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Über Abhängigkeiten und die Kunst, sich dabei selbst nicht zu verlieren

Die Tendenz zur Abhängigkeit besteht immer – und zwar nicht nur beim Rauchen, sondern auch beim Job, den Freunden oder dem Partner. Trotz aller Begeisterung und Nähe ist die Kunst dabei vor allem eines: sich nicht selbst zu vergessen.

Anghängigkeit bedeutet ungleiche Beziehungen

Wenn wir von Abhängigkeit sprechen, meinen wir ungleiche Beziehungen. Abhängig kann beispielsweise der eine Partner vom anderen sein, das Kind von der Mutter, der beste Freund von der Freundin oder auch der Unternehmer von seinem Job. Der Begriff der Abhängigkeit ist damit sehr gefühlsbeladen: Denn wir lieben unsere Partner, verbringen gerne Zeit mit der besten Freundin, halten Mama regelmäßig auf dem Laufenden oder sitzen bis spät in die Nacht am Schreibtisch. Abhängigkeit heißt, dass wir auf eine Sache oder auf Personen angewiesen sind und uns nicht vorstellen könnten, auf sie zu verzichten. Und vor allem haben wir Angst, diese zu verlieren.

So gesehen, ist Abhängigkeit etwas Alltägliches und sehr Menschliches, basierend auf starken Gefühlen, Vertrautheit oder Begeisterung. Es ist doch auch schön, zu wissen, dass man gebraucht wird, dass wir für unseren Partner oder eine Freundin so einzigartig sind, dass sie nur mit uns diese Vertrautheit haben können. Es ist schön, das Gefühl zu haben, gebraucht zu werden, und auch zu wissen, dass dieses Gefühl auf Gegenseitigkeit beruht.

Wenn es „gefährlich“ wird

In diesem Kontext ist Abhängigkeit nichts Schlimmes. Gefährlich wird es nur, wenn die Abhängigkeit die Oberhand gewinnt – und zwar über das eigene Leben. Erinnert man sich nur an die vielen Male, als man die Freundin kaum erreichen oder sehen konnte, weil sie in einer Beziehung war. Oder diejenigen, die einfach alles, also wirklich alles, zusammen machen, weil es ihnen Spaß macht und sie füreinander die Personen sind, mit denen sie am liebsten Zeit verbringen. Oder die Freundin, die vor ihrem Freund so ganz anders war, als man sie kannte.

Denn klar ist es verständlich, dass man mit dem Partner gerne und viel Zeit verbringt, aber deswegen den Kontakt mit allen anderen zu minimieren und dem Partner alle Rollen übertragen, die zuvor Freunde eingenommen hatten? Und man damit nicht nur die Freunde hinten anstellt, sondern genauso auch sich selbst? Schließlich ist man vorher doch auch super alleine zurecht gekommen: mit Tanzstunden, Partyabenden, Quatsch- und Koch-Sessions mit den Freunden sowie einfach mal ein paar Stunden Zeit für sich. Vor der Beziehung oder dem einen Job konnte man doch auch als selbstständiges Individuum entscheiden und agieren.

Nehmt euch euren Freiraum!

Eine ähnliche Abhängigkeit macht sich auch bemerkbar, wenn es die Arbeit ist, die einem die Luft zum Atmen nimmt und man nach 15 Stunden Arbeit nicht mehr motiviert genug ist, sich außerhalb der Komfortzone zu bewegen und das letzte Drittel des Tages lieber seinem Bett widmet. Das, was uns dadurch noch bleibt, ist – ähnlich wie bei einer zu intensiven Partner- oder Freundschaft: Einseitigkeit, ein begrenztes Blickfeld und zum Teil auch zu viel Sicherheit, weil man ja schon tolle Menschen und den perfekten Job gefunden hat. Aber wer weiß, ob die Freundschaft oder Beziehung nicht irgendwann vorbei ist und der Job gestrichen wird? Sich nicht abhängig zu machen und sich nicht selbst zu verlieren, ob im Job oder in jeglicher Beziehung, ist eine Kunst. Und erfordert ein Bewusstsein, das vielleicht erst dann entsteht, wenn die Monotonie und Gewohnheit das Leben bereits eingeholt hat. Daher bleibt eigenständig, baut dieses Bewusstsein frühzeitig auf, fahrt auch mal alleine in den Urlaub, stellt euren Job mal hinten an, haltet eure Partyabende aufrecht und nehmt euch den Freiraum, den ihr braucht. Denn sonst entwickelt sich die Abhängigkeit zur Verschlossenheit – und das will ja schließlich keiner.

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