In ihrer Kolumne „Familie und Gedöns“ schreibt Lisa über alles, womit sich Eltern so beschäftigen (müssen), diesmal: ein neues Magazin für „moderne Väter“.
Ein Magazin für die motivierte Väter-Mittelschicht
War ja eigentlich nur eine Frage der Zeit, dass ein großer Publikumsverlag auf die Idee kommt, für Väter zielgruppengerecht ein eigenes Heft aufzulegen: Schließlich beschäftigen Frauen sich seit Jahren und Jahrzehnten dank „Eltern“, „Brigitte Mom“ und so weiter mit allen erdenklichen Fragen rund um die Kinder-Aufzucht, während Männer Eskapismus betreiben und auf „GQ“ und ähnliche Männer-Kiosk-Literatur ausweichen konnten. Höchstens vielleicht mal ein Blick in „Nido“. Das hat jetzt ein Ende:
„,Men’s Health Dad’ – eine Zeitschrift, die sich an Kerle mit Kindern richtet, ohne dabei aber die Bedürfnisse des Mannes aus den Augen zu verlieren. Denn nur weil ein neues Leben anfängt, muss ein altes ja nicht gleich ganz aufhören. ,Kind haben, Kerl bleiben’ lautet deshalb auch das Motto unseres Männer-Magazins“. Klingt irgendwie ein bisschen nach Midlife Crisis. Nach einer ersten Testausgabe im vergangenen Jahr ist jetzt das zweite Heft erschienen, eine regelmäßige Erscheinungsweise ist geplant – da finden wir es natürlich spannend, mal zu schauen, welches Bild von Vaterschaft so eine Neugründung bedienen möchte.
Aber fragen wir doch erstmal die Zielgruppe:
„Ach, sieh mal an, das ist ja wie für mich gemacht“, sagte mein Mann hoch erfreut, als ich ihm das Heft abends mitbrachte und er ein bisschen blätterte, „schließlich bin ich der Prototyp des modernen Super-Dads“. Selbst mit größter Mühe fiel es schwer, aus dieser Aussage zumindest ein Fitzelchen Ironie herauszuhören. Es war wahrscheinlich einfach keine drin.
Die moderne Vaterschaft korrekt angehen
An Selbstbewusstsein und Überzeugung, die Sache mit der modernen Vaterschaft völlig korrekt anzugehen, mangelt es den Machern ebensowenig wie meinem Mann: „Wir gehören zu den rund 60 Prozent der verantwortungsbewussten Väter, die sich nach aktuellen Studien mehr Zeit für ihre Kinder wünschen und auf der Suche sind nach einer ,möglichst idealen Kombination aus Vaterdasein und Berufstätigkeit´, wie es der Münchener Familienforscher Wassilios Fthenakis formulierte.“
Aus irgendeinem Grund bin ich die Lektüre mit einem spöttischen Grundgefühl angegangen, von wegen „Ja klar, ihr ganzen verantwortungsvollen Super-Papas, jetzt könnt ihr euch mal richtig geil vorkommen und nachlesen, wie toll ihr alles macht“ – aber nach dem Lesen muss ich zugeben: Häme ist hier wirklich nicht angebracht, denn das Heft liest sich tatsächlich an vielen Stellen wie eine Bilderbuch-Anleitung für den perfekten Vater, dazwischen eine nicht unangenehme Mischung aus Lifestyle- und Service-Themen – dagegen ist wirklich gar nichts zu sagen: Geschichten wie jene über 14 Männer, die das heute immer noch Unvorstellbare gewagt haben und nach der Geburt der Kinder in Teilzeit gegangen sind, finden sich zwischen dem klassischen „Nido“-Programm wie der Herstellung eines gesunden Burgers, den schönsten Tipps bei Regenwetter und der Frage, in welchem Alter man endlich mit seinem Kind „Star Wars“ gucken darf.
Und irgendwie ist man gar nicht sooo böse, dass zwischendrin auch etwas Mario-Barth-mäßig die „Bedienungsanleitung Baby“ zu finden ist oder eine anatomische Übersicht darüber, was bei Frauen nach der Geburt alles nicht ganz so tutti ist (Titten, Bauch, Bindegewebe, Stimmung). Schwamm drüber!
Dafür lesen wir sowas viel lieber: „Jeder Junge will den besten Vater der Welt. Einen, der über Gartenschläuche genauso viel weiß wie über Grafikkarten im PC. Einen, der klaglos den Hinterreifen eines 21-Gang-Fahrrads reparieren und eine Zwille aus einer Astgabel bauen kann. Einen, der sagt, was recht und unrecht ist, und den Kopfsprung vom Dreier beherrscht. Ganz schön anstrengend, so ein Ideal-Vater zu sein. Aber in der Praxis muss man nicht alles können. Eines aber muss man haben – Profil. Eine Persönlichkeit, an der sich Kinder reiben oder mit der sie sich identifizieren können, um sich selber zu finden. Einen mutlosen, verzweifelten oder verstummten Vater brauchen Kinder ebensowenig wie einen, der nicht präsent ist, weil er die meiste Zeit im Büro verbringt oder aus der Familie längst in Hobbys oder Ehrenämter geflohen hat. Profil bedingt Präsenz.“
Heftgewordene Selbstbestätigung
Ein Freund nimmt gerade sieben Monate Elternzeit, er gehört zu der Handvoll in Deutschland, die sich das 50:50 mit der Partnerin teilen. Und er wird zunehmend verzweifelter angesichts von Müttern, die ihn beim Pekip
und Babyschwimmen die kalte Schulter zeigen – zumindest fühlt es sich für ihn so an. Für Väter wie ihn ist dieses Heft ein Trost, eine Aufmunterung,
ein Heft gewordenes Schulterklopfen, das Männer wie er sich redlich verdient haben: Die Bestätigung: Es ist super, was du machst, und in ein paar Jahren (oder Jahrzehnten) wirst du damit prahlen können, dass du schon für dein Kind da warst, als der ganze ignorante Väter-Rest dafür noch zu verstockt war.
Natürlich, es geht in „Dad“ sehr viel um Selbstvergewisserung – so wie Selbstvergewisserung eben auch für „Nido“ oder andere ähnlich hübsch produzierte Hefte die Existenzgrundlage ist. Ein so hübsches Heft kauft man sich schließlich, um sich danach besser zu fühlen. Und für alle Väter, die an ihrer Superdad-Rolle noch zu feilen haben, sind definitiv ein paar gute Anregungen drin.
Mehr bei EDITION F
11 Väter, die uns inspirieren. Weiterlesen
Die aktuelle Mutterrolle: eine unheilige Allianz zwischen Marissa Mayer und Mama-Bloggerin. Weiterlesen
Papa bleibt zwei Tage beim kranken Kind zu Hause? Na Bravo! Weiterlesen