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Warum wir über unsere Fehler und Schwächen reden sollten!

Fehler machen uns angreifbar und zeigen Schwäche, so vermittelt es uns zumindest die Gesellschaft. Ich sage: Fehler machen uns stark. Warum wir alle viel offener über unsere „Makel“ reden sollten.

Fehler machen uns angreifbar

Dieses T-Shirt hat einen Produktionsfehler, die Firma hat eine falsche Entscheidung getroffen, der Mitarbeiter XY hat sich einen Fehltritt erlaubt. Wir sprechen oft von Fehlern, wir machen sie alle, und doch traut sich kaum jemand, die eigenen Schwächen offen zuzugeben. Eher flüchtet man sich in eine Notlüge oder verleumdet sie, als dass man mit erhobenen Hauptes behaupten würde: „Ja, ich habe einen Fehler gemacht. Das war nicht ganz überlegt von mir. Wer hat Lust, mit mir gemeinsam über eine Lösung nachzudenken?“.

Bereits das Wort „Fehler“ impliziert, dass wir in einer Aktion oder Entscheidung davon abgewichen sind, was unsere Gesellschaft von uns erwarten würde. Doch zeigt uns allein diese Tatsache, dass wir Fehler selbst zu dem gemacht haben, was sie sind. Wir haben für uns alle eine Norm entwickelt, die uns vorschreibt, wie wir uns in bestimmten Situationen idealerweise verhalten sollten. Und anderes Verhalten enthält: Fehler. Also sollte es vermieden werden.

In der Schule wurde unser Fehlverhalten damals noch mit schlechten Kopfnoten oder einem Eintrag im Klassenbuch bestraft, in unserem Beruf mit einem „schlechten“ Image, dass wir unüberlegt handeln, in unserer Beziehung mit der Position des Verletzlichen.

Wo ist der Mut geblieben?

Haben wir uns als Kinder täglich noch tausende Fehltritte geleistet und unbeschwert die Grenzen ausgetestet, haben wir als Erwachsene schon längst den Mut verloren und sind vielmehr verklemmt als frei. So versuchen wir im Job, in unseren gewohnten Bahnen zu bleiben anstatt über innovative Arbeitsprozesse nachzudenken, wir wägen jeden Entscheidung sorgsam im Sinne des Unternehmens ab und halten uns in heiklen Situationen immer schön zurück, um – ja, genau! – keine Fehler zu machen. Aber warum? Denn nur, weil du eine „richtige“ Entscheidung triffst – also eine, die im Sinne von jemand anderem richtig ist, nur um kein Störenfried zu sein oder die Arbeitsprozesse nicht in Frage zu stellen – kann es für dich genau die falsche sein.

Aber warum versteht niemand, dass Fehler etwas Tolles sind?! Warum versteht niemand, dass Fehler oder Makel einen Menschen liebenswert und einzigartig machen, dass es schön sein kann, die Fehler an seinen Mitmenschen zu entdecken und gemeinsam Umgangsformen zu entwickeln? Dass Fehler in Unternehmen der Schlüssel zu kreativen Lösungsansätzen sowie die perfekte Basis für eine gesunde Feedbackkultur sind?

Gebt sie zu!

Wir alle sollten über Fehler reden! So plädiere ich dafür, in Schulkassen, Studiengängen oder Unternehmen wöchentliche Mistake-Meetings einzuführen, in denen jeder – auch der Dekan oder Chef – von seinen jüngsten Erfahrungen berichten sowie unüberlegtes Verhalten identifizieren kann. Ihr könnt gemeinsam in der Gruppe nach möglichen Lösungsansätzen suchen und feststellen: Andere machen die gleichen Fehler!

Wer in einer Beziehung – sei es unter Freunden oder mit dem Partner – Angst davor hat, Fehler zu machen und damit einen Streit auszulösen, hat bereits verloren. Denn, wenn ihr mich fragt: Anstatt Fehler zu meiden, zu überspielen, oder gar dem anderen in die Schuhe zu schieben, sollten wir uns alle selbst an die Nase packen und dem Motto des Autors Donald L. Hicks folgen:

„To make mistakes or be wrong is human. To admit those mistakes shows you have the ability to learn, and are growing wiser.”

Wir glauben, Fehler machen uns angreifbar. Ich glaube, Fehler machen uns einzigartig und stark.

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