Foto: Anh Le

Liebe Chefs, wir brauchen dringend eine Kultur des Lobens

In ihrer Twentysomething-Kolumne schreibt Silvia über alles, was ihr gerade durch den Kopf geht. Und diese Woche über das fehlende Lob.

Es reicht doch, wenn man selber weiß, dass man einen guten Job macht

Nichts gesagt ist Lob genug. Viele sehen sich genau mit dieser Haltung in ihrem Job konfrontiert. Das kenne ich, das kennen meine Freunde – und genau deshalb fallen dann während des gemeinsamen Essens oder dem Glas Wein in der Bar ständig folgende Sätze: „Ich mache ja gerne immer ein bisschen mehr als nötig. Aber es wäre schon gut, wenn ich
wenigstens mal hören würde: ,Hey, das hast du echt gut gemacht. Toll!’“ Doch meistens kommt einfach: nix.

Es scheint wirklich ein verbreitetes Phänomen zu sein, dass die öffentlich geäußerte Anerkennung einfach zu kurz kommt, beziehungsweise nicht wichtig genug genommen wird. Warum? Denken Chefs und Chefinnen wirklich, man würde sich nach einem Lob ausruhen und sich sagen: Prima, dann kann ich ja erst einmal halblang machen? Denken sie, ein wertschätzender Moment würde Lethargie statt Motivation hervorrufen? So zynisch ich manchmal sein kann, daran glaube ich nun wirklich nicht.

Viel Frust um nichts

Aber genau das macht es ja so frustrierend. Denn ist es angesichts dessen, wie einfach Chefs mit ein bisschen Lob für mehr Wohlgefühl der Mitarbeiter und ja, auch mehr Motivation sorgen könnten, nicht einfach nur absurd, wie viele von dem Mangel an Lob deprimiert sind? Und nein, hier geht es nicht darum, dass man Kritik nicht aushalten würde oder grundsätzlich Samthandschühchen fordert. Es geht darum, dass man gute Leistung anerkennt, wenn sie erbracht wird. Denn klar, wir werden bezahlt, um Leistung zu bringen. Ist es aber dennoch zu viel verlangt zu sagen: Super gemacht? Nein, ich denke nicht.

Wenn aber keine Strategie dahinter steckt, was ist es dann? Nun, fragen hilft. Und da ich nicht nur Arbeitnehmer und Selbstständige in meinem Bekannten- und Freundeskreis habe,
sondern auch Chefinnen und Chefs, habe ich mal nachgehakt. Und da kam überall
schnell Folgendes: „Ja, ich wurde auch schon mal darauf gestoßen – und dann tat mir das auch leid. Ich habe einfach gedacht, sie wüssten, wie gut ich finde, was sie machen.“ Oder man hat es ganz einfach im Alltag verbaselt. Legitim, aber auch irgendwie mau. Denn genauso wenig, wie sich Chefs in alle Nöte von Mitarbeitern erfühlen können, so ist es mit den Mitarbeitern und dem Lob aus der oberen Etage. Da haben wir es, Freunde: Wie in jeder Beziehung, die nicht funktioniert, ist mal wieder die mangelnde Kommunikation schuld.

Und klar, die berufliche Beziehung ist nur bedingt mit der privaten zu vergleichen – gesehen werden wollen wir aber in beiden, für das, was wir leisten und das, was wir sind. Und das kann sich eben nicht (nur) durch einen monetären Bonus oder einen Jobtitel ausdrücken. Ganz im Gegenteil, ein: „Fantastisch gemacht!“ Oder: „Du bist wirklich ein wichtiger Teil dieses Teams“, ist vielen mehr wert als ein paar zusätzliche Scheine auf dem Konto. Und das Beste: Es kann müde gewordenen Mitarbeitern mit quasi null Aufwand einen neuen Schub geben – Win-win!

Wie kann man über dieses Problem sprechen?

Was kann man also als Mitarbeiter machen, wenn einem das Lob fehlt? Man kann
miteinander sprechen. Nur ist es manchmal eben schwer zu sagen: „Hey, ich hätte echt gerne mal ein Lob.“ Meist rutscht einem das erst in einer Frust-Situation heraus. Und
nicht selten ist das eine, in der man vielleicht gar nicht wäre, wenn man zuvor mal miteinander gesprochen hätte. Und dieses Bedürfnis ist weder weich noch peinlich, sondern total angebracht. Wer gute Arbeit macht, sollte nicht nur selbst davon reden (wichtig!), sondern sollte auch dafür von anderen wahrgenommen werden – und das kann man ruhig mal kundtun.

Was kann man noch machen? Es selbst einfach anders angehen und
vorleben. Ich habe mir etwa angewöhnt, Praktikanten und Kollegen regelmäßig
zu loben. Zu sagen: ,hey richtig gut’, wenn ich etwas richtig gut finde. Und das schließt Kritik nicht aus, denn hier versuche ich ebenso ehrlich zu kommunizieren. Aber es bricht mir eben keinen Zacken aus der Krone, anderen Lob auszusprechen, das sie verdient haben. Das kann zweimal die Woche sein oder zweimal im Monat – und ob’s mir ausreichend  gelingt? Das muss man die anderen fragen. Aber ich versuche es zumindest.

Und ja, liebe Chefs und Chefinnen es gibt sicherlich unterschiedliche Führungsstile, aber Kommunikation in alle Richtungen sollte Teil von jedem sein. Eure Mitarbeiter sind super? Dann sagt ihnen das. Und das nicht nur ein verschämtes Mal im Jahr. Sondern immer mal wieder, wenn es denn angebracht ist.

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