Ob Beziehungskrise, Verlustangst oder akuter Liebeskummer – diese neue Perspektive auf das schönste Gefühl der Welt kann uns von Traurigkeit und Herzschmerz befreien.
Ein Rezept gegen den Schmerz
Um diesen Blogartikel bin ich gebeten worden. Nicht von einer Firma, die ihre Sichtbarkeit im Netz erhöhen will, sondern von zwei jungen Frauen, die mich in letzter Zeit in Liebesdingen um Rat gefragt haben. Nach unserem Gespräch waren sie der Meinung, dass diese neue Perspektive auf die Liebe, die sie so noch nie gehört hatten, verbreitet gehört. Also schreibe ich heute ein paar Worte über das schönste Gefühl der Welt.
Die Idee zu dieser neuen Perspektive gehört nicht mir – aber sie ist, erstaunlicher Weise, nicht sehr bekannt. Vielleicht, weil man in Hollywood damit keine so packenden Geschichten erzählen kann. In der Hoffnung, dass diese Gedanken irgendwem irgendwo irgendwann gut tun, veröffentliche ich sie heute. Weil ich sehr gut weiß, was Liebeskummer für ein schmerzendes Gefühl sein kann. Deshalb teile ich das beste Gegenmittel, das ich kenne gerne mit euch.
Mit zwölf Jahren schrieb ich, anlässlich eines Ferientrips auf einen Bauernhof, in mein Tagebuch: „Gestern sind wir angekommen. Habe eine neue Freundin, sie heißt Viola. Außerdem bin ich in Alex verliebt. Viola ist auch in ihn verliebt. Das werden bestimmt supertolle Ferien!“ Ich musste schmunzeln, als ich diesen Eintrag neulich wieder entdeckte. So unbekümmert las ich mich. Seien wir ehrlich – spult man mal zehn Jahre vor, dann hätte die Geschichte „meine Freundin und ich sind in den gleichen Mann verliebt“ wahrscheinlich einen ganz anderen Ausgang genommen.
Lieben oder geliebt werden?
Aber in jenen Sommerferien waren Viola und ich, so viel konnte ich den folgenden Seiten entnehmen, vollauf damit beschäftigt, möglichst kunstvolle und kreative Liebesbotschaften in unsere Tagebücher zu malen, wobei wir uns nicht im mindesten daran störten, dass es sich bei unserem jeweiligen Objekt der Zuneigung um ein und dieselbe Person handelte. Im Gegenteil, wir bewunderten ehrlich und aus tiefstem, offenem Herzen jede Idee der anderen und all die wunderbaren Kombinationsmöglichkeiten der Anfangsbuchstaben zweier Vornamen. Wir waren hochzufrieden mit uns. Denn wir erfreuten uns einfach an der Liebe.
Schade, dass wir als Erwachsene bald lernen, die Liebe nicht mehr als etwas Gebendes zu sehen, sondern als etwas, das wir bekommen, ergo festhalten müssen. Als etwas, das es zu beschützen, zu bewahren, zu verteidigen gilt. Das wir hinter Glas sperren, uns um den Finger schmieden lassen und mit Vorhängeschlössern an Brückengeländer hängen. Als etwas, das mit der anderen Person in unser Leben kommt, wie ein Licht, das wieder verlöscht, wenn der andere uns verlassen sollte. Dabei verlernen wir etwas, das wir als Kind offenbar noch wussten: Die Liebe öffnet uns das Fenster zur Freude an uns selbst.
Sie hat viel weniger mit dem Objekt unserer Liebe zu tun, als Romeo und Julia uns glauben lassen machen wollten. Ich glaube, dass die moderne Menschheit an einem Irrtum über die Liebe krankt. Einem, dem ich auch aufgesessen bin, die meiste Zeit zwischen 14 und 26. Eine ziemlich qualvolle Zeit. Wiederholt verliebt, wiederholt verlassen und schon in dem Moment, in dem mir mein neuer Partner seine Liebe gestand, schauderte mir vor einem möglichen Ende. Selbst den eitelsten Beziehungssonnenschein konnte ich nie genießen – gerade dann erschien mir das Glück so fragil. Als läge es in den Händen meines Partners und damit außerhalb meines eigenen Einflussbereichs.
Woher kommt die Liebe?
Aufgewacht aus diesem kräftezehrenden Traum bin ich durch ein Hörbuch von Autorin und Lehrerin Byron Katie. Darin beschreibt sie ein Missverständnis, das wir über die Liebe seit vielen Jahrzehnten pflegen: Wenn ein Mensch in unser Leben tritt, in den wir uns verlieben, glauben wir, er oder sie hätte die Schmetterlinge mitgebracht. Wir glauben, das gute Gefühl des Verliebtseins komme von unserem Gegenüber, dass er es quasi in uns auslöst. Ist er nicht da, ist auch das Gefühl nicht da.
Das ist aber nur zum Teil richtig. Byron Katie schenkte mir einen neuen Gedanken, der mich unter meinem damals vom Liebeskummer getränkten Kissen hervorholte. Ich würde ihn mit meinen eigenen Worten ungefähr so beschreiben: Wenn wir uns verlieben, erinnern wir uns lediglich daran, wie großartig, wie göttlich wir sind. Der andere ist nur ein Spiegel – er bringt ein Gefühl in uns zum Vorschein, das vorher schon da war und auch nachher wieder da sein wird. Wir vergessen es nur wieder. Aber eigentlich sind wir immer auch in unsere eigene Herrlichkeit verliebt, wenn wir verliebt sind. Deshalb strahlen wir dann wie bekloppt, haben Kraft und Energie, fühlen uns geliebt, wertvoll, unantastbar: All das sind wir. Eigentlich. Immer. Das Objekt unserer Liebe ist nur ein Reminder. Ein Reminder an unseren Urzustand, daran, dass wir selbst Liebe sind. Wir sind gar nicht ver-liebt, wir sind Liebe.
Unser Gegenüber spiegelt unsere eigene Fabelhaftigkeit, so dass wir sie mit einem Mal wieder erkennen. Macht auch Sinn, oder? Schließlich haben die meisten von uns die Erfahrung gemacht, dass sie sich mehrfach in ihrem Leben verliebt haben, in ganz verschiedene Menschen. Das Ergebnis ist immer das Gleiche: rosiger Teint, leuchtende Augen, klopfendes Herz. Wir können uns eben in vielen Menschen wiedererkennen, da gibt es keine Limitierung. Für mich, damals in der akuten Phase des Herzeleids, war das eine echte Offenbarung. Denn es gab mir Handlungsspielraum zurück: Was sonst kann diese Gefühle noch in mir auslösen? Wobei fühle ich mich noch großartig?
Wann bin ich verliebt in mich?
Ich kenne dieses Flummi-Gefühl im Bauch zum Beispiel vom Dichten, vom Schreiben von Liedern und vom Tanzen. Von besonderen Momenten in der Natur, mit meinen Katzen, von der Freude, die ein herzliches Zusammenlachen mit eigentlich fremden Menschen auf der Straße auslöst. Ab dem Zeitpunkt, an dem mein Bewusstsein offen dafür war, das Gefühl auch an anderer Stelle zu entdecken, gewissermaßen noch andere Spiegel zu finden für mein eigenes Licht, gewann ich zum ersten Mal eine echte Souveränität und Selbstliebe.
Ich brauchte keine Partnerschaft, um in Liebe zu sein – ich konnte mir das Gefühl selbst schenken, durch die Aktivitäten, die ich wählte. Das bedeutet nicht, dass ich aufhörte, Beziehungen einzugehen. Aber es nahm der quälenden Angst vor dem Verlassenwerden ihre Kraft. Nie wieder bin ich nach Trennungen oder in schwierigen Momenten in meinen Partnerschaften danach wieder so tief abgestürzt, wie in meinen frühen Zwanzigern. Das Bewusstsein, dass verliebt sein nur bedeutet, mich in anderen Menschen selbst zu erkennen, hat mir Kraft und Ruhe gegeben.
Es gibt noch genug andere Dinge, die mich straucheln lassen. Aber Männer können mein Gefühlsbarometer nicht mehr so extrem in die Tiefe ausschlagen lassen, wie früher. In diesem Sinne: Wenn du gerade Angst in deinem Herzen spürst und das Gefühl hast, dich an den anderen klammern zu müssen, erinnere dich: Es gibt nichts, was du festhalten musst – denn du hast schon alles. Es ist bereits in dir. Der andere schenkt dir nur eine Brille, durch die du sehen kannst, wie wunderbar du bist!
Dieser Beitrag erschien bereits auf Hello Mrs Eve. Wir freuen uns, ihn auch hier veröffentlichen zu können.
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