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„Lass das bitte, Hektor!“ Aus welchem Milieu stammen Kinder, die wie Bulldoggen heißen?

In ihrer Kolumne „Familie und Gedöns“ schreibt Lisa über alles, womit sich Eltern so beschäftigen (müssen), diesmal: Namensfindung.

Gefürchtete Kommentare zum Thema Babynamen

Eigentlich wollte ich gar nicht groß zum Thema Namensgebung schreiben, nachdem es kaum ein Thema gibt, bei dem man derart einfach mit einer guten Handvoll vorgefertiger Phrasen und Merksätze durchkommt, ohne sein Gehirn einschalten zu müssen: „Ach, das finde ich zu abgedroschen“; „Ist halt echt der totale Modename momentan“; „Echt? Hast du keine Angst, dass er/sie später mal geärgert wird?“; „Ist für ein Baby vielleicht süß, aber stell dir mal einen erwachsenen Mann/eine erwachsene Frau mit DEM Namen vor“; „Also wir haben einen x/eine y in der Kita und die ist echt total unsympathisch“; und natürlich: „Hm. Interessant.“

Angesichts dieser nicht gerade herzerfrischenden zu erwartenden Reaktionen ist es fast verständlich, dass es sehr viele Leute gibt, die den Namen ihres noch im Bauch befindlichen Babys nicht verraten wollen; trotzdem nerven mich diese Leute ungemein (genau wie Leute, die sich das Geschlecht ihres Kindes haben sagen lassen und diese Information dann geheim halten. Wichtigtuer!) Ich bin eben neugierig, aber noch viel wichtiger: Ich habe viele schlaue Ratschläge, was die Namensgebung betrifft. Außerdem bringt es in der Regel ohnehin nichts, mir etwas verheimlichen zu wollen, ich komm auch so drauf! Den Namen des vor kurzem geborenen Sohnes einer Freundin hatte ich tatsächlich schon Monate vorher korrekt vorausgesagt, trotz aller Heimlichtuerei.

„Ih, das ist doch kein Name!“

Ich selbst bin mit dickem Fell ausgestattet, plaudere also meine Namensüberlegungen freigiebig aus an jeden, der mich fragt, und sehe großzügig darüber hinweg, wenn wie neulich eine gute Freundin „Ih! Das ist doch kein Name, bitte tu das nicht!“ sagt.

Es ist ja nunmal so: Mit der Wahl eines Namens für sein Kind ordnet man sich unweigerlich in eine bestimmte Kategorie Eltern ein, ob man das möchte oder nicht. Vielleicht gehört man zu den Langweilern oder Auf-Nummer-Sicher-Gehern und nennt sein Kind Anton, Emil, Paul, Jonathan, Oskar, Mia, Emma, Frieda oder Ida. Damit kann man zurzeit einfach nicht viel falsch machen. Außer dass ganz viele Leute hinter deinem Rücken sagen: „Naja, originell ist das ja auch nicht gerade“. Mit diesen Namen bewegen wir uns in einem bestimmten bürgerlichen Milieu, das in Berlin-Prenzlauer Berg genau so anzutreffen ist wie in ländlichen Gegenden oder Kleinstädten.

Leute, die adlig sind oder gerne wären, entscheiden sich für mindestens dreiteilige Namen („Ludwig Enoch Victor Maximilan“, „Emilia Charlotte Helene“).

Auch so eine seltsamer Milieu-Trend: Seinen Babys Namen zu geben, die eher zu einer Englischen Bulldogge passen würden als zu einem Neugeborenen: Morpheus; Hektor; Wilma.

Ein Bekannter von uns ist Kinderarzt und arbeitet in einer Kinderklinik in den so genannten neuen Bundesländern. Mir ist schon klar, dass es nicht mehr sonderlich originell ist, sich über die Namensvorlieben bildungsferner Schichten und anderer Sonderlinge lustig zu machen, seit Uwe Ochsenknecht Kinder bekommen hat; wir finden es aber trotzdem amüsant, dass die Kinder in der Kinderklinik Cin Cin Champagne, Mia-Mina-Milka und Flynn-Legolas heißen; ist halt so.

Bewusst oder unbewusst ordnet man sein Kind durch die Namensgebung einem bestimmten sozialen Biotop zu, und damit muss man sich auseinandersetzen: Will ich das? Warum nicht? Und welche Alternativen habe ich? Wurde mein Wunschname schonmal in einem Gerhard-Polt-Sketch benutzt? Stehe ich zu meinem Biotop? Soll ich mein Kind Charity-Cheyenne nennen, damit keiner merkt, dass ich in Berlin-Prenzlauer Berg wohne? Und: Vorurteile gegen Namen können soziale Benachteiligung stärken, auch das gilt es zu beachten.  Hier steht, was Fachleute raten, wenn es um die Namenswahl geht.

Feedbackkultur im Vornamen-Forum

Jedenfalls: Im Zuge meiner Suche nach Inspiration bin ich in die Welt der Vornamen-Foren geraten – und komme da nicht mehr raus. Es ist einfach zu schön. Die Kommentare und Gemeinheiten dort werden eigentlich nur noch von Kommentaren in Foren für Frauen während der Fruchtbarkeitsbehandlung und für Erstmütter überboten. Gut gefällt mir die Möglichkeit, sich in diesen Foren beraten zu lassen. Das sieht dann etwa so aus, dass eine werdende Mutter nach einem Mädchennamen sucht, der ein „o“ enthält, aber nicht auf „a“ endet. Sie kriegt ungefähr tausend Vorschläge von eifrigen Foren-Teilnehmerinnen und ihre Antwort sieht dann so aus:

„Erstmal danke!
Leonie – ist mir zu sehr Modename und zu niedlich
Loreen – diese eingedeutschen englischen Namen mag ich gar nicht
Doreen – siehe Loreen
Lotte – eigentlich hübsch, ich hab nur Angst, dass das zu sehr nach Pferd klingt.. oder nach „verlottert”.
Sofie – Sophie ist ein hübscher Name, aber ja leider extrem häufig
Zoe – mag ich irgendwie nicht – und würd ich beim Göga eh nicht durchkriegen.
Molly – zu englisch, und für das deutsche Ohr kommt dann die Assoziation ,mollig’, das mag ich nicht
Lotta – *g* Aufgabenstellung nicht verstanden. Setzen.
Collien – siehe Loreen und Doreen.
Charlotte – eigentlich ein schöner, klassischer Name. Da ich ürsprünglich aus Hessen komme, habe ich da sofort ein SCHALODDE im Ohr.. das geht dann gar nicht. 😉

Ich weiß, ich bin schwierig!

Vielleicht kommen ja noch mehr Vorschläge?“

Ein bisschen dreist, erstmal nur zu meckern und dann aber noch mehr Vorschläge abgreifen zu wollen, finde ich. Bei machen Einträgen bin ich nicht ganz sicher, ob es sich um Satire handelt, wenn etwa „Cady“ schreibt:

„Hallo, wir haben bereits unseren Sohn Connor Gabriell (5) und wollten für ihn noch ein Geschwisterchen…Und nun erwarte ich Drillinge…Schon bei Connor war die Namensauswahl der Horror…Doch nach sehr langen Diskusionen haben wir uns dann für

Davy Robin

Zoe Janice

Enny Lilyan

entschieden….“

und:

„Hallo, wir suchen Namen (EN & ZN) für unser 11 & 12 Kind (2 Mädchen)! Ich habe bereits 9 Töchter und einen Sohn. Ayla Joana (14); Robin Leander (13); Lelya
Meryem (10); Cleo Thalia (8); Merle Fiona (8); Felice Maelle (6); Estelle
Aurelie (5); Luana Celine (4); Thea Philippa (3); Linea Rosa (2).

Bis jetzt haben wir die Namen Xenia und Samira als EN. Als ZN wissen wir noch nichts. Hat jemand Vorschläge?“

und, einer noch:

„Was haltet ihr von diesen Namen? Bzw. gibt es die?

Y (,Huai’) (m)

Wibeke (w)

Hong (m)

Dagomira (w)

Xantippe (w)

Winnie (m/w)

Skadi (w)

Bint(h)a (w)

Batek (m)

Wanja/Wanya (m)

Liedenij (,Liidenai’) (w)

Lidewij (w)

Ginger (w)

Ingibjörk (w)

Ljubica (w)

Danke!“

Ach, und wo wir gerade dabei sind: Ich bin auf der Suche nach einem Mädchennamen, der entweder auf „i“ oder auf „o“ endet. Anregungen sind herzlich willkommen. Ich geb’ auch ausführlich Feedback, versprochen!

Foto: mliu92 I flickr I CC BY-SA 2.0

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