Foto: The CGBros | Youtube

„Dick ist hässlich!“ Wir brauchen wirklich keine Kinderfilme, die diese Message senden

Nur wer dünn ist, ist schön – diese Botschaft sendet das Marketing für eine neue Film-Adaption von Schneewittchen und die sieben Zwerge. Ist das wirklich das, was Kindern von einem Kinderfilm mitgegeben werden sollte? Nein.

Dicke Mädchen können nur innerlich schön sein?

Eigentlich könnte man meinen, es wäre mittlerweile Konsens, dass es eine gute Idee ist, Kinder frei von dem Druck groß zu ziehen, irgendwelchen Körperidealen entsprechen zu müssen. Und das macht man, indem man ihnen vermittelt und vorlebt: Schönheit hat nichts mit dem Körpergewicht zu tun. Nun, im Falle von der neuen „Schneewittchen und die sieben Zwerge“–Adaption schien diese Haltung leider keine Rolle zu spielen, denn im ersten Trailer und einer zu den Filmfestspielen in Cannes erschienenen Werbekampagne wird dem jungen Publikum leider folgende Botschaft mitgegeben: Nur wer dünn ist, ist schön. Auch wenn das, so die Macher, eigentlich überhaupt nicht der Plan war.
Aber von vorne:

Seit ein paar Tagen geistern Bilder der Werbekampagne für den Animationsfilm „Red Shoes and the 7 Dwarfs“ durchs Netz, auf denen Schneewittchen einmal in groß und schlank und einmal in einer kleineren, kurvigeren Version ihrer selbst zu sehen ist. Zusätzlich hat sich das Marketing-Team dazu entschieden, neben das kompaktere Schneewittchen diese Frage mit auf das Plakat zu packen: „Was wäre, wenn Schneewittchen nicht mehr so schön und die Zwerge nicht so klein wären?“ Gegenfrage: Im Ernst?

Genau diese Reaktion rief das Plakat auch in den sozialen Netzwerken hervor. Etwa bei dem Model Tess Holliday, die sich auf Twitter fragte, wie die Problematik dieses Text-Bild-Verbindung von einem gesamten Marketing-Team abgesegnet werden konnte und warum es in irgendeiner Form okay sein sollte, Kindern zu vermitteln, dass dick zu sein, bedeutet, hässlich zu sein.

Quelle: Tess Holliday | Twitter

Schock über dicke Beine – lustig, oder?

Verdammt gute Frage! Auch die Schauspielerin Chloë Grace Moretz, die der Figur ihre Stimme geliehen hat, reagierte auf Twitter sauer und schrieb, sie sei über die Plakate so wütend wie jeder andere – sie hätte nichts von der Idee gewusst. Aber nicht nur die Plakate, auch der erste Trailer zum Film sind in dieser Hinsicht mehr als fragwürdig. In ihm ist zu sehen, wie sich die Zwerge in Schneewittchens Zimmer unter dem Bett verstecken und ihr heimlich dabei zusehen, wie sie sich auszieht (tendenziell auch creepy), um dann geschockt und angewidert zu schauen, als sie sich nach dem Ausziehen der Schuhe in die kurvigere Version ihrer selbst verwandelt.

Klar, kommt der Schreck sicherlich auch wegen der Verwandlung an sich – aber hilfreich sind die produzierten Bilder für Mädchen und Jungs, die nicht rappeldünn sind, in Sachen Selbstbewusstsein ganz sicher nicht. Ach und natürlich rülpst Schneewittchen dann auch noch – klar, Dicke lassen sich halt gehen, ist doch klar. Diese Szene ist genauso mau, wie die ätzenden Diät- und Pummel-Geschichten in Frauenzeitschriften. Nur, dass sich der Film, und das macht es einfach noch schlimmer, an Kinder richtet. Warum das alles, fragt man sich. Auf der Website der Produktionsfirma „Locus Animation Studios“ heißt es zum Film „(…) a princess who doesn’t fit into the celebrity world of princesses — or their dress size”.

Es geht also um ein Mädchen, das, weil es nicht Size Zero trägt, weder in die Welt der Schönen und Berühmten passt, noch in die als gut befundenen Konfektionsgrößen. Aha. Na klar, es gibt ja auch keine kurvigen Frauen, die wunderschön und wahnsinnig erfolgreich sind … Wenn die Intention war, gegen solche Bilder vorzugehen, wieso wurde sich dann nicht dafür entschieden, einfach ein kurviges Schneewittchen zu zeigen, und das ohne auf diese Art zu kommentieren, anstatt wieder die alten Körperideale abzurufen, um sie damit weiter zu zementieren? Statt wieder einmal die Idee zu reproduzieren, dass Mädchen mit ein paar Kilos nicht zu den Schönen und Beliebten gehören?

Body Shaming hat in Kinderfilmen nichts zu suchen

Sujin Hwang ist einer der Produzenten des Films, und gab Bustle ein Statement zur der Kritik, in dem er sich für die Kampagne und den Trailer entschuldigte, denn das sei so gar nicht, was sie vermitteln wollten. Ihnen sei es eigentlich darum gegangen, in dem Film Vorurteile im Hinblick auf Körperideale anzugehen und herauszustellen, dass innere Schönheit wichtiger ist als äußere.

Aber, macht es das wirklich besser? Schließlich geht er damit immer noch nicht darauf ein, dass und warum die Rechnung dünn gleich schön und dick gleich hässlich aufgemacht wurde. Wie kann es sein, dass niemand aus dem Team Einwende hatte, mit einem Kinderfilm Body Shaming weiter voranzutreiben und dass damit Mädchen und Jungen abermals die Botschaft erreicht, dass dick zu sein, zu Ausgrenzung führt? Das ist einfach nur traurig. Body Shaming hat nirgendwo etwas zu suchen, aber ganz besonders nicht in Kinderfilmen. Wieso nicht mal einen Film über innere und äußere Schönheit machen, in dem man dünn und dick nicht gegeneinander ausspielt?

Wir sagen: Danke, für nichts! Hoffentlich wird beim nächsten Schwung an Trailern und Plakaten noch eine Minute länger über die Botschaft des Marketings nachgedacht.

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