Foto: Kim Keibel

Verena Pausder: „Egal wie spannend eine Aufgabe ist, die Bezahlung muss stimmen“

Verena Pausder will Kinder mit der Digitalisierung vertraut machen. Im Interview spricht sie über No-Gos im Umgang mit Mitarbeiter*innen und den Wert von Feedback.

„Das Leben wird vorwärts gelebt und rückwärts verstanden“

Unsere Arbeit und unsere Umwelt werden sich durch die Digitalisierung immer weiter verändern. Eine dabei wichtige Frage: Wann und wie führt man Kinder an den Umgang mit digitaler Technologie heran? Kinder mit der Digitalisierung vertraut zu machen, ist das Herzensanliegen und Spezialgebiet von Verena Pausder, Gründerin der Firma „Fox & Sheep“, die Apps für Kinder im Vorschulalter entwickelt und weltweit vermarktet.

Zusammen mit dem Spielwarenhersteller Haba hat Pausder als Geschäftsführerin Digitalwerkstätten eröffnet, in denen Kinder Programmieren lernen. Außerdem ist sie Mit-Initiatorin von „Startup Teens“, einer Initiative, die Schüler und Schülerinnen fürs Unternehmer*innentum begeistern möchte. Das Gespräch führte Carina Kontio, Redakteurin beim Handelsblatt.

Liebe Verena, beschreibe uns bitte kurz, was deine Stärken sind?

„Ich bin meinungsstark und spreche auch unangenehme Themen und Probleme an, ohne dass ich Angst vor der Reaktion darauf habe. Ich freue mich vielmehr, wenn ich damit zum Nach- und Umdenken anregen kann. Außerdem bin ich umsetzungsstark.“

…das meint konkret?

„Ich setze meine Ideen um und rede nicht nur darüber!“

Wer ist dein persönliches Rolemodel und warum?

„Am meisten geprägt haben mich meine Eltern. Sie haben mich in den richtigen Momenten ermutigt, an mich zu glauben und größer zu denken, als ich es getan hätte. Meine Rolemodels sind großartige Frauen wie Sheryl Sandberg, Amal Clooney oder Maybrit Illner, die mit viel Mut, Herz und Leidenschaft ihren Weg gehen.“

Bitte ergänze den Satz: Ich unterstütze meine Mitarbeiter*innen in schwierigen Situationen, indem…?

„… ich ihnen an der Seite stehe, ihnen zuhöre und gemeinsam mit ihnen eine Lösung suche. Ich lebe ihnen vor, dass es menschlich ist, Fehler zu machen, und dass die eigentliche Fähigkeit darin besteht, nach Fehlern wieder aufzustehen, sich zu schütteln und weiter zu machen. Selten ist etwas so groß oder schwierig, dass es keinen Ausweg gibt. Generell setze ich auf eine positive, menschliche und nahbare Arbeitsatmosphäre und lebe den Grundsatz: Das Leben wird vorwärts gelebt und rückwärts verstanden.“

Nehmen wir an, eine Freundin, ein Kollegin oder eine Mitarbeiterin denkt oft: „Ich verdiene den Erfolg gar nicht“, „Ich bin gar nicht gut genug“, „Das schaffe ich nie“, „Andere sind um Welten besser als ich…“ – Was rätst du?

„Ich rate, diese Sätze nicht mehr zu verwenden und sich nicht klein zu machen, bevor andere einen vielleicht als Große kennengelernt hätten. Frauen neigen oft dazu, ihr Licht unter den Scheffel zu stellen und bereits an sich zu zweifeln, bevor sie überhaupt die Chance hatten, sich zu beweisen. Und so werden sie diese Chance nicht bekommen. Daher ist es auch Ziel meiner täglichen Arbeit, gerade junge Frauen darin zu bestärken, dass mehr in ihnen steckt, als sie denken und sie sich nur zutrauen müssen, das auch zu zeigen.“

Ein No-Go im Umgang mit Mitarbeiter*innen ist für mich…?

„… sie arrogant, überheblich oder herablassend zu behandeln. Ich selber bewundere Menschen und gerade Führungskräfte am meisten, die sich nicht zu wichtig nehmen und ohne Bugwelle auskommen. Das sind für mich die wahren Leader*innen, die nicht allen aufs Brot schmieren müssen, wie toll sie sind, sondern qua ihres Handelns und ihrer Persönlichkeit wirken. Mein Großvater war Vorstandsvorsitzender eines großen Konzerns und hat mir vorgelebt, dass man jedem Menschen mit Respekt und auf Augenhöhe begegnen kann, egal in welcher Position man ist.“

Feedback ist für mich…?

„…extrem wertvoll und die Voraussetzung dafür, an mir zu arbeiten und besser zu werden. Dafür muss es allerdings in konstruktiver Form geäußert werden. Wenn ich das Gefühl habe, absichtlich falsch verstanden oder ungerecht behandelt zu werden, verletzt mich Feedback, da ich dann das Gefühl habe, man wolle mir schaden, statt mir zu helfen, besser zu werden.“

Über ihre Erfolge sollten Frauen…?

„… sich freuen und sprechen! Sie dürfen stolz auf ihren Erfolg sein und müssen es nicht als unangenehm empfinden, Lob dafür zu bekommen. Auf diese Weise bestärken sie nicht nur sich selbst, sondern auch andere Frauen.“

Her mit dem Geld: dein Ratschlag an andere Frauen für Gehaltsverhandlungen?

„Seid gut vorbereitet, selbstbewusst und verkauft euch nicht unter Wert! Egal wie sinnstiftend oder spannend eine Aufgabe ist, die Bezahlung muss stimmen. Das ist keine unrechte oder unangemessene Forderung, die euch unangenehm sein muss, sondern Teil des Spiels, welches wir alle spielen – Männer wie Frauen.“

Verbündete und Mentor*innen finde ich, indem…?

„… ich Gespräche auf Augenhöhe mit anderen bewusst suche und Menschen mit Offenheit und Vertrauen begegne. Ich habe von klein an gelernt, dass Menschen sich nur mit einem verbünden, wenn beide Seiten einen Beitrag leisten. Menschen, die auf Dauer immer mehr nehmen als geben, sind keine Verbündete und entziehen Energie.“

In Konfliktsituationen bin ich…?

„… sowohl gelassen, als auch konfliktfreudig. Ich scheue die Auseinandersetzung nicht, finde aber wichtig, dass man sachlich, respektvoll und wertschätzend bleibt.“

Pannen sind…?

„… Teil des Lebens und meistens nicht wirklich dramatisch. Nachhaltig etwas Neues entsteht nur dort, wo Mitarbeiter*innen nicht das Gefühl haben, ihren Job zu riskieren, wenn eine Panne passiert oder ihnen ein Fehler unterläuft, sondern aufstehen und weitermachen.“

Wie gehst du mit Stress um?

„Nicht besonders gut, da ich dann häufig den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehe. Mein Mann ist dann mein bester Mentor. Er hört mir zu, sortiert für mich meine Gedanken und hilft mir wieder klar zu sehen und entscheidungsfähig zu bleiben. Manchmal hilft es auch schon, mich bei ihm anzulehnen, und am nächsten Tag ist es wieder besser.“

Nein sagen sollten Frauen zu…?

„… allem, was sie nicht wollen oder sie nicht glücklich macht. Das gilt auch für alle Männer. Wer langfristig immer nur Ja sagt und sich selbst nicht treu ist, kommt weder privat noch beruflich ans Ziel.“

Du merkst, dass du unglücklich bist in deinem Job. Was tust du?

„Love it, change it or leave it – das ist mein Rat! Wenn man unglücklich ist im Job, sollte man etwas verändern oder weiterziehen. Manchmal kann auch ein Perspektivenwechsel helfen, also das Gespräch mit einer guten Freundin oder professionellen Coaches. Andere können Lösungen sehen, die ich selbst vielleicht nicht erkenne.“

Anderen Chef*innen würde ich gerne sagen,…

„… dass sie Vertrauen in ihre Mitarbeiter*innen haben, ihnen Empathie entgegenbringen und ihnen auf Augenhöhe begegnen sollen. Die frische Perspektive von Praktikant*innen kann genauso wertvoll sein, wie die Erfahrungen von langjährigen Mitarbeiter*innen. Auf diese Weise kann man sich den Herausforderungen der Zukunft stellen und die Welt von morgen gemeinsam erobern.“

Vielen Dank für dieses Gespräch, liebe Verena.

Das Gespräch führte Carina Kontio, Redakteurin bei Handelsblatt. Mehr Interviews zu Diversity, Management und Leadership findet ihr im Handelsblatt-Special „Shift“. Carina hat außerdem eine Karriere-Kolumne bei Audible, die ihr euch jeden Donnerstag anhören könnt.

Mehr bei EDITION F

Ratepay-Gründerin: „Jede Führungskraft sollte sich Mitarbeiter*innen suchen, die besser sind als sie selbst“. Weiterlesen

Was starke Führung ausmacht: Emotionale Intelligenz ist erst der Anfang. Weiterlesen

„Man entwickelt erst im Laufe der Zeit das Know-how und das Selbstbewusstsein, das als Chefin nötig ist“. Weiterlesen

Anzeige