Einen Überblick über die eigenen Termine und Aufgaben zu behalten, fällt vielen schwer. Unser*e Autor*in Lee Jansen hat drei Personen nach Tipps gefragt und spannende Antworten, Kalender- und Schreibtisch-Fotos zurückbekommen.
Hier geht’s zur ersten Hälfte der Interviews.
In ihrer Kolumne zum Thema „Selbstorganisation“ schreibt unsere Chefredakteurin Mareice Kaiser, dass sie die „Queen of Chaos“ sei. Ein Zustand, den sicher viele Menschen nachvollziehen können. Schließlich sind wir im Alltag immer mehr Reizen ausgesetzt und der Druck, alle Aufgaben möglichst mit links auf die Reihe zu bekommen und zwischendurch noch Zeit für Meditationsübungen zu haben, steigt stetig. Unsere Expertinnen, die interkulturelle Trainerin Yinka Kehinde, die Head of Menstruation bei „einhorn“ Cordelia Röders-Arnold und die Mitgründerin des Magazins „Neue Narrative“ Lena Marbacher, erzählen im Interview, wie sie ihre Arbeit organisieren und nehmen uns mit auf einen Ausflug in ihre Terminkalender.
Yinka Kehinde
Yinka Kehinde ist als Referentin, Trainerin, Moderatorin und Seminarleiterin in den Themenbereichen Vielfalt und Kommunikation tätig. Sie führt gleich zwei Instagram-Accounts: Unter @yinka.kehinde gibt sie als Expertin für innere Balance Tipps für bessere Selbstführung und Empowerment und auf dem Account @aktive.teilhabe berichtet sie über ihr gesellschaftspolitisches Engagement. Aktuell veranstaltet sie unter dem Motto „Connect & Empower“ ein monatliches Netzwerkevent für Schwarze Frauen und bietet ein 14-tägiges Mini-Training mit Audio und Workbook an, um gelassen durch den Tag zu kommen.
Was liegt auf deinem Schreibtisch?
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„Neben Laptop und Bluetooth-Tastatur liegen auf meinem Schreibtisch in der Regel Notizbuch, Planer und Kalender. Meistens liegen dort auch einige Bücher und Zeitschriften, die ich gerade lese – ich lese meistens mehrere parallel. Ein Füller oder ein Ball-Pen dürfen nicht fehlen. Außerdem habe ich immer kleine bunte Post-its und ein bis zwei bunte Stifte parat. Da ich einen ziemlich großen Schreibtisch habe und ihn auch für kreative Handarbeiten nutze, liegen meistens auch irgendwo noch eine Schmuckzange, Perlen oder Silberdraht rum.“
Wie organisierst du dich selbst? Führst du einen Kalender und wie sieht er aus?
„Ich liebe es, mich zu organisieren, strukturiert zu arbeiten und meine Aufgaben und Abläufe zu optimieren. Als vielinteressierte Persönlichkeit würde ich es ohne auch gar nicht schaffen, vier oder mehr Projekte gleichzeitig durchzuführen. Vielleicht habe ich deshalb vor zehn Jahren eine Zertifizierung zur Prozess- und Projektmanagerin gemacht.
Ich nutze unterschiedliche Methoden und Systeme, um mich zu organisieren. Für meine alltäglichen Aufgaben habe ich einen digitalen Kalender, einen analogen Papierkalender und ein analoges Notizbuch. Der digitale Kalender liefert mir die Übersicht über anstehende Termine. Im analogen Kalender setze ich mir Ziele und plane meine Wochenaufgaben. Dort reflektiere ich auch (ganz kurz) meinen Tag und meinen Monat. Das hilft mir, mich so zu organisieren, dass es zu meinen Bedürfnissen passt. Das analoge Notizbuch nutze ich zum Planen meiner Tagesaufgaben und eben für alle möglichen Notizen. Mein Notizbuch hat ein integriertes Kanban-System, das ich nicht mehr missen möchte: Das Kanban-Board ist ein Tool, mit dem ich meine Aufgaben visualisieren und den Workflow optimieren kann. Mithilfe von Karten oder Post-its und Spalten (z.B. unterteilt in die vier Prozesszustände „to do“, „in Arbeit“, „das wartet“ und „fertig“) kann ich meinen Arbeitsablauf einfach und übersichtlich gestalten. Komplexe Abläufe werden so runtergebrochen und es ist viel einfacher, irgendwo wieder einzusteigen.“
Hat Corona verändert, wie du dich selbst organisierst?
„Aufgrund der Lockdowns habe ich gelernt, mich noch besser zu fokussieren und in wenig Zeit etwas geschafft zu kriegen. Mein Sohn war gerade bei der Tagesmutter eingewöhnt, da kam der erste Lockdown. Zu der Zeit war ich mitten in der Durchführung eines vierwöchigen Online-Workshops und musste nun die paar Stunden abends, wenn mein Mann sich um unseren Sohn kümmern konnte, effektiv nutzen. Die Zeit im Lockdown hat mir auch nochmal bewusst gemacht, wie wichtig es ist, sich so zu organisieren, dass Zeit für Selbstfürsorge bleibt. Ich plane nun nicht unbedingt ,Me-Time’ ein – das ist gerade mit Neugeborenem auch etwas schwierig. Aber ich nehme mir weniger vor und gönne mir spontane, bewusste Auszeiten.“
„Die Zeit im Lockdown hat mir auch nochmal bewusst gemacht, wie wichtig es ist, sich so zu organisieren, dass Zeit für Selbstfürsorge bleibt.“
Yinka Kehinde
Kannst du einen Tipp geben, damit die Selbstorganisation auch im Homeoffice klappt?
„Allen Menschen, die wie ich mit zwei Kleinkindern zuhause arbeiten, kann ich folgenden Tipp geben: Überlege dir am Vorabend, was deine Priorität für den kommenden Tag ist und schreib sie dir auf. So verlierst du im turbulenten Tag nicht die Sicht auf dein Ziel. Plane gezielt Zeit mit deinen Kindern und Zeit für deine Arbeit ein. Dann verzettelst du dich nicht dabei, beides gleichzeitig machen zu wollen.“
Cordelia Röders-Arnold
Cordelia Röders-Arnold ist Head of Menstruation bei „einhorn“ und teilt auf ihrem Instagram-Account gerne Tipps zu den Themen Zeitmanagement und Organisation – besonders im Homeoffice.
Was liegt auf deinem Schreibtisch?
„Kopfhörer zum Wechseln für (manchmal zu viele) Videokonferenzen, ,einhorn‘-Menstruationstassen (eignen sich wunderbar als Knautschutensil beim Nachdenken), unsere Bio-Binden (weil ich die gerade für ein großes Projekt vor Augen haben muss), Haftnotizen, auf denen ich notiere, was nicht vergessen werden darf (klebe ich auf den Schreibtisch und zerknülle sie, wenn erledigt – nicht die nachhaltigste Lösung, aber so befriedigend), mein Planer ,Ein guter Plan‘, ein Anspitzer (Ich mag das Gefühl, Gedanken mit gespitztem Bleistift zu fassen), hin und wieder Kuchen am Nachmittag und immer ein großes Glas Wasser, weil ich sonst trinke wie ein Spatz.“
Wie organisierst du dich selbst?
„Ich überlege mir Monats- und Wochenziele und kaskadiere sie auf tägliche Aufgaben herunter. Seit diesem Jahr habe ich für meine Planung den Terminkalender von ,Ein guter Plan‘. Ich nutze nicht alle Features, aber die Monats- und Wochenplanung sind super, damit ich mich auf die wirklich wichtigen Dinge fokussiere und auch der Blick auf mein körperliches und mentales Befinden und die Monatsreflexion helfen mir, in dieser wilden Zeit achtsam zu sein und bei mir selbst zu bleiben.“
Führst du einen Kalender und wie sieht er aus?
Hat Corona verändert, wie du dich selbst organisierst?
„Ich hab mich schon immer gern selbst organisiert und mag das Gefühl, einen Plan zu haben. Schon vor Corona habe ich viel im Homeoffice gearbeitet, weil ich in Niedersachsen auf dem Land wohne und nur ein paar Tage die Woche zu ,einhorn‘ nach Berlin fuhr. Seit Corona habe ich aber ein noch größeres Bedürfnis nach Struktur und Selbstorganisation. Vielleicht liegt es daran, dass ich seit einem Jahr fast komplett im Homeoffice bin und vorher sehr viel Wirksamkeit aus der Face-to-Face-Zusammenarbeit mit Kolleg*innen, dem gemeinsamen Denken und Arbeiten gezogen habe. Bis das wieder so richtig geht, ziehe ich Zufriedenheit daraus, zu erledigen, was ich mir vornehme. Vielleicht ist es auch die Routine, die mir in dieser Zeit besonders guttut. Mir zumindest relativ klar zu sein, was mein Plan ist, gibt mir ein Gefühl von Sicherheit – gerade in dieser unsicheren Zeit.“
Kannst du einen Tipp geben, damit die Selbstorganisation auch im Homeoffice klappt?
„Ich schreibe mir morgens auf, welche Aufgaben anstehen und nummeriere sie nach ihrer Priorität. Das klingt schrecklich nerdig, aber hilft mir, mich ein bisschen zu automatisieren. So muss ich nicht während der Arbeit darüber nachdenken, wieviel Lust ich jetzt genau auf die nächste Aufgabe habe. Die Gefahr, dass ich unliebsame Aufgaben über Tage hinweg aufschiebe, ist so etwas kleiner. Auch wichtig: Gut zu sich selbst sein, wenn es mal nicht so läuft, oder die Motivation im Keller ist. Ich mache dann einen Spaziergang, roll die Yogamatte aus oder schnapp mir ein Buch. Ich habe Anfang des Lockdowns einen guten Spruch gelesen: ,You’re not working from home. You are at your home during a crisis trying to work.‘ Dass Homeoffice während der Corona-Pandemie für viele Menschen eine Herkulesaufgabe ist (weil ihre Wohnsituation ungünstig ist, sie nebenbei ihre Kinder betreuen müssen und/oder es für sie mental herausfordernd ist), sollten wir bei aller Liebe zur Selbstorganisation nicht vergessen.“
Lena Marbacher
Lena Marbacher hat das Wirtschaftsmagazin „Neue Narrative“ gegründet und setzt sich dort vor allem mit New Work und der Umsetzung einer Wirtschaft auf Augenhöhe auseinander. Wie man eigentlich im Blick behält, welcher Tag heute ist und alle anderen existentiellen Fragen rund um Selbstführung beantwortet Lena diesen Monat übrigens auch live auf unserem Instagram-Account, am 14. April um 18 Uhr.
Was liegt auf deinem Schreibtisch?
„Kanne grüner Tee, Tasse, Laptop, Notizheft, Nagellack, Stift, Kopfhörer, Smartphone.“
Wie organisierst du dich selbst?
„Ich nutze die Grundlagen von ,Getting Things Done‘, um meine täglichen Aufgaben und meine Projekte zu steuern. Da ich in einem selbstorganisierten Unternehmen arbeite, ist individuelle Selbstführung oder Selbstmanagement besonders wichtig. Denn nur, wenn jede*r seine*ihre Aufgaben selbst priorisieren und fokussieren kann, ist eigenverantwortliches Arbeiten gut möglich. Das Prinzip ist simpel: Alle Dinge, die auf mich einprasseln, landen in meiner digitalen Inbox und kommen mindestens einmal die Woche auf Wiedervorlage. Eine digitale Inbox ist nichts anderes als eine Liste mit Informationen. Dann entscheide ich, ob sie irrelevant sind, ich einen Termin vereinbaren möchte, ich ein Projekt daraus ableiten kann, oder direkt nächste Schritte daraus entstehen. Außerdem gibt es die Zwei-Minuten-Regel: Was innerhalb von zwei Minuten erledigt werden kann, mache ich sofort. Außerdem unterscheide ich meine Arbeit in Deep-Work- und Shallow-Work-Phasen und auch darin nehme ich verschiedene Haltungen ein, die ich mir zunutze mache: beispielsweise beobachten und sammeln, schnelles Entscheiden, konzentriert etwas ausarbeiten. “
Führst du einen Kalender und wie sieht er aus?
„Kann jemand ohne? Meiner ist immer recht voll und wechselt zwischen Meetings, Gesprächen, gemeinsamen Workathons, Brainstormings, und Feedback und so weiter. Vormittags arbeite ich fast immer und am liebsten für mich allein hochkonzentriert.“
Hat Corona verändert, wie du dich selbst organisierst?
„Nein. Das liegt daran, dass wir schon vorher remote-first gearbeitet haben und unsere gesamte Infrastruktur digital ist. Ich sehe nur die Leute nicht mehr live. Das ist natürlich schade, aber an einigen Tagen genieße ich die Ruhe dafür sehr.“
Kannst du einen Tipp geben, damit die Selbstorganisation auch im Homeoffice klappt?
„Ich kann empfehlen, sich bewusst zu machen, wann welche Art von Arbeit zu meiner Tagesverfassung passt. Starte ich lieber jeden Tag mit einem Plan für den Tag oder mache ich das einmal die Woche? Setze ich mir ein Wochenziel oder lasse ich es vor sich hindümpeln? Es geht nicht darum, alles zu erreichen und sich immer mehr zu stressen, sondern sich selbst besser kennenzulernen, um irgendwann realistisch mit sich selbst zu sein. Und dann eben auch mal zu etwas Nein zu sagen.“
Welcher Tag ist heute? Und die Antwort auf alle anderen Fragen.
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