Foto: Julia Bartelt

Linda-Marlen Leinweber über Erfolg im Job: „Mentale Stärke ist ein Key-Skill“

Die Psychologin Linda Leinweber weiß aus Erfahrung, dass es gerade Frauen im Job oft schwerfällt, sicher und selbstbewusst aufzutreten. Mit diesen Tipps können wir uns mental stärken und unseren Zielen ein Stück näher kommen.

Dieses Interview ist als Teil der Female Empowerment Kampagne anlässlich des Weltfrauentags 2022 in der Sonderpublikation von Mediaplanet | DIE WELT und FAZ E-Paper erschienen.

Sich selbstsicher fühlen und Selbstbewusstsein ausstrahlen – für Frauen in Führungspositionen ist das oftmals eine Herausforderung. Die Angst vorm Präsentieren ist besonders weit verbreitet. Aber keine Sorge, dagegen lässt sich etwas unternehmen.

Liebe Linda, wieso müssen diese Eigenschaften bei Frauen besonders häufig gestärkt oder sogar antrainiert werden?

„Ich denke, es gibt verschiedene Einflussfaktoren: Frauen werden mit einer stärkeren sozialen Komponente sozialisiert als Männer. Eigenschaften wie fürsorglich sein, aufeinander achten, empathisch sein, werden durch bestimmte Spielformen gefördert und geübt und durch positive Rückmeldung des Umfeldes verstärkt. Dominanz und Durchsetzungskraft nehmen oft weniger Raum ein.

Darüber hinaus werden viele junge Mädchen und Frauen immer noch stark darauf gepolt, dass das Lebensziel darin besteht, einen Mann fürs Leben zu finden, zu heiraten und Kinder zu bekommen. Auch hier zeigt sich die weibliche Rolle stark darin, für andere da zu sein, Verständnis zu zeigen und für Harmonie zu sorgen. Sich eine eigene berufliche Identität und Unabhängigkeit zu schaffen, wird weniger von dem Umfeld gestärkt, als die Rolle einer „guten Frau“ an der Seite eines Mannes zu sein. Zu viel Selbstvertrauen und Selbstständigkeit kann sogar durch Abwertung gestraft werden: Frauen sind schnell ,die Rabenmutter‘ oder ,das Mannsweib‘ oder werden als ,verbissen‘ beschrieben – das wirkt wenig motivierend, den eigenen beruflichen Erfolg zu priorisieren. 

Ich habe die Vermutung, dass diese Einflussfaktoren (neben anderen) dazu führen, dass Frauen Motive von Nähe und Verbundenheit stärker leben als ein Streben nach Autonomie und dem Durchsetzen der eigenen Bedürfnisse. Frauen schauen mehr auf sich in der Gemeinschaft und wünschen sich ein harmonisches Miteinander. Die Antennen für emotionale Regungen bei sich selbst und bei dem Gegenüber sind sensibler ausgeprägt. Das hat viele positive Aspekte, zum Beispiel, dass ein Perspektivwechsel leichter erfolgen kann, aber es hat auch die Schwierigkeit, dass Frauen sich meist schlechter von unangenehmen Gefühlen distanzieren können.

Sorgen von ,Was könnten die anderen denken, wenn ich xy mache? Werden sie mich dann noch mögen?‘ sind in der Regel bei Frauen häufiger zu finden als bei Männern. Gerade wenn man die Hierarchiestufen weit nach oben klettert. Innere Antreiber von ,Ich möchte es allen recht machen!‘ erschweren eine selbstsichere Haltung in einer Position, in der das realistischerweise nicht möglich ist. Als Führungskraft sind wir gezwungen, Mitarbeitende oder Kund*innen abzuweisen, zu entlassen, Konflikte zu lösen. Frauen geraten hier – meiner Erfahrung nach – öfter in einen inneren Konflikt, weil es nicht ihrer Natur entspricht, Harmonie herzustellen.“

Mit Souveränität zum Erfolg – wie wichtig ist mentale Stärke dabei?

„Mentale Stärke drückt sich für mich in der Fähigkeit aus, Krisen und Down-Phasen angemessen schnell zu überwinden und für sich so daraus zu lernen, dass man zukünftig gar nicht mehr so tief fällt.

Der Weg zum persönlichen Erfolg – und unser aller Alltag! – ist durch diese natürlichen Höhen und Tiefen geprägt. Mentale Stärke ist für mich so gesehen ein Key-Skill. Wir können uns nicht von Belastungen, stressigen Phasen oder traurigen Momenten isolieren. Aber wir können den Umgang lernen. Und das stärkt die Selbstwirksamkeit – die wir alle brauchen für ein glückliches und selbstbestimmtes Leben.“

Welche Tipps und Tricks kannst du Frauen an die Hand geben, wenn sie Angst vor Präsentationen haben?

„Die Angst vorm Präsentieren ist weit verbreitet – ich teile meine Tipps gerne in 3 Phasen: Vorbereitung (ist die halbe Miete!), kurz vor dem Präsentieren und während des Präsentierens.

Kommen wir zu Phase 1, die Vorbereitung:

Übe die Präsentation in einem Setting, das dem realen Setting möglichst entspricht!

  • Beschäftige dich mit deiner Audience! Wer hört mir zu? Passe deinen Inhalt auf die Bedürfnisse der Audience an
  • Schau dir – wenn möglich – auch die Räumlichkeiten an, mach dich mit dem technischen Set-Up vertraut und vermeide so Stressmomente im Vorfeld
  • Visualisiere dich während der Präsentation – wie wäre es, wenn alles perfekt läuft! Wie sprichst du? Wie bewegst du dich? Welches Gefühl kommt in dir auf? Was hörst du? Was riechst du? Nutze alle Sinne!
  • Überlege dir mögliche Fragen und bereite die Antworten vor
  • Die ersten fünf Minuten sind die kritischsten – überlege dir im Vorhinein einen guten Einstieg und lerne ihn auswendig

Weiter geht’s mit Phase 2, kurz vor der Präsentation:

  • Komme mit genügend Zeitpuffer – ich nehme mir gerne 30 Minuten Zeit davor, um alles einzurichten
  • Knüpfe, falls möglich, Beziehungen zu den Teilnehmer*innen. Sprich mit ihnen und suche dir jemanden aus, der dir sympathisch erscheint. Schau die Person während der Präsentation immer mal wieder an und erde dich
  • Gehe fünf Minuten in einen ruhigen Raum (auch die Toilette zählt) und mache eine Atemübung, um dein vegetatives Nervensystem zu beruhigen. Das senkt den Herzschlag, macht deine Stimme größer und erlaubt dir Konzentration
  • Nimm Magnesium ein
  • Schließe die Augen und stell dir nochmal vor, wie du beim Präsentieren glänzt

Und zum Abschluss Phase 3, während der Präsentation:

  • Atme in den Bauch
  • Spüre den Boden unter deinen Füßen. Hol dich ins Hier und Jetzt
  • Erlaube dir Pausen
  • Stell dir vor, dass jemand mit dir präsentiert, den*die du magst und der*die viel von dir hält – erzähle diesem*r wohlwollenden imaginären Begleiter*in deine Worte
  • Halte die Hände über Gürtellinie – nimm ggf. einen Stift in die Hand oder einen Presenter
  • Sprich lieber langsamer als zu schnell
  • Stell dir vor, dass du riesengroße Flügel hast, die aus deinen Schulterblättern wachsen – sie lassen dich aufrecht und würdevoll dastehen
  • Remember: 7 Prozent des Inhalts bleibt hängen – der Rest der Message wird über Körpersprache, -haltung und Stimme beeinflusst. Es ist also weniger wichtig, was du sagst als wie du es sagst
  • Berühre Menschen“

Mehr über die Psychologin Linda-Marlen Leinweber erfahrt ihr hier.

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