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Aimie-Sarah Carstensen: „Meine beste Entscheidung? Die Angst zu versagen beiseite zu schieben“

Innerhalb von eineinhalb Jahren nach Einstieg in die Arbeitswelt zur Führungskraft aufsteigen? Das hat Aimie-Sarah Carstensen geschafft. Welche Eigenschaften und Entscheidungen dafür wichtig waren, hat sie uns erzählt.

 

Aufstieg mit Mut und Leidenschaft

Herausforderungen anzunehmen, wenn sie da sind – das ist ganz sicher eine der wichtigsten Zutaten, um im Leben weiterzukommen. Genau das beherzigte auch Aimie-Sarah Carstensen, die nach dem Start ihrer beruflichen Laufbahn in kürzester Zeit in eine Führungsposition aufgestiegen ist. Die 26-Jährige ist Projektleiterin des Schülernetzwerkes Blicksta, einem Corporate-Startup von Bertelsmann und gewann in diesem Jahr den „Young Leader“-Award von Panda, einem Führungskräfte-Wettbewerb, der sich speziell an erfolgreiche Frauen richtet.

Doch was macht eine gute Führungskraft eigentlich aus? Darüber haben wir mit Aimie gesprochen.

Aimie, du führst das Team der Onlineplattform Blicksta, die Schülern dabei helfen soll, sich über ihre berufliche Zukunft
klarer zu werden. Wie macht ihr das und warum fällt das vielen Jugendlichen schwer?

„Die berufliche Zukunftsorientierung ist bisher nicht attraktiv für Jugendliche und findet leider noch nicht dort statt, wo sich die sogenannten ‚Digital Natives’, oder auch die ‚Generation Z’ aufhalten. Schüler fühlen sich häufig überfordert und allein gelassen im Dschungel der beruflichen Möglichkeiten. Druck von den Eltern, Lehrern und der Akademisierungstrend bestärken häufig das ungute Gefühl.
Wir ändern das. Wir wollen Schülern dabei helfen, ihren individuellen Weg zu finden und sie dabei begleiten und unterstützen – denn sich mit der eigenen Zukunft auseinanderzusetzen ist ja eigentlich ziemlich spannend. Auf Blicksta filtern wir die Informationsflut rund um Berufe und Studium mithilfe einer individuellen Ausspiellogik und bieten ein Matching an, um die beruflichen Perspektiven für jeden Einzelnen zu finden. Basierend auf den persönlichen Interessen und weiteren Faktoren, wie etwa die verbleibende Zeit bis zum Schulabschluss, werden den Schülerinnen und Schülern passende Inhalte angezeigt, von Berufsprofilen und Erfahrungsberichten über Ratgeber bis hin zu konkreten Stellenangeboten.“

Wann wusstest du eigentlich, wo es für dich beruflich hingehen soll? Und was würdest du rückblickend sagen, waren dafür die wichtigsten Entscheidungen?

„Ich habe mich schon früh für das
breite Feld ‚Wirtschaft’ entschieden. Was das nun konkret bedeutet, wusste ich damals allerdings
nicht. Mir war nur klar, dass ich es spannender als Technik, Kunst und Musik
oder Biologie finde. Spätpubertär hatte ich dann jedoch erstmal tendenziell eher auf nichts
so richtig Lust (lacht). Da die
Finanzierung eines Studiums an der Universität nicht unmöglich erschien,
entschied ich mich für ein duales BWL-Studium, was rückblickend die beste und
auch wichtigste Entscheidung war. Durch den hohen Praxisbezug hatte ich schon
früh die Möglichkeit herauszufinden, welche Bereiche ich im Unternehmen interessant
finde und wo ich wirklich meine Stärken einsetzen kann. Zudem zog ich drei
Jahre lang alle drei Monate in Deutschland und der Welt um, was einen selbst
zum Organisationstalent erzieht. Während meines Masterstudiums im Anschluss habe ich, wie auch
schon im Bachelor, sehr viel gearbeitet. Auch das hat mich einen kleinen Schritt
der Antwort auf die Frage ‚Was will ich werden, wenn ich groß bin?’
nähergebracht.“

Wie ging es dann weiter?

„Nach dem ersten Jahr im ersten richtigen Job habe ich erneut
eine wichtige Entscheidung getroffen – nämlich die, dort zu kündigen. Ich habe
ein Umfeld gesucht, in dem ich meine Energie, meine Ideen und meinen
Pioniergeist ausleben kann und das in einem Team, von dem ich lernen kann und
in dem Arbeit und Privates nicht strikt voneinander getrennt sind. Das mag für
viele nicht funktionieren, aber ich habe erkannt, dass es das ist, was sich für
mich gut anfühlt. Und durch die richtige Bauchentscheidung – und gegen andere
Angebote mit einem höheren Gehalt oder einem attraktiveren Standort – bin ich
heute glücklicherweise da, wo ich jetzt bin.“

Du hast etwa 30 Teammitglieder unter dir, was sind in deinem Joballtag die größten Herausforderungen? Wie sieht so ein Tag in einem Corporate-Startup aus?

„Ich habe keinen regelmäßigen Alltag.
Jeder Tag bringt Neues mit sich, ob Herausforderungen, neue Ideen,
Verhandlungen oder inspirierende Gespräche. Es gibt keinen Tag, an dem ich
nichts Neues dazu lerne und keine Woche, in der ich nicht mindestens einmal
meine Komfortzone verlassen muss. Da wir etwas entwickelt haben, was es so auf
dem Markt bisher nicht gibt, machen wir viele Dinge als Erster. Wie im
klassischen Startup-Leben gehen auch bei uns Dinge schief, denn manchmal muss
es schnell gehen statt perfekt. Wir haben viel Freiraum, unsere eigenen Ideen
einzubringen und arbeiten viel, um diese zu verwirklichen. Wir haben
andererseits, ähnlich wie bei Investoren, auch feste Ziele die wir erreichen
müssen, sowie finanziell eingeschränkte Möglichkeiten. Meine größten
Herausforderungen sind die Fäden zusammenzuhalten, die richtigen Entscheidungen
zum richtigen Zeitpunkt zu treffen und das Team für verschiedene Situationen zu
wappnen und uns von jedem Tal gemeinsam wieder auf den Berg zu bringen.“

Du hast den Aufstieg zur Führungskraft in der kurzen Zeit von etwa einem Jahr geschafft. War eine Führungsposition immer dein erklärtes Ziel?

„Vor etwa eineinhalb Jahren habe
ich noch Luftsprünge gemacht, weil ich einen eigenen Praktikanten bekommen
sollte, doch daraus wurde leider nichts. Eine Führungsposition war nicht mein
erklärtes Ziel. Ich wollte einen Job, der mich erfüllt – wie wohl die meisten
in meinem Alter, die der bekannten Generation Y angehören.

Ich habe mich auf die Situation
eingelassen und versucht das Beste herauszuholen. Daraus ist meine heutige
Position erwachsen. Ich finde es toll, mich täglich weiterzuentwickeln und doch
ich selbst zu bleiben.

Was ich als Führungskraft
schätze, ist die Möglichkeit Gelerntes weitergeben zu können, an der
Entwicklung von unterschiedlichen Persönlichkeiten teilhaben zu dürfen und
insbesondere selbst gestalten zu können. Gemeinsam ein Team zum Erreichen eines
Ziels oder einer Vision zu führen ist herausfordernd, aber für mich
gleichzeitig sehr erfüllend.“

Hattest du als das Jobangebot von Bertelsmann kam den Gedanken, ob du das schon schaffst, oder war dir gleich klar, dass du es auf jeden Fall annehmen wirst?

„Ich hatte ein gutes Gefühl und
bin zunächst als Business Development Manager eingestiegen. Das Umfeld war
super und die Aufgaben haben sich faszinierend angehört. Ich habe bei dieser
Entscheidung versucht, die Angst zu versagen komplett beiseite zu schieben. Man
weiß es schließlich nicht, bevor man es nicht ausprobiert hat. Daher sollte man
mutig sein und sich von sich selbst überraschen lassen. Den Job im Business Development
habe ich nur wenige Monate gemacht. Ich habe dann kurzfristig die Leitung von Blicksta übernommen und wusste eigentlich gar nicht genau, was auf mich
zukommt. Zum damaligen Zeitpunkt war das Team klein und der offizielle Launch
stand bevor. Für die Frage, ob ich oder auch, ob wir das alles schaffen, war
gar keine Zeit.“

Wie wichtig war für deine bisherige berufliche Laufbahn die Förderung durch andere?

„Ich hatte bisher das Glück,
immer einen Chef zu haben, der mich gefördert hat, mit dem man aber auch klar
und direkt kommunizieren musste. Das Vertrauen, der Zuspruch und der Stoß ins
eiskalte Wasser haben mir immer weitergeholfen. Außerdem hat mich immer mein
Team ganz unterschiedlich gefördert – vom persönlichen Gespräch bis hin zum
Verlangen von Führungsverhalten. Einen Mentor als solchen hatte
ich nicht, wusste jedoch auch nicht, wie und wo man einen passenden findet.
Deshalb habe ich immer versucht, einfach mein Bestes zu geben und daran zu
glauben, dass mich das voranbringt. Inzwischen nehme ich an verschiedenen
Trainings und Gesprächen teil, was ein persönliches Coaching beinhaltet.“

Was macht dich in deinem Führungsstil aus? Wie führt man ein Team zum Erfolg?

„Der Versuch sich als
Führungskraft darzustellen oder zu positionieren scheitert meist. Alles nur zu
delegieren und auf dicke Hose zu machen ebenso. Für mich ist es wichtig, authentisch zu sein. Ich bin ich. Ich schätze Transparenz, Ehrlichkeit – wozu
auch direktes Feedback gehört – Leidenschaft, Wissbegierde und den Willen, sein
Bestmögliches zu geben. Das erwarte ich von mir und von meinem Team.“

Wie führt man ein Team zum Erfolg?

„Ich bin kein Freund von Politik
für die Politik und nicht von Lästereien. Ich möchte ein Team, in dem jeder er
selbst sein darf und sollte – und das heißt auch Chucks anstatt Stilettos
anzuziehen. Ich möchte meine Mitarbeiter bestmöglich entwickeln und die Stärken
von jedem Einzelnen bestmöglich ausbauen. Wir arbeiten gemeinsam im Team an
einer Vision und an Zielen. Und daran diese zu erreichen. Die Leistung des
Einzelnen steht bei uns nicht primär im Vordergrund sondern, dass was wir
gemeinsam etwas bewegen. Diese Einstellung führt derzeit
unser Team zum Erfolg. Doch eine gute Führungskraft zu sein und zu werden,
bedeutet für mich auch, sich täglich weiterzuentwickeln. Dem sollte man sich
bewusst sein! Das Wichtigste ist für mich, aus Fehlern zu lernen – für das Team
und für mich selbst.“

Lässt du dich im Beruf eher von Impulsen oder von festen Fahrplan leiten?

„Von beidem. Ein Impuls oder ein
festgelegter Fahrplan kann je nach Situation richtig oder falsch sein. Wenn ich
derzeit nur nach Fahrplan handeln würde, würden wir nicht
vorankommen und auch nicht erfolgreich sein. Nur Impulsentscheidungen können jedoch
dazu führen, das Ziel  aus den Augen zu
verlieren und die Vor- und Nachteile von Entscheidungen nicht richtig
abzuwägen. Ich bin ein Hybrid: Ich entscheide gerne mit einer Excel-Tabelle aus dem
Bauch heraus (lacht).“

Neben Blicksta hast du in diesem Frühjahr das Blog Fielfalt gegründet. Worum geht es da und was ist dein Antrieb, noch ein Projekt neben deinem Fulltime-Job zu machen?

„Ich bin ein sehr positiver
Mensch und meist auch glücklich – das schenkt mir viel Energie. Im Frühjahr
habe ich mich nach viel Zuspruch dazu entschieden, Fielfalt impulsiv
innerhalb eines Wochenendes zu entwerfen und zu launchen. Davor hat mir der Mut
gefehlt. Heute ist daraus ein gemeinsamer oder auch ,shared Blog‘ unter meiner
Federführung von und für vielfältige Frauen oder auch Karrierefrauen geworden. Es ist ein Blog
für alle Frauen, die keine Zeit für ein eigenes Blog aufwenden können und
dennoch bloggen möchten – und das mit anderen teilen wollen. Die Themen sind, wie auch die Autorinnen, verschieden. Vom
perfekten Frühstück im stressigen Alltag, bis hin zu Motivation und
Führungsfragen.

Das wird jedoch nicht mein
einziges Projekt bleiben. Ich bin inzwischen auf den Geschmack gekommen, Dinge
einfach mal auszuprobieren – ohne die Angst vor dem ersten Schritt. Denn schönerweise wird man meist positiv vom Ergebnis überrascht!“

Welchen Rat hast du für Frauen, die Lust auf einen beruflichen Aufstieg haben?

„Lasst die Selbstzweifel sein,
seid mutig und habt keine Angst vor Niederlagen! Seid selbstbewusst und einfach
so, wie ihr seid. Das ist toll genug! Sucht euch das Umfeld, wo ihr euch
bestmöglich entwickeln könnt und eure Stärken noch weiter gestärkt werden.
Versucht euer Bestes zu geben, aber vernachlässigt dabei nicht das Lachen und
eine positive Einstellung zum Leben!“

Alle Artikelbilder: Aimie-Sarah Carstensen | blicksta

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