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Was tun, um bei häufigen Jobwechseln nicht als sprunghaft und unzuverlässig zu gelten?

Ihr steckt beruflich fest, habt Probleme mit euren Kolleg*innen oder andere Fragen und Sorgen rund ums Berufsleben, die euch beschäftigen? Bei „Was tun?“ beantworten Expert*innen eure Fragen rund um Job und Karriere.

Frage aus der Community: „Wie lange muss ich als Berufseinsteiger*in im ersten Unternehmen bleiben, um nicht zu sprunghaft zu wirken? Und wie erklärt man häufigere Jobwechsel in Vorstellungsgesprächen, ohne als Job-Hopper*in zu gelten, auf den*die kein Verlass ist – oder ist das heute nicht mehr so ein Thema?“

Dieses Mal beantwortet euch die Frage Gitta Blatt, Geschäftsführende Personalleiterin:

Unsere Expertin Gitta Blatt ist Geschäftsführende Personalleiterin bei Dentsu Aegis Network. 
Bild: Raimar von Wienskowski

„Aus meiner Sicht stammt die negativ belegte ,Job-Hopper*innen’-Betitelung aus einer Zeit, in der es üblich war, mehrere Dekaden lang im gleichen Unternehmen zu arbeiten. Unternehmenswechsel haben nichts mit mangelnder Zuverlässigkeit zu tun. Wichtig ist die Motivation und Reflexion zu den Berufsveränderungen. Als Berufseinsteiger*in ist es völlig normal, dass man sich ausprobieren muss und durch Traineeships, Ausbildungen oder Praktika zunächst für sich herausfindet, was nach langen Lern- und Theoriephasen – wie Schule und Studium – nun tatsächlich in einer praktischen Verantwortung oder als Teammitglied zu einem passt. Dabei darf man Fehler machen. Neuorientierungen erfolgen dann also nicht aus einer Laune heraus, sondern reflektiert und gehören zur Entwicklung.

Es ist für mich ein veralteter Personaler*innen-Reflex, Job-Wechsel mit Instabilität zu übersetzen. Vielfältige Erfahrung, zum Beispiel auf Berater*innen- oder Kund*innenseite, in unterschiedlichen Industrien oder in anderen Kulturen im Ausland sind wertvoll. Diversität ist ein Erfolgsfaktor und Menschen, die Perspektivenwechsel kennen und mögen, sind sehr begehrte Change- und Innovationsbegleiter*innen. ,Wechsel’ sind keine Ausnahmen mehr, sondern gewünscht. Die jungen Generationen, die langsam ins Management nachrücken, finden es sowieso nicht mehr erstrebenswert, jahrelang beim selben Arbeitgeber*in zu bleiben, zumindest dann nicht, wenn Stillstand droht.

„Job-Hopper*innen sind viel besser als ihr Ruf“

Arbeitnehmerverhältnisse gleichen heute eher Projekten zwischen vier bis fünf Jahren. Meine Prognose ist, dass sich diese Zeitspanne aufgrund der Schnelllebigkeit noch weiter verkürzen und die Zahl der Freelance-Verhältnisse weiter steigen wird. Für Millennials ist Ausprobieren normal und Job-Hopper*innen sind viel besser als ihr Ruf. Studien zufolge will mehr als jede*r dritte Millennial in den nächsten zwei Jahren den*die Arbeitgeber*in wechseln. Etwa die Hälfte von ihnen strebt den Wechsel sogar für die nächsten zwölf Monate an. Fehlende Weiterbildungsmöglichkeiten sind dabei ein Hauptgrund für den Veränderungswunsch.

Außerdem zeigen Untersuchungen, dass die Möglichkeit zur Weiterentwicklung für Millenials ein wesentlicher Faktor bei der Arbeit ist. Ist diese nicht gegeben, sucht man sich etwas Neues. Angst vor einem Wechsel haben dabei die wenigsten. Weitere Studien zeigen auch, dass Millennials ihre Karrieremöglichkeiten oft optimistisch einschätzen. Zwei Drittel sind zuversichtlich, dass sie, falls sie ihren Job morgen verlieren würden, innerhalb von drei Monaten einen neuen gleichwertigen, oder sogar besseren Job finden könnten. Daher muss es heutzutage kein schlechtes Zeichen sein, wenn jemand in der Vergangenheit oft den*die Arbeitgeber*in gewechselt hat.

„Eine gut durchdachte Erklärung für den Jobwechsel hilft“

Im Wettbewerb um Arbeitnehmer*innen versprechen Unternehmen den Kandidat*innen viel Gutes – häufig sogar zu viel. Die Probezeit dient nicht nur dem*der Arbeitgeber*in, sondern eben beiden Seiten. Am Ende kommt es bei der Beurteilung häufiger Jobwechsel sicher auch darauf an, wie man sie präsentiert – eine ehrliche und gut durchdachte Erklärung der Jobwechsel hilft da. Auch Informationen darüber, ob die Stelle befristet war oder betriebsbedingt gekündigt wurde, sind nennenswert.

Halten wir fest: Die Sorge, das sich häufige Jobwechsel negativ auf die Karrierechancen auswirken, ist unbegründet. Das heisst im Umkehrschluss jedoch nicht, dass wenige Wechsel etwas Schlechtes sind. Wer stabile Arbeitsphasen vorweisen kann, hat Krisen offenbar erfolgreich gemanagt hat und ist in dem Zeitraum vielleicht sogar intern befördert worden. Beides macht Bewerber*innen besonders. Also Augen auf bei der Job-Analyse in der Auswahlphase, dann klappt es mit der zeitlichen und inhaltlichen Mischung an Erfahrungen und Umgebungen.“

Euch liegt eine andere Frage auf dem Herzen und ihr braucht Rat? Hier könnt ihr uns anonym alles zum Thema Beruf und Karriere fragen.

Beim letzten Mal „Was tun?“ hat unsere Expertin Heidi Stopper die folgende Frage beantwortet: „Was tun, wenn die Führungskultur in Unternehmen Frauen ausbremst?“ 

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