchst bedenklich: Hacken, Stalken, Verleumden. Ich war und bin nichts von dem, was du anderen über mich erzählt hast. Du trägst eine Facette in dir, von der „deine Leute” nichts wissen. Oder nichts wissen wollen.

„A lie doesn’t become truth, wrong doesn’t become right, and evil doesn’t become good, just because it’s accepted by a majority.”

Ja, ich weiß, genau dieses Gutmenschentum hasst du so an mir. Mein Werte, meine Güte, den Willen alle Menschen bis zu einem gewissen Punkt gleich zu behandeln, immer für Schwächere einzustehen, Lügner und Heuchler lange gekonnt zu umgehen und wenn es unvermeidlich wird, irgendwann deutlich zu rügen und offen anzugehen.

Oder was mein anderen Exfreund an mir nicht mochte: dass mich sein Geld und Status nicht beeindrucken konnte. Ich mir stattdessen wünschte, dass er sich damit für soziale Gerechtigkeit und soziale Zwecke einsetzt. Wonach ich dich genauso befragt hatte.

„Never be afraid to raise your voice for honesty and truth and compassion against injustice and lying and greed. If people all over the world would do this, it would change the earth.”

Tja, so bin ich, war ich und bleibe ich.

Heute leidest nur noch du

Mein Wunsch für dich ist, dass du endlich (nach vier langen Jahren) mit mir und unserer Geschichte abschließt. Du hattest direkt nach mir deine neue Freundin, mit der du heute noch liiert bist. Ich habe euch zweimal zusammen gesehen und finde, dass ihr ein schönes und glücklich wirkendes Paar seid. Und, auch typisch für einen gefährlichen Narzissten: Um eine Person sehr lieben zu können, müssen sie eine andere Person in dem gleichen Maße hassen. Und für dich bin ich diese Person. Vielleicht weil ich der erste Versuch für dich war, nachdem du nach über einem Jahrzehnt endlich mal wieder in einer langjährigen Partnerschaft bist. Vielleicht weil ich einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort war. Vielleicht weil du mein ganzes Wesen zu nett findest. Vielleicht weil du einfach gefährlich bist. Maligner Narzissmus nämlich, ist kaum zu therapieren.

Sicher ist, dass du besessen von mir bist. Anders kann man das nach vier Jahren nicht mehr bezeichnen. Vor zweieinhalb Jahren trat ich auf dich zu und wollte Frieden und vergeben, was du bis dahin bereits schon angestellt hattest. Das wolltest du nicht. Vergeben habe ich dir trotzdem. Um meinen Frieden zu finden. Und was ich sonst noch tue: Dies als weitere Art eines „Warnschusses“ senden (wie das Buch vor zwei Jahren über dich).

„Your first mistake was thinking that I’m one of your sheep.”

Solltest du nicht aufhören, komme ich wieder. Sanft, aber an die Öffentlichkeit. Noch deutlicher. Noch direkter. Und irgendwann reichen meine Beweise aus und du machst einen Fehler. Such dir Hilfe. Gewollt, bewusst. Wo ein Wille ist, ist ein Weg … Denn unter deinem Stalking – diesem Trieb – leidest heute nur noch du selbst.

Dieser Beitrag ist bereits auf diesem Blog erschienen. Wir freuen uns, dass die Autorin ihn auch hier veröffentlicht.

Anmerkung der Redaktion

Wenn du selbst von Stalking betroffen bist, scheu dich nicht, juristische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Erst einmal kannst du dich auch über das „Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen” der Bundesregierung beraten lassen. Außerdem gibt es meistens spezielle Beratungs- und Hilfsangebote in deinem Umkreis.

Mehr bei EDITION F

Mary Scherpe: „Stalking ist etwas, das extrem bösartig ist.“ Weiterlesen

Stalking: Wenn dein Ex dich nicht gehen lässt. Weiterlesen

Wie die narzisstische Persönlichkeitsstörung eines Kollegen für mich in Psychoterror endete. Weiterlesen

Anzeige