Foto: Robin Hammond

„Where love is illegal“ – eine berührende Fotoserie über LGBTI-Menschen

In vielen Ländern sind homo-, intersexuelle und trans Frauen und Männer immer noch in Gefahr – schlicht, weil sie einander lieben. Der Fotograf Robin Hammond erzählt ihre Geschichten.

Wo Liebe illegal ist

In den letzten Jahrzehnten hat sich, global gesehen, die gesetzliche und gesellschaftliche Lage für homosexuelle, intersexuelle und Transmenschen einiges getan. Dennoch gibt es weiterhin 72 Länder auf der Welt, die Gesetze gegen sexuelle Aktivitäten von diesen Gruppen haben – und die Mitglieder damit kriminalisieren und mancherorts mit dem Leben bedrohen. Und es bedeutet, dass diese Menschen, ihre Liebe nur heimlich ausleben können.  Außerdem steigen Gewalt und Stigmatisierung von LGBTI-Personen weltweit wieder an.

Der neuseeländische Fotograf Robin Hammond ist mehrere Jahre um die Welt gereist, um diesen Menschen und ihrer Liebe fotografisch Raum zu geben. Außerdem ist jedes Bild mit einem kleinen Text verknüpft, in dem die Porträtierten zu Wort kommen. Entstanden ist das Projekt „Where Love is illegal”. Der gleichnamige Instagram-Account hat 173.000 Follower. Seit 21. Juni ist eine Schau seiner Arbeit in Berlin zu sehen. Wir freuen uns, eine Auswahl der gezeigten Bilder und ihrer Texte hier zeigen zu können:

Nigeria, April 2014

Bild: Robin Hammond

„Im Dezember 2013 wurde Buje (Name geändert) von einer Bürgerwehr, die mit den Sharia-Gerichten in Bauchi City zusammenarbeitet, aus seinem Haus entführt, weil sie vermuteten, er sei schwul. Sie verprügelten ihn und schlugen ihn mit Stromkabeln. Er wurde über 40 Tage lang im Gefängnis festgehalten.”

Kingston, Jamaika, 29. September 2016

Bild: Robin Hammond

„Der 41jährige jamaikanische Transmann Mo ist Kriminalpolizist. Er sagt: „Jamaikaner sind sehr intolerant und homophob, aber ich lebe mein Leben dennoch ohne Angst… Man weiß ja nie, wann man zur Zielscheibe wird… ich bin also immer auf der Hut.“ Mo lebt seit Jahren in einer Partnerschaft mit Pinkie, einer 30-jährigen Lesbe. Sie sagt, dass sie persönlich einer Diskriminierung wie LGBTQI+s sie normalerweise in Jamaika erleben, nicht ausgesetzt ist und erklärt das mit ihrer weiblichen Ausstrahlung. Sie sagt aber: „In Jamaica denken die meisten Leute nicht selbst, sie brauchen nur irgendwen, der sagt: ,also gut, du bist lesbisch, du musst sterben.’ Es ist, als würde die Masse losbrüllen ‚du musst sterben.’ Es gibt da niemanden, der sagt ‚lass sie einfach in Ruhe.’“

Russland, St. Petersburg, November 2014

Bild: Robin Hammond

„Im März 2011 war Darya Volkova spät abends auf dem Heimweg von einer Fahrstunde, als sie überfallen wurde. Sie wurde getreten und mit Baseballschlägern geschlagen, bis sie das Bewusstsein verlor. Blutend lag sie etwa vier Stunden auf dem Boden, bis man sie fand und ins Krankenhaus brachte. Nach der Operation setzte ihr Herz mehrere Male aus. Nachdem sie aus dem Krankenhaus entlassen worden war und sie sich eine Woche lang erholt hatte, ging sie zur Polizei: ,Sie haben mich nur ausgelacht’, sagt sie, ,du hast bekommen, was du verdienst, Lesben bedienen wir hier nicht.’ Von da an hatte sie Angst, sich in ihrem Viertel zu bewegen, also zog sie fort. Der Angriff wurde nie polizeilich untersucht. ,Ich hoffe, das Schicksal wird ihnen die gerechte Strafe zukommen lassen’, sagt sie.”

Uganda, September 2014

Bild: Robin Hammond

„,J’ und ,Q’ möchten ihre Identität aus Angst nicht preisgeben. Sie beschreiben die Bedingungen, unter denen sie leben so: ,Wir sind ein verheiratetes lesbisches Paar, dessen Ehe aber nicht anerkannt wird, weil Homosexualität in Uganda etwa Abnormales ist, eine Krankheit, die geheilt werden muss. Homosexuelle gelten als Aussätzige. Wir wurden verbal angegriffen (von Männern), die gesehen hatten, das wir ein Paar sind: ,Euch muss man vergewaltigen, damit man euch die Dummheit austreibt, ein anderes Mädchen zu lecken.’ Wir können nicht sagen, dass wir verheiratet sind, schon gar nicht, seit das Gesetz verabschiedet wurde: Dadurch ist mehr Aufmerksamkeit entstanden, und es hat die Gedanken vieler Ugander gegen die LGBTIQ-Community vergiftet. Das Gesetz macht das Leben als Lesbe in Uganda gefährlich.’“

Tunis, Tunesien, 3. Dezember 2016

Bild: Robin Hammond

„Der 37-jährige Waild (rechts) und der 26-jährige Abdesattar (links) sind seit fünf Jahren zusammen. Wegen der feindseligen Einstellung gleichgeschlechtlichen Paaren gegenüber in ihrer Gegend und der Gesetze, nach denen einverständliche sexuelle Handlungen zwischen Menschen gleichen Geschlechts Straftaten sind, halten sie ihre Beziehung geheim. ,Wir sind von hier nach dort gezogen, haben unsere Familie und unsere Freunde belogen. Wir mussten uns verstellen und so tun, als wären wir jemand anderer. Wir lieben uns, und wir werden uns niemals im Stich lassen. Egal, was passiert.’

Malaysia, Januar 2015
Bild: Robin Hammond

„Der 47-jährige Transmann Mitch Yusmar, gemeinsam mit seiner 39-jährigen Partnerin Lalita Abdullah, mit der er seit 17 Jahren zusammenlebt, und ihren Adoptivkindern, Izzy (9 Jahre) und Daniya (3 Jahre) in ihrem Zuhause in der Nähe von Kuala Lumpur, Malaysia. Mitch ist Senior Manager bei Seed, einer NGO, die sich um Obdachlose in Kuala Lumpur kümmert. Lalita ist Regional Learning und Development Managerin bei einer Öl- und Gasfirma. Ihre Beziehung wird vor dem Gesetz nicht anerkannt, und sie leben in der Angst, dass ihre Familie auseinandergerissen werden könnte, sollte Lalita je etwas passieren, denn nur sie wird vor dem Gesetz als Elternteil für die Kinder anerkannt.”

Südafrika, November 2014

Bild: Robin Hammond

„Steven Monjeza Soko und Tiwonge Chimbalanga wurden 2009 in ihrer Heimat Malawi festgenommen und 2010 der Sodomie und deren Förderung angeklagt, ebenso des Vergehens sittenwidriger Praktiken zwischen Männern, die gegen die Artikel 153 und 156 des malawischen Strafgesetzbuches verstoßen. Die beiden Männer wurden zur Höchststrafe von 14 Jahren verurteilt. Laut dem Richter war die Höhe der Strafe zum Schutz der malawischen Gesellschaft notwendig. Das Urteil widerspricht jedoch der malawischen Verfassung, ebenso wie verschiedenen internationalen Menschenrechtsverträgen, die der Staat unterzeichnet hat. Daher verursachte der Fall einen internationalen Aufschrei, und beiden Männern wurde die Strafe später unter der Bedingung erlassen, dass sie keinen weiteren Kontakt miteinander haben. Da er um seine Sicherheit fürchtete, flüchtete Tiwonge nach seiner Freilassung nach Südafrika.”

St. Petersburg, Russland, November 2014

Bild: Robin Hammond

„Auf dem Heimweg von einem Jazzkonzert nahmen ,O.’ und ,D.’ sich auf der Rolltreppe bei der Hand und küssten sich. Als sie aus dem Bahnhof kamen, fühlte ,O.’ plötzlich einen Atem im Nacken. ‚Scheiß-Lesben’ schrie der Fremde, drehte sich um und schlug ,D.’ ins Gesicht. ,O.’ versuchte, sie zu verteidigen, bekam aber ebenfalls einen Schlag ins Gesicht und rief: ,Wir sind bloß Schwestern!’ Er antwortete: ,Lüg nicht, ich habe gesehen, wie ihr euch geküsst habt, und ihr verbreitet LGBTI-Propaganda.’ Die Bemerkung bezog sich auf das kürzlich in Russland verabschiedete Gesetz gegen Homosexuellen-Propaganda unter Minderjährigen. Er trat und schlug weiter auf die beiden ein. Die ganze Zeit filmte sein Kollege mit dem Handy. ,O.’ sagt: ,Ich hatte eigentlich weniger Angst um mich selbst als um meine Liebste. Die Angst packte mich in dem Moment, als mir klar wurde, dass ich nichts tun konnte, um sie zu beschützen. In Russland ist es jetzt gefährlich für uns, Händchen zu halten. Aber wenn die Angreifer zum Ziel hatten uns auseinanderzubringen, dann sind sie gescheitert. Stattdessen haben Sie unsere Beziehung stärker gemacht.’“

Die Ausstellung ist noch bis zum 2. September in Berlin zu sehen.

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