Was Unternehmern schon lange bekannt ist, die Kraft der disruptiven Innovation, das kann auch für Mitarbeiter eine Möglichkeit sein, um sich voranzubringen. Wie?
Handle anders, handle entgegengesetzt
Für Unternehmer ist die Kraft, die von disruptiver Innovation ausgeht, schon lange eine bekannte Vorgehensweise, um einen Markt für sich zu erschließen. Geprägt hat den Begriff Clay Christensen, Professor der Harvard Business School. Damit gemeint ist ein Weg, gerade für kleine, unbekannte Unternehmen, sich auf dem Markt zu positionieren. Es geht dabei darum, die vorhandenen Ressourcen stark auszuschöpfen, um andere vernachlässigen zu können, neue Zugangswege zum Kunden zu finden – wie etwa durch die Emotionalisierung des Produktes – und sich so auch mit weniger Mitteln (wie einem kleinerem Team oder weniger Budget) gegen etablierte, große Unternehmen zu positionieren.
Disruptive Innovation wird so also meist von jungen Wettbewerbern genutzt, die zunächst in Sachen Konkurrenz für die großen Namen nicht relevant scheinen, sich aber mit dieser Taktik einen Markt erschließen, oder gar durch eine Änderung des Nutzerverhaltens größere Anbieter verdrängen können. Wer mit einer disruptiven Innovation auf den Markt geht, ändert die Spielregeln. Soweit, so gut. Wie aber kann man das auf Persönlichkeiten anwenden?
„Disrupt yourself“: Eine Karriere aus dem Hintertreffen
Der Ansatz, Christensens Theorie auf Menschen umzumünzen, kommt von Whitney Johnson, die das in ihrem Buch „Disrupt Yourself“ beschreibt. Es geht darum, sich neue Job- und Karrierechancen zu schaffen, indem man anders handelt, indem man sich einen Beruf sucht, für den man Leidenschaft hat, auch wenn man vielleicht keine Ausbildung hat. So könne man sich, selbst wenn man nicht ganz oben auf dem Zettel für die Chefetage steht, quasi aus dem Hintertreffen an den anderen vorbeimanövrieren.
Statt also vermeintliche Unterbrechungen in deinem Lebenslauf – seien es Pausen oder harte Jobwechsel, die als Planlosigkeit gedeutet werden können – als Manko zu sehen, sind sie deine Perspektive auf deine dich erfüllende Zukunft. Mach genau aus dem, was die anderen an dir zweifeln lässt, wo die Stirn gerunzelt wird, deine Stärke. Und werde nicht müde, das auch so zu artikulieren. Denn dann stehen die Chancen sehr gut, den Sprung vom Nobody zum Überflieger zu machen – und das vor allem deshalb, weil dich niemand auf dem Zettel hatte. Klingt gut, oder?
Brüche? Sind das neue normal!
Ja, klingt gut, ist aber doch eher unwahrscheinlich? Nun ja, bei Johnson war das so. Sie hat eine alles andere als stringente Karriere hingelegt, und eine, bei der sich andere sicher fragen würden: „Wo willst du eigentlich hin?“ oder: „Willst du dir nicht endlich mal etwas in einem Bereich aufbauen, dich positionieren?“ – aber genau das machte sie nicht. Und es hat sich ausgezahlt. Sie begann als Sekretärin an der Wall Street, arbeitete sich im Investment Banking hoch, machte dann wieder einen Schritt zurück zum weniger glamourösen Job als Equity-Research-Analystin – um acht Jahre später zu
kündigen, eine TV-Show zu produzieren und ein Kinderbuch zu schreiben. Dann
bloggte sie über gesellschaftliche und Businessthemen, um etwas später einen
Hedgefond zu gründen – gemeinsam mit einem Mann, den sie gerade erst getroffen
hatte: Clay Christensen. Verrückt, denkt man sich. „Es ist das neue normal“, sagt
Whitney Johnson.
Letztlich geht es darum, aus einer vermeintlichen Schwäche eine Stärke zu machen, und sich nicht auf eine Außenseiterposition festnageln zu lassen. Nutze, was dir gegeben ist, überlege, wo du dich aufgehoben fühlen würdest, was dich bewegt – und bewege dich dorthin! Wir leben heute nicht mehr in einer Welt, in der Stringenz im Lebenslauf zwingend als Qualität gewertet wird. Und auch, sich (vorerst) unter dem Radar zu bewegen, ist keine schlechte Ausgangsposition, um im Job richtig was zu reißen. Denn während die anderen für all ihre Schritte (auch die schlechten) gesehen und bequem werden, nur noch abliefern und nicht mehr glänzen, kannst du dir eine Strategie aufbauen, Know-how sammeln und mit deinem neuen Blick mit überraschenden Ideen das Feld von hinten aufrollen – und so richtig losstarten.
Ein spannender Ansatz, den ich auch mit Blick auf meine eigene berufliche Laufbahn bestätigen kann. Ich habe zwar immer einen Weg verfolgt, mich auf diesem aber gerne auch von Umwegen verführen lassen – und genau das führte dann auch dazu, dass ich in meinen Jobs oft eine Expertenposition einnehmen konnte, die die anderen aus Mangel an anderen Erfahrungen nicht bieten konnten. Und das wiederum hat mich immer wieder entscheidend weitergebracht.
Ich würde deshalb den Satz unterstreichen: Unterbreche dich in deinem Tun und auch deine Karriere ab und an, um dann erfolgreich in eine Richtung durchzustarten, die genau in diesem Moment für dich Sinn macht.
Denn nur wer keine Angst hat, sich immer wieder neu zu entdecken, wird auch herausfinden, was er alles auf dem Kasten hat.
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