In ihrer Kolumne „Familie und Gedöns“ schreibt Lisa über alles, womit sich Eltern so beschäftigen (müssen), diesmal: gestörte Verhältnisse.
„Das wird alles leichter“ – soso!
Wenn man Kinder hat, dann tummeln sich um einen herum immer Leute, die einem dauernd sagen, wie man die eigene Lage momentan so einzuschätzen hätte. Wenn also das eigene Kind Wutanfälle produziert, welche die Erde erzittern lassen, dann gibt es immer solche, die sagen: „Du, das wird echt besser“. Solche Kommentare sind ja ganz in Ordnung, denn sie bieten einen Lichtstreif am manchmal doch sehr dunklen Horizont.
Was ich eher irritierend finde, sind Eltern älterer Kinder, die einem ständig reindrücken, dass das eigentlich ja gar nicht stimmt, also das mit dem Einfacher-werden; die müde lächeln über die Probleme, die Kleinkind-Eltern so haben (beziehungsweise: sich machen!), und dann Dinge sagen wie „Wart mal ab, bis die Kinder in die Schule kommen“, und dann vielsagend einen Zitronenmund machen. Und natürlich gibt es unvermeidlich Leute, die sich immer noch trauen, so abgelutschte Sachen zu sagen wie: „Kleine Kinder, kleine Probleme. Große Kinder, große Probleme.“
Aus kleinen Monstern werden große
Ich will das gar nicht hören. Und ich weiß auch, warum. Weil ich mir sicher bin, dass sie recht haben; dass meine schlimmsten Visionen irgendwann wahr werden. Weil ich vor meinem geistigen Auge sehe, wie aus den kleinen Monstern große werden.
Ich sehe das Unheil kommen. Jetzt bin ich immerhin noch körperlich überlegen. Wenn das zweijährige Kind also zurzeit bevorzugt nachts völlig grundlos (ach nein, ich vergaß, sowas passiert natürlich nie völlig grundlos, arme gestresste Kinderseele) in einen Wutwahn verfällt und schreit „Du sollst tot sein“, oder „Du sollst in einer Rakete sitzen und dann schieß ich dich in den Himmel“, oder, und das gefällt mir eigentlich am besten: „Du sollst nach Saudi-Arabien fahren“, dann bin ich immerhin in der Lage, das randalierende Bündel in ein anderes Zimmer zu verfrachten. Das wird irgendwann nicht mehr funktionieren, und davor habe ich wirklich Angst.
Neulich las ich bei Spiegel Online folgende Meldung: Ein Sohn hat seinen Vater überfahren, weil ihm der Nudelauflauf nicht kross genug geraten war. Als eine Art Protest-Move wollte der Sohn zu einem Schnellimbiss fahren, und als der Vater sich ihm in den Weg stellte, da fuhr der Sohn einfach drüber. Ihr findet das bizarr? Ich nicht! Im Gegenteil! Vielmehr wundere ich mich, dass sowas nicht viel öfter passiert. Ich jedenfalls werde meine Nudelauflaufkruste und alles andere, was kross zu sein hat, in den nächsten Jahren so weit wie möglich optimieren, sonst befürchte ich wirklich das Schlimmste.
Bild: flickr I Martin I CC BY 2.0
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