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Beziehungsgeheimnis: Getrennte Schlafzimmer

In ihrer Thirtysomething-Kolumne schreibt Silvia über alles, was ihr gerade durch den Kopf geht. Und diese Woche darüber, warum man auch als Pärchen nicht alles 24/7 teilen muss.

Gehört abgeschafft: Der Zwang zum gemeinsamen Schlafzimmer

Zieht man mit seinem Partner zusammen, dann ist ja klar, dass man sich auch das Bett teilt. Immer. Auch wenn man eigentlich einen ganz anderen Rhythmus und unterschiedliche Bedürfnisse in Sachen Härtegrad der Matratze hat, wenn der eine lieber mit offenem und der andere lieber mit geschlossenem Fenster schläft oder wenn eine schnarcht … das nimmt man einfach auf sich, weil man das eben so macht. Wenn überhaupt, dann scheint getrennt schlafen erst nach ein paar Jahren Ehe zumindest etwas okay zu sein.

Aber wieso eigentlich? Wieso gibt es den Zwang zum gemeinsamen Schlafzimmer? Und, herrje, zum Doppelbett! Wieso braucht man einen Grund, wie Schnarchen, um überhaupt legitimieren zu können, dass man es vorzieht, sein eigenes Bett zu haben, sein eigenes Zimmer? Und natürlich reden wir hier von der Situation, in der man sich ein Zimmer mehr leisten könnte. Den Zwang gibt es gar nicht? Na, dann sprecht doch mal bei der nächsten Party die Wunschvorstellung vom getrennten Schlafzimmer an – das hat Sprengstoff, Leute. Denn, das scheint die Idee, eine Beziehung, in der man nicht jede Nacht gemeinsam verbringen will, die ist verdächtig.

Ihr wollt ein eigenes Bett? Klarer Fall, in Sachen Sex geht hier nichts mehr!

Wer nicht in einem Bett schlafen will, dem muss die Beziehung doch eingeschlafen sein. Wie lieblos! Und Sex hat man da sicher auch nicht mehr, oder was soll das? Na klar, total richtig, nur wer sich eine Matratze teilt, hat Sex … Okay, möchten nun vielleicht einige einwenden, aber es ist doch voll romantisch, sich immer das Bett teilen zu wollen. Echt? Wieso soll das so sein? Wieso soll man jede Nacht beieinander schlafen wollen, und das auch noch romantisch finden?

Ich glaube, die Romantik geht in einem Doppelbett mit Trennritze viel eher verloren, als wenn man sich abends in seinem Schlafzimmer besuchen kommt und dann beieinander schläft, wenn man darauf explizit Lust hat. Lust hat auf gemeinsames Schlafen, Kuscheln, Sex, Nähe. Auf eines, oder alles davon. Aber so oder so, Beziehungen verlieren sich doch nicht, weil man die Wohnung anders aufteilt als das Gros der Gesellschaft, Beziehungen verlieren sich im Alltag, in Ideen, in verschiedenen Lebenswegen.

Nein, wer sich das Bett nicht immer teilen will, der muss gar nicht verdächtig wirken. Wenn, dann nur in der Hinsicht, dass man vielleicht dann schlafen will, wenn man selbst möchte und nicht durch das Licht des noch lesenden Partners künstlich wachgehalten zu werden oder durch das Rumpeln, wenn er oder sie mal später nach Hause kommt, aus dem Schlaf hochzuschrecken. Selbiges gilt natürlich auch für den Morgen.

Ein eigener Rückzugsort – Freiraum für mehr Lust auf den anderen

Vielleicht will man ja in den eigenen vier Wänden auch einfach einen eigenen Rückzugsort haben – was ist daran schräg? Und wieso sollte das den Partner oder die Partnerin denn per se ausschließen? Besuche, auch nahezu tägliche, sind ja durchaus eine Option! Und man denke nur an die Abende, an denen man streitet und sich anders, als man sich es vorgenommen hat, eben nicht aussprechen kann, bevor man schlafen geht. Weil man verdammt wütend ist! Wie gut ist das denn, dann in sein eigenes Zimmer zu gehen, dort zu schlafen und am nächsten Tag zu sprechen, wenn die Gedanken sortiert und der erste Ärger verraucht ist? Ach nee, auf Zwang nun nebeneinanderliegen, und sich Hass hin- und her zu schicken, das ist natürlich viel besser für die Beziehung. Mmh …

Klar, jeder muss für sich selbst entscheiden, was am Schönsten, Besten und Klügsten für die eigene Beziehung ist. Ich kenne sowohl Paare, die mit gemeinsamen Schlafzimmer glücklich sind, als auch welche mit getrennten. Oder auch Paare, die verdammt happy sind, weil sie gemeinsam beschlossen haben, niemals zusammenzuziehen. Mein Wunsch wäre ja nur: Das, was eine Beziehung rund macht, sollte man offener und individueller handhaben können, ohne dass es auf andere gleich wie ein rotes Tuch wirkt. Und nur, weil man es schon immer so gemacht hat, muss man es eben nicht auch in Zukunft so machen. Ich jedenfalls glaube fest daran: ab und an etwas Abstand und Raum für jeden selbst, darin liegt auf jeden Fall eines der Geheimnisse einer langen und glücklichen Beziehung. Etwas Luft zwischen sich zu haben, das braucht einem keine Angst machen, zumindest, wenn es beiden in der Beziehung gut geht. Und das kann ja durchaus auch beim eigenen Bett, beim eigenen Zimmer anfangen.

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