Mit viel Engagement die eigene Selbstständigkeit aufbauen und das Leben als alleinerziehende Mutter meistern – wenn es mal wieder richtig hart wird, kommen unserer Community-Autorin die Gedanken an einen Sugar Daddy, der für finanzielle Sicherheit sorgt.
Auf der Suche nach dem Sommermärchen
„Weißt du was, ich such mir einfach einen Sugar Daddy und alle Probleme sind gelöst!“, werfe ich meiner Freundin Lysanne zum x-ten Mal in wenigen Tagen vor die Füße. „Na, dann mach doch einfach. Warum nicht?“, antwortet sie. Schließlich würden Menschen heutzutage auch ihre Jungfräulichkeit meistbietend veräußern, Samen spenden oder für Leihmutterschaft nach Tschechien fahren. Warum nicht lauter sinnvolle Dinge mit dem Geld eines Herren anstellen, den ein Sonnenbrand mehr stört, als sein Kontostand?
Während sich die Welt gerade kollektiv in den Urlaub verabschiedet und sich die Sonne an den schönsten Flecken dieser Erde aufs Haupt brennen lässt, produziert mein Hirn derlei abstruse Ideen, weil ich Angst habe. Angst, vom Sommerloch verschluckt zu werden, dem Druck nicht standzuhalten, aufgeben zu müssen. So schlimm kann eine „Beziehung“, deren Lebensader finanzieller Natur ist, gar nicht sein, grübele ich weiter. Ich mein, dann ist der Herr vielleicht nicht mehr der Jüngste und Schönste oder hat ein paar komisch anmutende Macken, damit komm ich klar. Licht lässt sich löschen und ich bin auch nicht ohne.
35 Jahre alt, eine von über 2,3 Millionen alleinerziehenden Müttern und Teil der 39,6 Prozent, die diesen Sommer „Balkonien“ als Reiseziel gebucht haben. Das ist mehr als jeder dritte alleinstehende Elternteil, sagt das Europäische Statistikamt „Eurostat“. Bei den Paarfamilien waren es immer noch 19,9 Prozent.
Heute sollte für die nächsten zwei Wochen mein erster Urlaubstag sein, doch ich mache durch, denn ich bin Cafébesitzerin und verzweifelt. Egal, wie ich es drehe und wende, wie gut meine Ideen sind oder die Pläne, an denen ich schmiede, es scheitert am fehlenden Geld.
Aufgeben ist eine Lösung?
Seit anderthalb Jahren versuche ich meine eigene Existenz auf sicherere Füße zu stellen, habe ein Konzept ersonnen, das für Kind, Leben und Job ziemlich gut passt, das seine Fans hat und viele schöne Momente mit sich gebracht hat. Das erfolgreich ist für seine Verhältnisse, aber weit davon entfernt, ein Einhorn zu werden. Ironie des Schicksals, dass es dieses Jahr mit dem Familienfreundlichkeitspreis der Stadt Leipzig ausgezeichnet wurde. Dem
Sonderpreis der Kinderjury, um genau zu sein. Andere fühlen sich mit ihren
Zwergen hier wohl, während ich um das Wohl meiner kleinen Familie sehr besorgt bin. Inzwischen überlege ich immer öfter, ob an der Kasse sitzen im Supermarkt nicht besser wäre. Das wäre kein übermäßig anspruchsvoller Job, auch wenn es eine Kunst ist, die Waren möglichst in Lichtgeschwindigkeit über den Scanner zu ziehen, man die diversesten Nummern für Obst und Gemüse auswendig können muss und die Kunden einen regelmäßig ihr persönliches Unglück spüren lassen. Damit könnte ich leben, habe ich bereits durch, während der Schulzeit.
Bloß ein Café
„Du bist doch immer so ein optimistischer Mensch. Was ist denn plötzlich los?“, fragte vor kurzem eine andere Freundin verwundert. Nichts, genau das ist das Problem! Denn ich habe ganz altmodisch ein Café gegründet, allein, weil ich Mutter wurde, kein Technologie-Startup mit meinen besten Studienkumpels, hippem Office und einer Heerschar Business Angels im Schlepp. Ich möchte kämpfen für das, was ich seit März 2015 aufgebaut und im Januar 2016 eröffnet habe, doch wie, wenn man unbewaffnet loslegen soll?
Als doch einen Mann mit Geld suchen. Einer, der seine Kohle sinnvoller anlegen möchte, als in Markentäschchen und Schönheits-OPs. Der dafür sorgen möchte, dass wir einfach leben können, genießen, träumen, planen können.
„Ja“ sagen als Ausweg
Gestern war ich beim Jobcenter. Ging nicht anders. Und auch wenn ich wusste, was mich erwartet, deprimierte mich die Tatsache, um Hilfe bitten zu müssen. „Sie wollen also wieder Leistung beziehen“, fragte mich die Kundenbetreuerin, freundlich – nehm ich an. Nein, falsch, ich leiste selbst schon mehr als gut für mich ist. Ich möchte dafür bloß entlohnt werden. Wenn’s sein muss, vom Amt. Nach einer Stunde „Beratungsgespräch“ nahm ich alle meine Unterlagen wieder mit, weil dies und jenes noch ergänzt werden musste und „ich selbst nächste Woche in Urlaub gehe und keine Kollegin habe, die sich kümmernkönnte.“ Sie hat Zeit, einen Bürostuhlplatz – befristet, aber immerhin.
Sehnsucht nach Sicherheit
Ich wollte nie heiraten. Aber wenn das eine Bedingung wäre, um meinen Sohn und mich langfristig abzusichern, warum nicht? Ich habe schon öfters „ja“ gesagt, mich in neue Projekte, Lebensabschnitte, Wagnisse gestürzt, dessen Ausgänge ungewisser waren. Und über zwei Jahre in Indien haben mir mehr
als ein Mal vor Augen geführt, dass Liebe nicht zwangsläufig die Grundlage für
eine glückliche Ehe sein muss. Daran lässt sich arbeiten.
Direkt nebenan, nur getrennt durch eine tragende Wand, eröffnet morgen eine Edel-Patisserie, die für den normalsterblichen Kaffeekonsumenten auf den ersten Blick aussieht, wie ein sehr hip und modern eingerichtetes Café. Gibt es für diese Portale, auf denen man nach Sugar Daddys suchen kann, eigentlich eine Altersbegrenzung …?
Maike Steuer lebt in Leipzig und betreibt neben ihrem Café auch ein Blog, auf dem ihr mehr von ihr lesen könnt.
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