Foto: Nicolai Constantinescu Photography

„Probleme mit Geld entstehen im Kopf und nicht auf dem Konto“

Wie geht man richtig mit Geld um? Und was lernt man aus Situationen, in denen man keines hat? Das haben wir den Finanz-Coach Andreas Enrico Brell gefragt – und spannende Antworten von jemandem erhalten, der selbst mal verschuldet gewesen ist.

 

Let’s talk money!

Geld ist ein heikles Thema. Wir reden nicht gerne darüber, weder mit Freunden noch mit der Familie und genug davon hat man sowieso nie. Aber warum ist es eigentlich so, dass wir uns über Themen wie Job, Beziehungsstress, Ernährung und Erziehungskonzepte stundenlang unterhalten können – und beim Thema Geld bekommen wir den Mund nicht auf? Schließlich ist der (richtige) Umgang mit Geld ein wesentlicher Teil unseres Alltags.

Andreas Enrico Brell weiß, wie wichtig es ist, ein sinnvolles und entspanntes Konzept für den Umgang mit den persönlichen Finanzen zu entwickeln. Der Autor, Redner und Coach hat uns im Interview verraten, wieso die emotionale Einstellung zu Geld für einen entspannten Umgang damit entscheidend ist, in was wir unser Geld wirklich investieren sollten und ob Geld glücklich machen kann.

Sie sagen: „Geldprobleme hat jeder.“ Wie meinen Sie das? Und wie kommen wir dahin, keine Geldprobleme mehr zu haben?“

„Ja, die allermeisten Menschen haben Geldprobleme – wenn auch nicht immer im klassischen Sinn. Ich erlebe immer wieder, dass vor allem Multimillionäre nicht zufrieden sind. Sie haben zwar ausreichend Geld, können sich alle Wünsche erfüllen und dennoch streben sie nach mehr oder wissen gar nicht, wie sie mit dem Vermögen glücklich werden sollen. Und diejenigen, die zu wenig auf dem Konto haben, sind erst recht nicht zufrieden.

Die wenigsten Menschen akzeptieren ihre Situation oder schauen, wie sie sie ändern können, wenn sie etwas stört. Ich bin daher überzeugt: Probleme mit Geld entstehen in erster Linie im Kopf und nicht auf dem Konto. Denn meist sind es emotionale Defizite, die mit Geld ausgeglichen werden sollen. Geld ist für mich daher vor allem der Spiegel des inneren Reichtums.“

Wenn es um Geld geht, plädieren die meisten Menschen dafür, dass man sachlich bleiben sollte. Sie beleuchten das Thema allerdings vor allem aus einer emotionalen Perspektive. Was schließen Sie daraus für unsere Beziehung zum Geld?

„Sie müssen ein Grundwissen über Finanzen haben, um fundierte, sachliche Entscheidungen treffen zu können. Aber ob Ihre rationale Entscheidung dann genau das Richtige für Sie ist, steht auf einem anderen Blatt. Wem Gesundheit, Familie oder der Statuts wichtig ist, sollte sein Geld genau dort investieren. Denn wer sein Geld an den für ihn „richtigen“ Stellen einsetzt, wird deutlich zufriedener sein – und das persönliche Umfeld gleich mit.

Doch leider wissen die meisten Menschen nicht, was ihnen überhaupt wichtig ist, welche Überzeugungen sie in Bezug auf Geld haben, wann genug wirklich genug ist und welche Werte sie haben. Die Folge: Geld wird völlig ziellos und an den falschen Stellen ausgegeben.“

Ist das der Grund dafür, warum es so wichtig ist, dass wir uns mit dem Thema Geld auseinandersetzen?

„Ja, einfach nur Geld auszugeben, ist zur Befriedigung der Grundbedürfnisse sicher richtig. Aber für den Rest empfehle ich immer, Geld besser zu investieren, nämlich in ein gutes Gefühl und Erlebnisse – nicht nur in Statusobjekte.
Und letztlich verrät der Umgang mit Geld eine Menge über uns selbst. Damit meine ich nicht nur, wie Sie das physische Geld in Ihrer Tasche behandeln, aber das natürlich auch. Es geht vielmehr darum, was Sie über Geld, Armut und Reichtum denken. Oder über akribisches Sparen und großzügiges Ausgeben.“

Die Menschen, die zu Ihnen kommen, haben oft große Geldsorgen. Wie gehen Sie mit den Schicksalsschlägen um?

„Natürlich fühle ich auch immer mit. Die Menschen, die zu mir kommen, sind oft sehr verzweifelt, weil Sie keinen Ausweg aus ihrer finanziellen Misere finden. Meine Aufgabe ist es, hier Klarheit zu schaffen. Daher gehen wir gemeinsam schnell in die Tiefe und finden heraus, was die Gründe für die großen Geldsorgen sind. Das ist nicht immer angenehm, aber sehr aufschlussreich. Ich zeige den Menschen, die glauben, Geld sei ihr Problem, dass Geld eigentlich nicht ihr Problem ist. Und diesen Effekt zu sehen, ist wunderschön.“

Sie selbst waren zu einem früheren Zeitpunkt in Ihrem Leben verschuldet. Welche Ratschläge und Lehren konnten Sie aus dieser Erfahrung ziehen?

„Das war tatsächlich eine harte Zeit. Mir wurde nach einem langen und sehr persönlichen Prozess klar: Es ist nicht ausschlaggebend, wie viel Geld du auf dem Konto hast. Viel wichtiger ist es, was du daraus machst. Und genau deshalb habe ich ein Konzept entwickelt, das sich nicht nur mit Geld an sich beschäftigt, sondern mit der richtigen Einstellung zum Geld – denn die hat Auswirkungen auf alle Lebensbereiche.“

Macht Geld glücklich?

„Geld ist nicht da, um uns glücklich zu machen. Das muss jeder selbst tun. Ich würde mich freuen, wenn mehr Menschen dies verinnerlichen und meine Impulse dazu führen, ihr Denken über Geld positiv zu verändern.“

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