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Schrecklich schön: Über das Leben mit Kindern

Nicht-Eltern haben ja keine Ahnung, Bald-Eltern erahnen es vielleicht dunkel: das volle Ausmaß des Elterndaseins. Ein Aufklärungsversuch.

Gute Ratschläge? Danke, brauche ich nicht.

An alle Eltern unter den Lesenden, ihr kennt sie alle: Die vermeintlich guten Ratschläge von Kinderlosen. Die, die alles besser wissen wollen und für jede Lebenslage (un)passende Tipps parat haben. Die, die glauben, dass wir als Eltern uns nicht normal verhalten und alles mögliche anders machen sollten. So wie sie denken, es sei richtig – Leute, es nervt!

Denn: Nicht-Eltern haben ja keine Ahnung. Wirklich nicht. Bald-Eltern erahnen es vielleicht nur dunkel: Das volle Ausmaß des Elterndaseins! Das Leben ändert sich grundlegend, sobald man sein Kind zum ersten Mal in den Armen hält. Aber das ist nur der Anfang. Was es wirklich bedeutet? Freude und Leid liegen plötzlich so nah beieinander. Ist das Kleine endlich da, möchtet ihr am liebsten Luftsprünge machen vor Freude. Denn ein Baby ist das größte Wunder dieser Welt! Aber, wenn der Moment kommt in dem das Baby bitterlich weint und ihr bereits vergeblich alles versucht habt, um ihm zu helfen, zerspringt euer Herz fast vor Kummer.

Manchmal schlägt dieses Gefühl in pure Verzweiflung um. Aber, für alle die das (noch) nicht wissen: Das ist nur eine Phase, es geht vorbei, glaubt mir. Keine Sorge, man tut intuitiv das Beste für sein Kind. Das wird den Eltern quasi in die Wiege gelegt – auch wenn es manchmal etwas schwierig ist, an seinen Aufgaben zu wachsen. Aber das Richtige ist, immer auf sein Herz zu hören. Nicht auf andere. Dann kann nicht allzu viel schief gehen.

Schlaf doch, wenn das Baby schläft …

Euer Verhältnis zum Schlaf? Von nun an gestört. Ihr liebt ihn, er liebt euch, aber euer Kind funkt euch immer wieder dazwischen. Und das über Jahre, viele Jahre. Womöglich werdet ihr den Rest eures Lebens einfach nur noch müde sein. Ob man sich daran gewöhnt? Nein. Da kann ich euch keine Hoffnung machen. Es gibt dann so weise Sprüche wie: „Schlaf doch, wenn das Baby schläft!“ Die viel gelesene Antwort: „Klar, ich koche auch, wenn das Baby kocht und ich putze, wenn das Baby putzt!“ enthält so viel Wahrheit. Es ist quasi unmöglich, immer dann zu schlafen, wenn das Baby schläft. So ist es einfach.

Des Nachts jedoch gelingt es in vielen Fällen eigentlich ganz gut. Ausgenommen hierbei sind leider Eltern von Schreibabys. Dann hilft nur: abwechseln. Wenn die ganze Familie aber tatsächlich mal friedlich schlummert und dann plötzlich herzzerreißendes Geschrei erschallt, bekommt ihr den Adrenalin-Kick eures Lebens. Ihr seid augenblicklich hellwach! Und bleibt es womöglich auch noch lange nachdem euer Kleines seit einer Ewigkeit wieder friedlich schläft. Das Beruhigende: Ihr könnt am nächsten Morgen noch so müde sein, wenn euer Baby mit der Sonne um die Wette strahlt, entschädigt das für so manch schlaflose Nacht. Ihr werdet es total verliebt anschauen und alles andere vergessen.

Um die Wette lachen

Auch sonst wird euer Kind euch immer wieder zum Strahlen bringen. Und euch mit einem teilweise irrsinnigem Stolz erfüllen. Ihr seid stolz, wenn es ein Bäuerchen macht, ihr seid stolz, wenn es sich zum ersten Mal in euren Haaren festkrallt, weil sie vermutlich das erste sind, wonach es jemals greifen wird. Ja, ihr seid sogar stolz, wenn es die Windel so richtig vollgeschissen hat. Nicht-Eltern sind jetzt vielleicht angewidert. Aber für Eltern ist das eben – normal.

Stolz ist man auch über jeden noch so kleinen Fortschritt. Es kann den Kopf heben, es dreht sich zum ersten Mal um, fängt an zu brabbeln, zu krabbeln, zieht sich hoch und macht schließlich die ersten Schritte, es lernt neue Worte und ihr platzt vor Stolz.

Die Kehrseite der Medaille

Ihr werdet aber auch oft genug einfach nur gestresst und fertig sein. Denn Elternsein ist anstrengend, nervenaufreibend, zermürbend. Manchmal ist man am Rande zum Wahnsinn. In solchen Momenten, denkt immer wieder dran: Es geht vorbei! Und das, was ihr von euren Kindern zurückbekommt, macht es wieder wett, versprochen. Gestresst zu sein ist genauso normal, wie total glücklich zu sein. Eltern wissen das, Nicht-Eltern nicht.

Die wissen auch nicht, was es bedeutet, wenn euer Kind ins Trotzalter kommt. Heute auch gerne Autonomie-Phase genannt: „Du musst ihm Grenzen setzen.“ – das tue ich. „Du musst dafür sorgen, dass es gar nicht erst zum Wutanfall kommt!“ – Haha, der war gut! Sag mir wie, und ich tu’s! Wenn euer Kind durch diese Phase halbwegs unproblematisch durchkommt: Herzlichen Glückwunsch, es sei euch gegönnt. Falls nicht, braucht ihr Nerven wie Drahtseile. Die hat man verständlicher Weise nicht immer. Ich kann euch davon ein Lied singen, denn wir erleben diese Phase gerade sehr ausgeprägt. Ich habe aber die Hoffnung, dass auch das vorbei geht. Irgendwann.

Ist gerade keiner wütend, rechnet trotzdem damit, dass es immer laut sein wird. Elektronische Spielzeuge zum Beispiel können einem echt den letzten Nerv rauben. Das sind die Dinger, die man nur von Leuten geschenkt bekommt, die keine Kinder haben. Das Ausschütten der Lego-Kiste ist ohrenbetäubend laut. Kinderinstrumente, Hammerspiele, was auch immer, Laut. Überhaupt wird euer ganzes Haus mit Sicherheit einem Spielparadies gleichen. Ihr findet Spielzeug unterm Sofa, im Keller, auf dem Küchentisch, in der Waschmaschine, in euren Schuhen, in der Handtasche, Hosentasche, Jackentasche. Es gehört einfach dazu und man hat für den Notfall besser immer was dabei. Und nehmt euch bloß in Acht vor den gemeinen Legosteinen. Wenn man einmal drauf tritt, weiß man, was Schmerzen sind.

Für sie seid ihr die Welt

Ihr werdet aber auch immer etwas zu lachen haben. Kinder sind so lustig. Allein wenn sie lachen, lacht man automatisch mit, weil es so ansteckend ist. Man kann gar nicht anders. Es ist das schönste Geräusch der Welt! Am besten ist die Zeit, in der sie die Sprache für sich entdecken. Die ersten Wortverdreher sind super witzig. Und dann die klugen Sprüche, wenn es mit dem Reden so richtig klappt, das ist wirklich zu schön!

Ihr werdet euch auch immer und immer wieder zum Affen machen, nur damit das Kind lacht. Ihr seid Animateure, Geschichtenerzähler, Klettergerüst, Spielgefährten. Ihr seid aber auch Tröster, Zufluchtsort, Kuscheloase, Heimat, Vertraute und noch so viel mehr für eure Kinder. Ihr seid ihre Welt, so wie sie eure sind.

Genau aus diesem Grund wird auch die Sorge Einzug in euer Leben halten. Die Angst, dass einem unserer Herzensmenschen etwas zustoßen könnte, oder einem selbst, und man nicht mehr füreinander da sein könnte, ist von nun an ein ständiger Begleiter. Das zerreißt einen innerlich fast. Ihr werdet zerschmelzen, wenn euer Kind seine Arme um euch schlingt und sagt: „Ich hab dich sooo lieb!“ Oder wenn Ihr eurem Kind beim Schlafen zuschaut, wie es so friedvoll da liegt und leise atmet. Unbezahlbare Augenblicke.

Achtung, Dreck …

Und was gehört noch zum normalen Elterndasein dazu? Sand. Viel, viel Sand. Immer und überall. Genauso wie Krümel. Ebenfalls überall. Aus all dem, was das Kind beim Essen so auf dem Fußboden verliert, kann man ganze Menüs zaubern. Man isst angesabberte Brötchen, weil man nichts ablehnt, was das Kind so großherzig teilen will. Es ist auch normal, dass ihr Schnodder an eurer Kleidung habt, dass sich die Wäscheberge häufen, dass der Haushalt verkommt, dass ihr über Babykacke redet, total vergesslich seid, lieber spielt als arbeitet und immer an akutem Zeitmangel leidet. Es ist normal, dass das Kind brüllt, nur weil es angezogen werden soll. Dass es Theater macht, weil es in die Badewanne soll und dass es noch mehr Theater macht, wenn es wieder aus der Wanne raus soll. Ihr werdet bei jedem Einkauf versucht sein, eurem Kind eine Kleinigkeit mitzubringen, was ihr meistens auch tut. Und Feuchttücher sind zukünftig eure besten Freunde.

Eure Freunde werden sich bestimmt so manches Mal beschweren, weil ihr kaum noch Zeit habt und trefft ihr euch doch mal allein mit ihnen, ständig über eure Kinder redet und regelmäßig aufs Handy schaut, um zu wissen, ob zuhause alles in Ordnung ist. Aber auch das ist normal und wird sich irgendwann auch wieder ändern. Am Anfang seid ihr fast nur noch Eltern, Zweisamkeit wird zu einem Fremdwort geworden sein. Aber auch das wird sich wieder ändern. Die Kinder sind nur einmal klein, viel zu schnell werden sie groß.

Genießen wir also diese wundervolle Zeit, die oft so stressig und hektisch sein kann, aber doch hauptsächlich von Liebe, Glück und Kinderlachen erfüllt ist. Denn Elternsein bedeutet vor allen Dinge, dass das Herz fast zerspringt und überquillt vor Liebe. Diese wundervollen Zaubermenschen überraschen uns nämlich jeden Tag aufs Neue und machen uns klar, was Glück wirklich bedeutet.

Dieser Beitrag ist zuerst auf Nadines Blog erschienen. Wir freuen uns, ihn auch hier veröffentlichen zu können.

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