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Erfülltes Arbeiten – wie wir herausfinden, was uns wirklich motiviert

Wir wollen Motivation finden und unserer Arbeit mehr Sinn geben. Dafür müssen wir über uns selbst reflektieren. Eine Anleitung in vier Schritten.

Durch Selbstreflektion zur intrinsischen Motivation

Als ich in mein Berufsleben startete, hatte ich noch keine Ahnung, was mich motiviert. Ich versuchte zwar, meine Leidenschaft für das Thema Inneneinrichtung mit meinem Job zu verknüpfen. Trotzdem sah ich mich in der darauffolgenden Zeit mit einer akuten Unlust konfrontiert. Ich musste mich oft zwingen zu tun, was von mir verlangt wurde – und das, obwohl es im weiteren Sinne um meine Leidenschaft Inneneinrichtung ging, obwohl die Arbeitsinhalte spannend waren und ich viel lernen konnte.

Ich fing also an, mich zu fragen: Wie finde ich heraus, was mich in meiner Arbeit motiviert und erfüllt? Auf Empfehlung eines Freundes las ich ein Buch, das mir den Anstoß gab zu einem umfassenden Prozess der Selbstreflektion. In diesem Prozess musste ich mich selbst kritisch hinterfragen und mich freimachen von äußeren Erwartungen und gesellschaftlichem Druck.

Mir wurde klar, dass Selbstbestimmung für mich persönlich eine essentielle Voraussetzung erfüllten Arbeitens darstellt. Daher habe ich mich inzwischen mit einem Startup im Bereich Inneneinrichtung selbständig gemacht. Zum ersten Mal bin ich nun wirklich begeistert bei der Arbeit – ganz intrinsisch motiviert. Zurückschauend haben mir für den Prozess der Selbstreflektion die nachfolgenden vier Schritte besonders geholfen.

1. Wie sieht für dich ein erfülltes Leben aus? Ein Gedankenspiel

Stell dir vor, du bist richtig alt und liegst auf dem Sterbebett. Eine Krankenschwester kommt zu dir und fragt dich: „Hatten Sie ein erfülltes Leben?“. Natürlich wirst du diese Frage mit „Ja!“ beantworten. Jetzt möchte die Krankenschwester wissen: „Wie haben Sie ihr Leben denn gelebt?“

An was denkst du? Ist es ein Leben voller Liebe, Erfolg oder Schönheit? Vielleicht auch ein Leben voller Neugier, Nachhaltigkeit, Anerkennung oder Selbstbestimmung. Notiere, was dir zuerst in den Sinn kommt und was dir wichtig erscheint.

Dieses Gedankenspiel fordert Abstraktionsvermögen von uns. Wenn es dir schwerfällt, die Werte und Prinzipien hinter deinem erfüllten Leben zu erkennen, kannst du auch zunächst konkretere Aspekte aufschreiben (zum Beispiel ein Leben mit vielen Kindern und Enkeln, viele Weltreisen, eine Kunstsammlung). Überlege dir dann, wofür diese Dinge stehen und was dir daran gefällt. Als zusätzliche Hilfe kannst du auch gemeinsam mit Freunden überlegen, welche Werte ihr mit diesen konkreten Erfahrungen assoziiert.

Es gibt bei dieser Übung kein richtig oder falsch, sondern nur was dir persönlich wichtig erscheint. Versuche dich schließlich auf einige wenige Werte zu fokussieren. Fünf ist ein guter Richtwert, vielleicht werden es mehr, vielleicht weniger.

2. Was macht dir Spaß? Mache eine Liste

Alles was dir Spaß macht und Freude bereitet, fasst du im nächsten Schritt auf einer Liste zusammen. Hier sollen nicht nur konkrete Hobbys erscheinen, sondern auch Dinge, die deinen Interessen entsprechen. Was liest du gerne, was schaust du dir gerne an, was tust du in deiner Freizeit, welche Aufgaben und Arbeiten bereiten dir Vergnügen?

Gehe ruhig weiter zurück in deine Vergangenheit und überlege, womit du dich im Kindes- und Jugendalter am liebsten beschäftigt hast. Als Kind hatten wir noch viel mehr die Chance, unseren intrinsischen Motivationen nachzugehen, als wir das als erwachsene Person können. Insofern kann das ein guter Indikator für Dinge sein, die uns wirklich Spaß machen.

3. Worin bist du gut? Mache eine zweite Liste

Im nächsten Schritt überlegst du, wo deine Stärken liegen. Dieser Punkt erfordert erneut viel Selbstreflektion von uns. Fremdeinschätzungen können jedoch eine Hilfe sein, also holt euch ruhig Feedback von Familie, Freunden und Kollegen.

Anstatt nur auf Ergebnisse zu schauen, überlege lieber, was dir leicht fällt und bei welchen Aufgaben du ohne große Disziplin viel Durchhaltevermögen zeigst. Weiterhin ist es wichtig, sich an diesem Punkt nicht von außen ablenken zu lassen – vergleiche dich nicht mit anderen und bewerte deine Stärken nicht anhand von äußeren Erfolgsmaßstäben.

4. Welche äußeren Faktoren der Arbeit passen zu dir und deinen Werten?

Mithilfe der beiden Listen aus Schritt 2 und 3 kannst du nun deine Interessen mit deinen Stärken kombinieren. An diesem Punkt verfallen wir gerne in klassische Denkmuster und überlegen uns, welche Berufe oder Tätigkeiten beides vereinen. Dann haben wir eine Liste an konkreten Jobbezeichnungen und könnten theoretisch beginnen, uns zu bewerben. Um unserem Ziel des erfüllten Arbeitens näher zu kommen, ist es jedoch wichtig, unser Blickfeld zu weiten.

Die äußeren Faktoren unserer Arbeit spielen ebenfalls eine sehr wichtige Rolle für ein erfülltes Arbeiten. Damit meine ich die Umstände unserer Tätigkeit: Arbeiten wir angestellt für ein Unternehmen, freiberuflich für verschiedene Auftraggeber oder werden wir gar selbst zum Unternehmer? Es sind es nicht nur deine Interessen und Stärken, die dich motivieren, sondern eben auch die größeren Werte und Prinzipien in deinem Leben. Letztere spiegeln sich insbesondere in den äußeren Faktoren unserer Arbeit:

Wenn du dich nach Unabhängigkeit oder Selbstbestimmung sehnst, und dieser Wunsch größer ist als dein Sicherheitsdenken, dann wirst du in einer abhängigen Beschäftigung vermutlich nie hundertprozentige Erfüllung finden. Sehnst du dich nach überdurchschnittlichem Wohlstand, Sicherheit und Anerkennung von außen? Die Konzernkarriere könnte der richtige Weg für dich sein. Indem du dir also deiner Werte und Prinzipien bewusst bist, kannst du die idealen Umstände deiner Arbeit für dich bestimmen.

Prioritäten sind wichtig

Vielleicht wirst du an diesem Punkt auf gefühlte Konflikte stoßen: Du wünschst dir Sicherheit und Erfolg im Job, Zeit für die Familie und das alles in einer kreativen Branche? Ganz klar: Ab und an wirst du Prioritäten setzen müssen. Man muss nicht alles immer sofort und gleichzeitig haben. Das Leben ist lang und viele Chancen werden sich in Zukunft noch ergeben. Habe also keine Angst davor, ab und an zu priorisieren.

Wichtig ist, dass du mithilfe der vorgestellten Schritte den Prozess der Selbstreflektion anstößt. Über sich selbst und die eigenen Vorstellungen zu reflektieren, ist sicherlich kein Spaziergang. Es winkt jedoch die Belohnung, dass man durch die Definition seiner individuellen Werte, Stärken und Interessen eine überdauernde Orientierung auf dem Weg zum erfüllten Arbeiten erhält.

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