Foto: rawpixel.com

6 Strategien, um mit Narzisst*innen im Job klarzukommen

Man muss nicht mit allen im Büro perfekt auskommen, so lange der Umgang sachlich bleibt. Doch wie geht man mit Narzisst*innen um? Hier kommen sechs Ansätze.

Narzissmus ist meist die Ursache von Mobbing

Vielleicht gibt es in eurem Büro diesen einen Menschen, mit dem ihr euch einfach nicht versteht. Ihr hasst euch nicht, doch richtig sympathisch werdet ihr euch auch nie sein. Das ist an sich kein Problem: So lange der Umgang friedlich und professionell bleibt, lässt es sich damit ganz gut leben. Aber manchmal wird es eben dann aber vielleicht doch unprofessionell und wie ihr am besten damit umgeht, schreibt Nathalie Gaulhiac von Business Insider.

Mit einem*r Narzisst*in im Arbeitsumfeld sieht es nämlich oft anders aus. „Nicht selten lassen sich Respektlosigkeit und Mobbing am Arbeitsplatz durch extremen Narzissmus erklären“, sagt der Psychologe Craig Malkin in seinem Buch „Der Narzissten-Test“.

Mit einem*r Narzisst*in umzugehen, ist alles andere als leicht. Er*Sie kritisiert alles, was ihr sagt, macht euch bei kleinen Fehlern runter, gibt seine*ihre eigenen Fehler nicht zu und übernimmt auch gerne mal die Anerkennung für eure Arbeit. Das macht nicht nur schlechte Laune, sondern schlägt sich auf Dauer auf die Psyche nieder.

Das Problem:

Sowohl Zurückhaltung als auch Konfrontation können dazu führen, dass sich das Verhalten des*der Kollegen*in oder Chef*in verschlimmert, sagt Malkin. „Zurückhaltung kann dazu führen, dass sich narzisstische Kolleg*innen oder Vorgesetzte noch mehr Gedanken darüber machen, wie sie selber abschneiden“, so der Psychologe. Je intensiver Narzisst*innen darum bangen, im Job zu scheitern, desto arroganter werden sie.

Mit ehrlichem Feedback ist es ähnlich. Anstatt es anzunehmen, „werden sie noch ungehaltener und aggressiver, und der*die ohnehin schon schlecht behandelte Mitarbeiter*in muss sich auf eine scharfe Zurechtweisung gefasst machen.“

Trotz alledem gibt es konkrete Schritte, die ihr gehen könnt, um euch den Arbeitsalltag erträglicher zu machen. Malkins Strategien, die wir für euch aufgelistet haben, dienen nicht nur eurem Selbstschutz, sondern können auch dabei helfen, dem*der Narzisst*in einen kleinen Denkanstoß zu geben.

1. Haltet jeden Vorfall schriftlich fest

Ohne Nachweise könnt ihr das Verhalten eurer*s Kolleg*in oder Chef*in schlecht belegen. Deswegen solltet ihr sorgfältig alle Vorfälle aufschreiben und dokumentieren — wortgetreu, samt Ort, Zeitpunkt und möglichen Zeug*innen. Das Ganze solltet ihr auf einem privaten Gerät speichern, da eure Firma Zugriff auf euren Arbeitscomputer hat.

Grundsätzlich rät Malkin jedoch, nicht gleich den ersten Vorfall zu melden. Während das erste Mal von Vorgesetzt*innen als unglücklicher Einzelfall abgetan werden kann, habt ihr mit einer sorgfältig dokumentierten Liste ein kraftvolles Beweisstück in der Hand.

Der Psychologe rät zudem davon ab, dem*der Kolleg*in oder Vorgesetzten sofort unter die Nase zu reiben, dass er sich daneben benommen hat — eine direkte Anschuldigung drängt nämlich in die Defensive. „Geben Sie dem anderen die Chance, sein Gesicht zu wahren“, so Malkin. Das mag frustrierend sein, schließlich gibt dieser euch auch keine Chance. Aber nur so kommt ihr zu ihm durch. 

Anstatt den*der Narzisst*in in einem Meeting vor den anderen bloßzustellen, könnt ihr laut Malkin zum Beispiel folgende E-Mail nach der Besprechung verschicken: 

„Vielleicht erinnern Sie sich noch, dass dieser Vorschlag von mir stammte. Siehe unten. Es freut mich, dass Sie Ihre Meinung dazu geändert haben, und dass wir das Team mit der Idee beeindruckt haben! Bitte verständigen Sie mich unter CC, wenn Sie die Urheberschaft des Designs abklären.“

2. Bringt den Fokus von euch auf die eigentliche Aufgabe zurück

Da Kritik bei Narzisst*innen meist nicht angenommen wird, könnt ihr versuchen, die Aufmerksamkeit zurück auf die anstehende Aufgabe zu lenken.

Malkins Strategie besteht aus zwei Elementen: Nachfragen („Können Sie mir erläutern, wie uns das hilft, das Problem zu lösen?“) und Abfragen („Was genau soll ich tun?“). Dabei solltet ihr möglichst auf einen schnippischen oder bissigen Tonfall verzichten — leichter gesagt als getan.

Hier sind zwei Beispiele, wie ihr diese Strategie im Arbeitsalltag anwenden könnt:

Situation mit einem*r Vorgesetzten: Ihr stellt ein Projekt vor und der*die Chef*in zweifelt an eurem Konzept. Er geht so weit, in Frage zu stellen, ob ihr überhaupt das Zeug für die Aufgabe habt.

Eure Antwort: „Können Sie mir erläutern, wie mir das bei den Problemen, die Sie sehen, weiterhilft? Was genau wollen Sie anders haben?“

Situation mit einem*r Kolleg*in: Im Projekt ist der Gruppe ein Fehler unterlaufen und euer*eure Kolleg*in gibt euch die Schuld an allem.

Eure Antwort: „Kannst du mir erklären, wie das dazu beiträgt, dass unser Projekt vorankommt? Was genau erwartest du von mir?“

3. Bringt den*die Narzisst*in dazu, seine*ihre Gefühle einzugestehen

In einigen Fällen ist das unangebrachte Verhalten von Narzisst*innen auf der Arbeit auf Unsicherheiten zurückzuführen. Malkin rät, den*die Kolleg*in oder Chef*in in einem kollegialen Ton dazu zu ermutigen, über seine Unsicherheiten zu sprechen.

Indem ihr zunächst eure eigenen Gefühle ermittelt, könnt ihr erkennen, welche Emotionen auf euch abgewälzt werden. Fühlt ihr euch hilflos oder unter Druck gesetzt? Dann versucht, euren*eure Chef*in oder Kolleg*in dazu zu bringen, diese Emotionen einzugestehen.

Die Strategie kann im Arbeitsalltag zum Beispiel so aussehen:

Situation mit dem Vorgesetzten: Euer Chef kritisiert, dass eure Arbeit den Anforderungen nicht gerecht wird, ohne konkrete Beispiele zu nennen — dadurch fühlt ihr euch wie ein*e Versager*in.

Reaktion: „Sie scheinen heute besonders besorgt über den Erfolg des Projekts zu sein. Haben Sie etwas gehört, das Sie beunruhigt?“

Situation mit dem*der Kolleg*in: Jemand kritisiert eine eurer Entscheidungen, obwohl alle anderen diese Entscheidung gut finden. Also fangt ihr an, an euch selbst zu zweifeln.

Reaktion: „Warum kommen dir jetzt diese Bedenken? Ist etwas vorgefallen, das deine Meinung geändert hat?“

Kann die Person nicht zugeben, dass ihr Verhalten eine tiefer liegende Unsicherheit widerspiegelt, ist es leider möglich, dass sie so weit in den extremen Narzissmus abgerutscht ist, dass ihr sie nicht mehr in einen gesunden Bereich zurückholen könnt.

4. Registriert das positive Verhalten

Selbst wenn es für euch kurzfristig zufriedenstellend sein mag, jemanden für sein schlechtes Verhalten zu kritisieren, wird sich das Benehmen des*der Narzisst*in langfristig nicht verändern. „Bestrafung unterbindet bestimmte Verhaltensweisen vorübergehend, befördert aber keine neuen“, so Malkin.

Was stattdessen hilft: Ausschau nach Situationen zu halten, in denen sich der*die Narzisst*in besser verhält als üblich, und diese positiv hervorzuheben — zum Beispiel, wenn er zeigt, dass er manchmal eben doch mit anderen Menschen zusammenarbeiten kann, oder wenn er Interesse an seinen Mitmenschen zeigt.

Laut Malkin heißt das nicht, dass ihr der Person ab sofort den Hof machen müsst. Es gibt einen Unterschied zwischen berechtigtem Lob und Schmeichelei — und ständige Schmeichelei erreicht das Gegenteil, sie fördert ungesunden Narzissmus.

Wichtig ist jedoch nicht nur, soziales Verhalten positiv hervorzuheben. Damit das Lob auch tatsächlich einen bleibenden Eindruck beim Narzissten hinterlässt, solltet ihr es Malkin zufolge immer mit dem Firmenerfolg verknüpfen.

Das kann zum Beispiel so aussehen: „Danke, dass du mich im Meeting unterstützt hast. Wenn wir so zusammenarbeiten, liefern wir zwangsläufig ein tolles Ergebnis ab.“

5. Stellt gutes und schlechtes Verhalten gegenüber

Diese Methode funktioniert ähnlich wie das Bestärken des positiven Verhaltens, mit dem Unterschied, dass ihr das gegenwärtige Benehmen des*der Narzisst*in mit dem vergangenen Verhalten verknüpft. „Auf Fehlverhalten aufmerksam zu machen, ist viel wirksamer, wenn es mit einem früheren Beispiel für sozialeres Verhalten zusammengebracht wird“, schreibt Malkin.

Ganz wichtig dabei: Das Wörtchen „wir“. „Du“ und „ich“ weisen Schuld zu und sorgen für eine Trennung, während „wir“ Zusammenhalt schafft. „Wenn das Wort ‚du‘ überhaupt gebracht wird, dann, um positives Verhalten zu bestärken.“

In der Praxis kann das so klingen: „Als wir uns vergangene Woche die Zeit genommen haben, damit jeder etwas beitragen kann, hatte ich ein großartiges Teamgefühl! Heute hatten wir dazu nicht die Gelegenheit und ich bin viel weniger optimistisch, was das Projekt angeht. Könnten wir beim nächsten Mal versuchen, es wieder so wie vergangene Woche zu machen?“

6. Setzt euch durch

Diese Strategie solltet ihr erst dann nutzen, wenn ihr die anderen bereits ausprobiert habt, warnt Malkin. Das liegt daran, dass sie mit einem größeren emotionalen Risiko verbunden ist, da ihr mehr über eure Gefühle mitteilen müsst: Ihr benennt klar und deutlich, was eurer Ansicht nach falsch läuft und was sich ändern muss. 

Wenn ihr vorher die fünf anderen Strategien ausprobiert habt, konntet ihr euch ein Bild davon machen, wie stark der Narzissmus bei eurem Kollegen oder Vorgesetzten ausgeprägt ist.

Ist er*sie ein*e extreme*r Narzisst*in, wird er wahrscheinlich eure Gefühle gegen euch verwenden, euch bloßstellen oder mit anderen Kollegen über euch sprechen. Ist er*sie kein*e extreme*r Narzisst*in, könnt ihr es mit folgender Methode ausprobieren: Gefühle, Verhalten und Veränderung. 

Beschreibt, welches Gefühl das Verhalten der Person in euch auslöst, zum Beispiel: „Ich fühle mich unwohl/unsicher/unzufrieden“. Benennt dann das Verhalten oder das Ereignis, das diese Gefühle bei euch auslöst und macht daraufhin deutlich, welche Veränderung ihr euch wünscht.

Das kann zum Beispiel so aussehen:

Gespräch mit dem*der Vorgesetzten: „Wenn Sie mich vor dem gesamten Team kritisieren, fühle ich mich für den Rest des Tages schlecht. Können Sie sich Ihr Feedback für ein Vier-Augen-Gespräch aufsparen?“

Gespräch mit einem*r Kollegen*in: „Es nervt mich, wenn du jeden meiner Vorschläge ablehnst, ohne dir meine Argumente anzuhören. Können wir mit Rücksicht auf das Team etwas konstruktiver vorgehen?“

Wenn alle Stricke reißen: Eine Etage höher gehen.

Ihr habt alles dokumentiert, habt alle Strategien ausprobiert, und alles ist beim Alten geblieben? Dann ist es vermutlich an der Zeit, eine Etage höher zu gehen.

Aber Vorsicht: Je nachdem, wie das Unternehmen mit solchen Anliegen und Beschwerden umgeht, könnte dieser Schritt für euch zum Nachteil werden. Leider vertreten Personalabteilungen meist die Interessen der Geschäftsführung und wollen sich mit solchen Problemen nicht wirklich beschäftigen. „Wenn man Beschwerde bei einem Unternehmen einreichen möchte, sollte man zudem abschätzen, in welchem Maß die Firmenkultur selbst von Narzissmus geprägt ist“, schreibt Malkin. 

Habt ihr diesen Schritt gewagt und es hat sich nach wie vor nichts geändert? Dann ist vielleicht nicht nur euer*eure Kolleg*in oder Chef*in das Problem, sondern das gesamte Unternehmen. In dem Fall solltet ihr euch ganz genau überlegen, ob ihr nicht doch einen Jobwechsel in Betracht ziehen wollt.

Mehr bei Business Insider:

Studie: Frauen arbeiten im Durchschnitt mehr als Männer. Weiterlesen

Ihr steigert eure Chancen bei der Bewerbung, wenn ihr diese 4 Punkte unterbringt — sagt ein Coach. Weiterlesen

10 Dinge, die Immobilienmakler euch gerne sagen würden, aber nicht dürfen. Weiterlesen

Mehr bei EDITION F:

Wie man bei drohendem Burnout die Ruhe bewahrt – und den Job behält. Weiterlesen

Was du gegen Homophobie im Büro tun kannst. Weiterlesen

„Es spielt für die persönliche Entfaltung keine Rolle, ob jemand anderes besser ist“. Weiterlesen

Anzeige