So bunt und politisch war der 41. Christopher Street Day in Berlin

Hinter dem Christopher Street Day steckt sehr viel mehr als nur eine bunte Party: Es geht darum, an die Ursprünge der LSBTTIQ*-Community zu erinnern und zu zeigen, dass der Kampf um sexuelle Selbstbestimmung noch nicht vorbei ist.

Mehr als eine bunte Party

Dieses Jahr zog der Christopher Street Day (CSD) zum 41. Mal durch Berlin. Vom Ku’damm bis zum Brandenburger Tor wurde gefeiert, Fahnen in allen Farben geschwenkt und wie immer auch eine politische Botschaft verbreitet. Denn hinter der guten Laune steckt ein langer Kampf, an den die Berliner Organisator*innen mit dem diesjährigen Motto erinnern möchten: „50 Jahre Stonewall – jeder Aufstand beginnt mit deiner Stimme“.

Wir haben euch zusammengefasst, was vor 50 Jahren passiert ist und viele Momente des diesjährigen CSDs eingefangen.

Der Ursprung der LSBTTIQ*-Community

Vor 50 Jahren, am 28. Juni 1969, wehrten sich Homosexuelle in New York das erste Mal gegen die Diskriminierung und Gewalt der Polizei. Es war eine Zeit in der die Liebe zwischen zwei gleichgeschlechtlichen Personen noch als Krankheit galt und gleichgeschlechtlicher Sex unter Strafe stand. Viele Menschen mussten ihre wahre Identität leugnen oder konnten sie nur in Bars, wie dem Stonewall Inn in der Christopher Street, ausleben. Genau hier kam es, wie so oft, zu einer Razzia. Doch anstatt die Polizeigewalt wie sonst still über sich ergehen zu lassen, wehrten die Besucher*innen der Bar sich dieses Mal: Sie warfen mit Flaschen und Steinen, wollten die Ungerechtigkeit und Diskriminierung nicht mehr über sich ergehen lassen und ihren letzten Rückzugsort verteidigen.

Die Unruhen zogen in der Nacht immer mehr Menschen an, Tausende beteiligten sich an dem Kampf gegen die Polizei und erst nach sechs Tagen kehrte in der Christopher Street Ruhe ein. Dieser Protest ging in die Geschichte als Beginn der Schwulen- und Lesbenbewegung ein. Und ab dem Zeitpunkt änderte sich das Bewusstsein vieler Menschen: Es wurde endlich wahrgenommen, dass die queere Community von den Behörden und der Gesellschaft diskriminiert wurden.

Ein Jahr später, am gleichen Tag und am gleichen Ort, trafen sich rund 4.000 Mitglieder aus der queeren Szene, um an den Aufstand zu erinnern. Aus diesem Treffen entwickelten sich über die Zeit hinweg die jährlichen Demonstrationen. Zunächst verbreiteten sie sich in den USA, später auch in Europa. Der erste CSD in Deutschland fand zehn Jahre nach Stonewall statt.

So sieht es heute aus

Stonewall ist bis heute das Symbol für den Kampf um Selbstbestimmung der LSBTTIQ*-Community. Aus diesem Grund ernannte Barack Obama das Stonewall Inn zum ersten National Monument für die queere Community. Vor 50 Jahren hätte das niemand erwartet, geschweige denn zu hoffen gewagt, dass wir heute beispielsweise die Ehe für alle und ein drittes Geschlecht haben.

Doch ein vollkommen selbstbestimmtes Leben, frei von jeglicher Diskriminierung, ist trotz der vielen Fortschritte noch nicht überall möglich. In vielen Ländern Afrikas und Asiens steht Homosexualität immer noch unter Strafe und selbst in den USA, wo alles angefangen hat, beherrschen Diskriminierung und Abneigung noch den Alltag vieler Mitglieder der LSBTTIQ*-Community. Erst vor kurzem hat der US-Amerikanische Präsident Donald Trump verboten, dass trans Menschen im Militär dienen oder amerikanische Botschaften zum Gay-Pride-Month Regenbogenflaggen hissen dürfen.

6 Forderungen des Berliner CSD

Aufgrund solcher Diskriminierungen wie in den USA, wird beim CSD nicht nur gefeiert, was bisher erreicht wurde, sondern es wird vor allem auch gegen immer noch andauernde Missstände demonstriert. Jedes Jahr erstellen die Organisator*innen eine Liste mit Forderungen, die ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen sollen.

Das sind die sechs Forderungen des CSDs 2019 in Berlin:

  1. Erstes inklusives Wohn- und Kulturzentrum für Lesben in Berlin
  2. Ein professionelles Diversity-Management für die Mitarbeiter*innen der Berliner Verwaltung und in den kommunalen Unternehmen
  3. Bleiberecht für alle bedrohten LSBTTIQ*
  4. Aktiv gegen Rechts!
  5. Zur Hölle mit dem Patriarchat!
  6. Stigmatisierung und Ausgrenzung HIV-positiver Menschen stoppen! Informieren statt Diskriminieren! Leben mit HIV – ganz normal!

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