Manchmal passiert etwas im Leben, das alles durcheinanderwirbelt. Zeitgleich kann sich eine Tür öffnen, die man vorher noch nicht gesehen hat. So ähnlich passierte es bei Nadja King, Anna Breidt und Frank Hoffmann, die drei Gründer*innen von Oyess. Jahrelang hatten die drei bereits erfolgreich in verschiedenen Konzernen der internationalen Beauty-Industrie gearbeitet. Beim letzten gemeinsamen Arbeitgeber führte sie das Schicksal dann zusammen. Mitten in der Pandemie im Sommer 2020 gab es eine betriebsbedingte Kündigung. Und da wuchs eine Idee und nahm nach und nach Form an. Vor dem Hintergrund klarer Werte, die ihnen dreien gemeinsam sind, gründeten sie schließlich Oyess. Und wir sprachen mit ihnen über den Mut, neue Wege zu gehen, die Verantwortung für unseren Planeten, das starke Wir-Gefühl und die Zukunft.
Wie kam es zu der Idee von Oyess?
Nadja: „Wir drei haben ja schon im Team erfolgreich bei einem Unternehmen zusammengearbeitet und wussten, dass wir zusammen sehr vertrauensvoll und effizient zusammenarbeiten können und uns auch funktional sinnvoll ergänzen. Zuallererst haben wir unsere gemeinsamen Werte formuliert als wichtige Grundlage unserer Zusammenarbeit. Erst danach haben wir die Marke und die Firma entwickelt. Dieses Fundament trägt uns bis heute und ist die Basis für unseren Erfolg und unser gutes Teamplay.“
Anna: „Ja, genau – wir möchten, dass Nachhaltigkeit keiner Entscheidung mehr bedarf, sondern dass es einfach und selbstverständlich ist, ,oh yess’ zu sagen. Damit wir auch einen relevanten Impact leisten können, haben wir uns in unserer Distributionsstrategie entschieden, kein typisches reines D2C Start-up zu gründen, sondern dort zu sein, wo der*die Konsument*in konkret nach Lippenpflege sucht – also im Handel, in der Drogerie, in der Parfümerie, im Biomarkt etc.. Natürlich kommen hier auch unsere Erfahrung und unser Netzwerk ins Spiel.“
Nadja, du hast mal in einem Interview verraten, von Gründung der Firma bis zur Kreation der Marke und Produktion eurer Produkte habt ihr fünf Monate gebraucht. Es sei der wildeste und schnellste, aber auch aufregendste Ritt deines Lebens gewesen.
Nadja: „Das stimmt. Wir haben in dieser Zeit immer von den ,Zombie-Nächten‘ gesprochen, da tatsächlich ein normaler Arbeitstag nicht ausgereicht hat, um alle Themen, die bei Gründung einer Firma und Entwicklung einer Marke passieren müssen, abzuarbeiten. Außerdem hatten wir Zeitdruck, da der Handel von uns die Produkte eben bis Anfang 2021 in den Regalen erwartet hatte. Ich war zu der Zeit in Elternzeit, mein Sohn war gerade mal fünf Monate alt. Für mich war damals klar, dass mein Kind vorgeht. Das bedeutete, dass ich gearbeitet habe, wenn er schlief. Aber diese Flexibilität zu haben war und ist auch heute noch ein großes Plus in unserer Arbeitskultur.
„Unsere Idee ist: recyceltes Plastik und Materialen zu verwenden, die bereits einmal den Kreislauf durchlaufen haben und ihn dann immer wieder durchlaufen können.“
Nadja King
Neben der Entwicklung der Marke gibt es viele organisatorische Themen bei der Gründung zu bewerkstelligen. Offen gesagt hatten wir mehrfach das Gefühl, dass einem das Thema Gründung nicht überall unbedingt einfach gemacht wird. Neben der Markenentwicklung war natürlich die Produktentwicklung entscheidend für unseren Erfolg. Wir wollten hier auch ganz bewusst ,the extra mile’ gehen, um ein ganz klar innovatives und hochqualitatives Produkt anbieten zu können.
So haben wir sehr viel Zeit und Engagement investiert, um eine maximale Menge von recyceltem Plastik bei unseren Sticks unterbringen zu können und damit die Kreislaufwirtschaft zu stärken. Unsere Idee ist: recyceltes Plastik und Materialien zu verwenden, die bereits einmal den Kreislauf durchlaufen haben und ihn dann immer wieder durchlaufen können. Und dann sollte das auch noch möglichst sexy und begehrlich aussehen, riechen, schmecken und als Produkt funktionieren und auch das haben wir geschafft. Die Inhaltsstoffe unserer Produkte sind zu 100 Prozent natürlich und alle unsere Produktionspartner sind in Deutschland, das heißt, wir haben kurze Lieferketten.“
Welche persönlichen Wünsche gingen der Gründung voraus?
Nadja: „Meine Perspektive hat sich nochmal drastisch geändert, als ich meinen Sohn bekam. Vielleicht war es eine Midlife Crisis, aber ich hab mich schon gefragt, was ich hier eigentlich für ihn hinterlasse und wie seine Zukunft aussehen soll. Für mich war klar: Ich möchte meine Zeit und Skills für etwas Sinnvolles einsetzen, was einen Impact schafft und ihm hoffentlich eine bessere Welt hinterlässt.“
Anna: „Ich habe schon immer dafür gekämpft, dass man sich nicht entscheiden muss, sondern sich fragen kann, wie und unter welchen Umständen es möglich ist, Familie und Job zu verbinden. Wir wollen allen da draußen Mut machen, dass Jede*r seinen eigenen Weg gehen kann.“
Frank: „Ich wollte mich nach den vielen Jahren als angestellter Geschäftsführer erst einmal orientieren. Ich war dann tatsächlich pilgern, ganz klassisch nach Santiago de Compostela mit Übernachtung in Klöstern, mit digital detox – ohne Termine; ich habe jeden Tag auf mich zukommen lassen. Als ich dann zurückkam, wusste ich intuitiv zwei Dinge: Ich wollte zukünftig selbstständiger arbeiten und die Dinge, die ich tue, sollten einen Sinn ergeben, für mich und auch für meine Lieben. Daher standen die Themen Gründung und Nachhaltigkeit ganz oben auf meiner Agenda.“
„Wir haben großen gegenseitigen Respekt, hören die Meinungen der anderen und setzen uns damit auseinander, um die für die Marke beste Lösung zu finden.“
Nadja, Anna und Frank, Gründer*innen von Oyess
Welche Menschen waren oder sind dabei Vorbilder für euch?
Nadja: „Vorbilder sind für mich alle, die sich bewusst für etwas entscheiden und diesen Weg dann auch gehen, weil es der eigenen Überzeugung entspricht. Auch wenn dies bedeutet, etwas ganz Neues zu kreieren oder mit alten Rollenmodellen zu brechen.“
Anna: „Meine Oma ist mein Vorbild. Sie ist kurz nach dem 2. Weltkrieg als Au-Pair nach Frankreich. ,Es gab nicht genug zu essen und ich hatte keine andere Wahl als mutig zu sein‘, sagte sie. Sie war mutig, offen und unfassbar neu- und wissbegierig. Sie hat mich immer bestärkt, ich selbst zu sein und nie aufzuhören, für meine Träume zu kämpfen.“
Frank: „Vorbilder… nicht im klassischen Sinn. Für mich ist wichtig, dass ich mir selbst treu sein kann und dass ich authentisch sein kann. Ich habe große Wertschätzung für die Möglichkeit, zusammen mit Anna und Nadja Oyess aufbauen zu dürfen.“
Ihr seid drei Gründer*innen. Warum ist das eine sehr gute Zahl fürs Gründen?
Alle: „Die Zahl ,3′ ist für uns ideal, weil es ausreichend Diversität und Austausch gibt, ohne dass es zu komplex mit zu vielen ,Köch*innen’ wird. Bei uns hilft, dass wir ähnliche Werte haben und zugleich unterschiedlich funktionale berufliche Erfahrungen und Schwerpunkte mitbringen. Wir haben großen gegenseitigen Respekt, hören die Meinungen der anderen und setzen uns damit auseinander, um die für die Marke beste Lösung zu finden. Ganz klar – und das muss auch so sein – haben wir auch Diskussionen und manchmal unterschiedliche Ansätze, finden dann aber einen guten und wertschätzenden Konsens. Außerdem hilft es ungemein in harten Zeiten auch Support zu haben, von jemandem, der genau versteht was man durchmacht, da er*sie es selbst durchlebt.“
Gründungen sind ja auch immer mit Zweifeln verbunden. Wie geht ihr mit ihnen um?
Nadja: „Zweifel sind erstmal notwendig und legitim, denn sie wirken ja auch oft als gute Warnhinweise, wie Schilder, die einem auch vor Augen führen, wo die eigenen Grenzen oder Hürden im Moment sind. Man muss sie ernst nehmen, ihnen Raum geben und sie sich ansehen und dann aber auch schauen, was denn wirklich dahintersteckt. Sind es valide Gründe oder eventuell alte Glaubenssätze, die einen von Wachstum abhalten? Wenn man weiß, was einen zurückhält, dann kann man viel klarer damit umgehen und sich dann fragen „unter welchen Umständen würde ich es denn tun?“ – einer meiner mittlerweile liebsten Sätze
„Man muss Zweifel ernst nehmen und schauen, was dahintersteckt. Sind es valide Gründe oder eventuell alte Glaubenssätze, die einen von Wachstum abhalten?“
Nadja King
Frank: „Statt Zweifeln möchte ich hier auch das Thema ,Fehler machen‘ einbringen. Ich war schon immer ein Befürworter einer guten Fehlerkultur, damit dadurch ein ,Machen‘ ermöglicht wird. Lieber Dinge ausprobieren, lernen und mutig sein als krampfhaft zu versuchen, alle Fehler zu vermeiden. Im übrigen haben wir in unserem Berufsleben durch unsere Seniorität schon einige Fehler machen dürfen und können dadurch einigen Stolpersteine bei Oyess ausweichen…“
Was macht Oyess einzigartig?
Nadja: „Mit Oyess haben wir eine Marke kreiert, die verbinden und motivieren soll, Nachhaltigkeit in den Alltag zu integrieren – ohne Verzicht auf gute Produktqualität, Style und die Notwendigkeit, tief in den Geldbeutel greifen zu müssen. Wir sprechen bewusst die Masse an, da wir so den größten Impact generieren können. Für uns steckt hinter der Marke ein Mindset und zwar, sich mit Dingen bewusst auseinanderzusetzen und dann zu versuchen, sie besser zu machen. So haben wir es in kurzer Zeit bereits geschafft, eine starke Community aufzubauen, die uns genau deswegen folgt und kauft. Gerade weil das Thema so hohe Relevanz hat und ankommt.“
Anna: „Wir haben in kurzer Zeit sehr viele Produkte verkauft und sind in sehr großer Distribution in jedem Drogeriemarkt in Deutschland vertreten. Mittlerweilse gibt es Oyess auch bereits in über zehn Ländern, da es auch im Ausland großes Interesse gibt.“
Frank: „Ganz klar: Wir als Team sind einzigartig. Alle sind erfahren in unterschiedlichen Funktionen und doch basierend auf einem gemeinsamen Wertegerüst.“
Hat die Entwicklung von OYESS euer Umweltbewusstsein und nachhaltiges Denken auch im Privaten zusätzlich geschärft?
Nadja: „Ich bin noch viel mehr sensibilisiert worden, mir Produkte und ihren Impact genau anzuschauen und mehr noch als früher zu hinterfragen.“
Anna: „Ich frage mich vor allem immer mehr: Brauche ich das wirklich? Denn auch wenn wir natürlich tolle Produkte verkaufen, ist doch immer die Frage, was verwendet man wirklich und was liegt nur rum und wird dann weggeworfen. Qualität ist mehr denn je für mich in ihrer Bedeutung gestiegen.“
Frank: „Ja, ich achte bei meinen Konsumentscheidungen jetzt noch bewusster darauf, was als echte Nachhaltigkeit umgesetzt wird und was nur ,greenwashing‘ bei einigen Marken ist. Merke: Nicht überall, wo Nachhaltigkeit draufsteht ist auch Nachhaltigkeit drin.“
Gebt uns doch bitte einen kleinen Ausblick in die Zukunft: Worauf dürfen wir uns freuen?
Nadja: „Die Weltherrschaft… Spaß beiseite. Wir wollen wachsen und mehr und mehr Konsument*innen erreichen, die sich unserer Mission anschließen. Wir sind immer auf der Suche nach Kategorien, die wir ,oyessifizieren‘ können und wo unser Konzept ,das Maximum an Nachhaltigkeit kombiniert mit Style‘ eine Verbesserung schaffen kann.
Anna: „Wir haben uns von Tag zwei an vorgenommen, eine globale Beauty Plattform zu entwickeln. Das bedeutet, dass wir uns weitere Kategorien anschauen und auch international weiter wachsen wollen. Aktuell haben wir zum Beispiel neue Handcremes, Body Lotions und Augenmasken gelauncht.“
Oyess – Loving Nature
Wenn ihr noch mehr über die Gründung, das Team, die Produkte und die Nachhaltigkeit bei Oyess erfahren wollt, besucht doch mal ihre Internetseite.