Interviewmagazin, Plattform für Kreative, Produktionsstudio, Agentur, internationale Community, Interior Design, Kultur, Events, Netzwerk: Das alles und noch mehr ist Friends of Friends. Frederik Frede, einer der Gründer, erzählt von den Anfängen von FF bis zum jüngsten Relaunch.
Ihr wollt wissen, wo die Welt in Berlin zu Hause ist? Dann kommt mit! In die Glogauer Straße 2. Eine Adresse, die viele der etwas älteren Berliner*innen wahrscheinlich ganz gut kennen. Denn in den 90er Jahren war hier der Kit Kat Club untergebracht. Menschenmengen, wimmernde Bässe, Türsteher*innen. Friends of Friends hat den legendären Ort im Jahr 2017 bezogen. Und irgendwie passt das sehr gut, werde ich nach dem Interview denken.
Ich erreiche den Hinterhof von Friends of Friends. Ein beeindruckender Fabrikkomplex tut sich auf – und mit ihm eine plötzliche Stille im wilden Kreuzberggetose. Durch die meterhohen Fenster sehe ich einen einzelnen Menschen in diesen riesigen Bürolofträumen: ein Anblick, der für viele in Corona-Zeiten ziemlich gewöhnlich geworden ist.
Friends of Friends, MoreSleep, Friends Space
Es gibt gleich mehrere Klingelschilder von FF mit der Designagentur MoorSleep, Friends of Friends und dem Friends Space. Ich drücke einfach mal überall drauf, fühle mich kurz wie ein Kind beim Klingelstreich. Die meisten der 20 Angestellten sind derzeit ohnehin im Homeoffice, wird mir Gerriet gleich erzählen. Er ist der Eventmanager für den Friends Space und das FF Apartment und er öffnet mir die Tür. Frederik Frede, mein Interviewpartner, sei in zwei Minuten da, sagt er und reicht mir ein Glas Wasser. Dann kehrt Gerrit zurück in sein digitales Meeting.
Inspiring Creatives
Als Friends of Friends 2008 als Plattform „Freunde von Freunden (FvF)“ von Frederik Frede, Tim Seifert und Torsten Bergler gegründet wurde, ging es noch nicht so sehr ums Geldverdienen. Wie der Name schon sagt: Sie kannten jede Menge super interessanter Freund*innen in ihrem Umfeld, porträtierten sie und ihre Wohnungen, ihre Lebensräume. Da stand die Kreativität der Macher*innen und ihrer Freund*innen im Vordergrund und die daraus hervorgehende Inspiration bei Menschen, die diese Geschichten von kreativen Berliner*innen und ihren schillernden „broken CVs“, wie Frederik es nennt, gern lasen. „A Berlin-based interview magazine covering the lives and spaces of inspiring creatives“ – das ist noch immer so.
Frederik Frede trägt Dreitagebart, Jeans, Cappy. Und er hat eine Stimme, die an den markanten, perfekt unperfekten Erzählton in diesen amerikanischen Gangsterfilmen mit Robert de Niro oder Harvey Keitel erinnert. Wir sitzen uns gegenüber im zweiten Stock, im Friends Space. Hier werden Videos und Shootings produziert, Konferenzen, Panels, Awards durchgeführt – und Events aller Art. Vor kurzem fand gleich auf drei Ebenen der Female Future Force Day statt. Die Räume des Friends Space sind hell, offen. Es ist eine eindrückliche Spielwiese, auf der ganz viel passieren und entstehen kann – und soll.
Die Leute wollten über sich sprechen
Das Entstehen von Neuem – das war auch die Intention der Gründer, als sie die Idee hatten, ein Magazin mit befreundeten Kreativen zu machen. Der Anfang der Geschichte von FF wurde in dem noch immer bestehenden Friends of Friends Apartment in Berlin-Mitte geschrieben. Im Zuge der Finanzkrise 2008 und 2009 waren in ihrer Agentur MoreSleep zwei Kunden weggebrochen. Frederik erinnert sich: „Wir haben damals gesagt: Lasst uns doch mal was für uns selber entwickeln.“ In dieser Zeit sei auch das deutsche Facebook um die Ecke gekommen, womit schnell klar wurde: Die Leute wollten über sich sprechen und die wollten Bilder aus ihrem Leben hochladen. „Wir haben unsere Schlüsse daraus gezogen, haben alles miteinander kombiniert“, erzählt Frederik.
Wunderschöne Fenster in eine andere Zeit
Die Idee ist so einfach wie genial. Die drei Gründer sind selber Teil der Kreativwirtschaft und sie sahen sich in ihrer unmittelbaren Umgebung um und fanden wilde Charaktere, Individualist*innen, Freiheitsliebende. Also verschickten sie einfach mal Fragebögen, machten außergewöhnliche Fotos von Menschen in ihren Berliner Wohnungen und Arbeitsräumen, porträtierten sie genau so, wie sie waren – ganz ohne Schnickschnack und dabei doch immer mit einem bestimmten Stil, der sich bis heute gehalten hat und dafür sorgt, dass Friends of Friends einen ganz speziellen Soundtrack hat, der diesen Kosmos aus kreativen Menschen wiedererkennbar macht und zugleich weltweit die Lust weckt, ihn zu erweitern und daran mitzuarbeiten.
„Das interessierte einfach ganz viele Leute, egal, ob die jetzt einen bekannten Namen hatten oder nicht. Das ist eigentlich heute noch so. Wir sind sehr daran interessiert, dass das, was wir machen, nachhaltig und zeitlos ist. Du kannst all die Storys aus den Anfängen heute noch online sehen: Das sind wunderschöne Fenster in eine andere Zeit.“
„Die Leute kommen zu uns, weil sie da Sachen finden, die sie vorher nicht gesehen haben oder vorher nicht kannten.“
Frederik Frede
Mittlerweile ist ja ziemlich viel Druck dazugekommen. Alle sprechen nur noch von Reichweite. Gleiche prominente Gesichter geben sich bei Talkshows, in Podcasts oder Interviews die Klinke in die Hand. Ich möchte von Frederik wissen: Ist das etwas, was euch beschäftigt – die inhaltliche Ausrichtung mit dem ständigen Blick auf die Reichweite? „Wir haben immer gesagt: Qualität statt Quantität. Die Leute kommen zu uns, weil sie da Sachen finden, die sie vorher nicht gesehen haben oder vorher nicht kannten. Das ist uns wichtig. Außerdem ist es so: Wir haben früher zum Beispiel immer gesagt, dass wir nicht politisch sind. Aber wenn ich sage, ich bin nicht politisch, bin ich eigentlich schon politisch. Mit dem Clown, der 2016 gewählt worden war in den USA, wurde klar: Wir müssen unsere Reichweite besser nutzen und das aussprechen oder zeigen, was wir mehr wollen. Deswegen macht Friends of Friends mittlerweile auch Artikel mit Meinungen oder zu Themen, die uns sehr wichtig sind. Wir wollen viel mehr darstellen, wo wir uns bewegen, was in der Welt passiert.“
Vorreiter: Todd Selby (The Selby) und Tyler Brûlé (Monocle)
Aber gehen wir nochmal zurück zu den Anfängen. Inspiriert von Innovatoren wie Todd Selby (The Selby) oder dem Monocle-Gründer Tyler Brûlé sowie dem Aufkommen von Facebook und Persönlichkeits-PR in Deutschland, wurde Friends of Friends also eine Plattform für authentische Fotografie und Interviews. Und bereits nach kürzester Zeit, Anfang 2010, erhielten die Macher von Friends of Friends den Lead Award in Silber. Grund dafür war auch der journalistische Anspruch. Es ging und geht bei Friends of Friends nämlich um weitaus mehr als „nur“ um Fotos aus der Kreativszene in den jeweiligen Privaträumen. Es geht um Detailansichten. Es geht um Perspektivwechsel, um Empathie. Außerdem wurde damals auf Werbeformate komplett verzichtet, also keine plötzlich aufploppenden nervigen Banner – auch, wenn das in der Zeit überall sonst vollkommen üblich war.
Zunächst luden sie nur eine Story pro Monat hoch, teilten die Arbeiten untereinander auf, das lief so nebenbei und erstmal auch nur in deutscher Sprache. Dann kamen die Filme dazu. „Wir dachten zuerst“, sagt Frede und lacht, „da halten wir nur die Kamera drauf. So einfach war das dann aber nicht. Und dann kamen Kund*innen und Firmen auf uns zu, die gesagt haben: Hey, wir wollen genau euren Stil haben! Wir haben die Filmcrews dieser entstehenden Produktionen dann für Videos eingesetzt und alles miteinander verbunden.“
Gemütlich und vertrauensvoll
Ja, der Stil. Als ich die Räume von Friends of Friends betrete und dann auch den Friends Space, da verschmilzt alles nochmal neu miteinander. Die Inneneinrichtung mit den Texten. Die Helligkeit mit mit den porträtierten Menschen. Die Videos mit den Geräuschen. Ob ihm klar ist, möchte ich von Frederik wissen, dass es diesen unverkennbaren Stil von Friends of Friends gibt und dass sich dieser Stil zwar natürlich entwickelt hat seit den Anfängen, aber immer identifiziert werden kann. Frederik überlegt. „Ja, das höre ich öfter. Also: Ganz wichtig ist, dass es authentisch ist. Das haben wir von Anfang an durchgezogen. Es wurde schwieriger, je bekannter wir wurden. Dann haben Leute, die wir zu Hause besucht haben, plötzlich gesagt: ,Ich muss aber erst mal aufräumen‘ oder ,Warte mal, da wird nächste Woche noch ein Sofa geliefert‘. Das war dann eher schade. Grundsätzlich muss es gemütlich und vertrauensvoll sein. Die Leute sollen sich wohlfühlen – mit der Produktion und mit dem Ergebnis. Und ja, wenn ich so darüber nachdenke…“ Frederik sieht sich um. „Bei mir zu Hause sieht es eigentlich so ähnlich aus.“
„Die Gründe, warum Leute nach Berlin ziehen, sind andere als vor zehn Jahren.“
Frederik Frede
Friends of Friends hat mit Freunde von Freunden im Jahr 2009 angefangen. War früher eigentlich alles besser, Frederik? „Den Satz kann ich ja überhaupt nicht leiden“, sagt er. Was mal als Side Project angefangen habe, sei mittlerweile eine Firma mit mehr als 20 Angestellten. Also nein, Frederik würde nicht sagen, dass früher alles besser war. Er drückt es positiv aus: „Das ist alles viel erwachsener geworden. Und den gleichen Prozess, den hat ja auch diese Stadt durchgemacht. So wie alle Mieten teurer geworden sind, sind auch unsere Mieten teurer geworden. Wir müssen also mehr Umsatz machen – sind also auch in diesem Bezug erwachsener geworden. Die Gründe, warum Leute hierher nach Berlin ziehen, sind andere als vor zehn Jahren. Das spiegelt sich bei uns auch wieder. Sowohl in den Themen als auch bei den Angestellten. Das ist kaum noch vergleichbar.“
Was heute sogar besser sei als damals: „Dadurch, dass man uns mittlerweile kennt, ist es viel einfacher geworden, an Leute ranzukommen, Themen zu recherchieren. Die Reichweite ist definitiv viel besser geworden. Mit dem Relaunch vor einigen Tagen heißen wir jetzt Friends of Friends. Das hätten wir von Anfang an machen sollen.“
„Es ist uns immer wichtig gewesen, dass wir von überall her Input bekommen.“
Frederik Frede
Denn die Internationalität ist eine der Hauptcharaktereigenschaften von Friends of Friends. Die Freund*innen der Freund*innen kamen schon immer von überall her. Deshalb wurde auch schon 2011 komplett auf Englisch umgestellt. Mittlerweile arbeiten Freelancer*innen auf der ganzen Welt für Friends of Friends. „Wir wurden ständig von Freund*innen angesprochen: Hey, warum macht ihr nicht London? Warum macht ihr nicht Paris? Warum macht ihr nicht New York, Los Angeles und so weiter? Das war ganz natürlich. Das ist auch eine Grundeinstellung bei uns in der ganzen Firma. Mehr als 50 Prozent unserer Angestellten kommen nicht aus Deutschland. Alle Meetings sind auf Englisch. Es ist uns immer wichtig gewesen, dass wir aus allen Richtungen Input bekommen. Mittlerweile haben wir ein riesiges internationales Netzwerk, sodass wir theoretisch morgen etwas in L.A. oder in Beirut oder in Tokio produzieren oder auch für Kund*innen Themen und Personen weltweit in Metropolen recherchieren könnten – das ist ganz normal inzwischen.“
„Von Anfang an wollten wir nur mit Marken arbeiten, die wir mögen und die zu uns und unserer Zielgruppe passen.“
Frederik Frede
Im Laufe der Jahre ist Friends of Friends immer mehr gewachsen und konnte seinen Fokus erweitern. „Wie Tyler Brûlé mit Monocle wollten wir von Anfang an nur mit Marken arbeiten, die wir mögen und die zu uns und unserer Zielgruppe passen. Wir müssen dahinter stehen, sonst können wir nicht zusammenarbeiten. Und so haben wir uns ziemlich früh auf Branded Content festgelegt.“ Demnächst geht eine Serie mit Dr. Hauschka online, außerdem gibt es viele Produktionen mit Mini oder mit Closed. Aus einer gemeinsamen Arbeit ergab sich die nächste: Die Firmen kamen auf Friends of Friends zu und sagten: Wir wollen genau diesen Stil. Die Brands kommen mit Themen, woraufhin FF recherchiert: Wer aus unserem Netzwerk würde da glaubhaft funktionieren, sodass das alles einen Mehrwert hat? Darüber hinaus gibt es den Kampagnenlaunch und die Videoproduktion und das Dritte, was FF jetzt mit dem Relaunch einführt, sind individualisierte Werbebanner. Fehlen nur noch: Die Events in den unterschiedlichen Spaces, die im Grunde eine physische Erweiterung des Friends of Friends-Kosmos im Netz sind.
Mehr Innovationen
Und was bringt die Zukunft, Frederik? „Ich möchte an den Punkt zurück, wo die Innovation höher ist und wo man den Leuten zeigt: Hey, das gibts auch noch im Netz, über das Altbekannte hinaus! Das ist mir auch inhaltlich total wichtig. Weil vieles ein Einheitsbrei und nicht echt ist. Und das auf internationalem Level. Das wäre mir für Friends of Friends wichtig.“
Am Ende geraten wir ein bisschen ab vom Thema. Das liegt daran, dass ich Frederik frage, von welcher Person des öffentlichen Lebens es unbedingt mal ein Porträt bei Friends of Friends geben sollte. Frederik selbst ist Triathlet. Und er hat vor einiger Zeit den amerikanischen Podcast Rich Roll gehört, bei dem die Ultramarathonläuferin Courtney Dauwalter zu Gast war. Die habe ihn wahnsinnig beeindruckt, weil sie allein auf ihren Körper hört und sich nicht von strikten Ernährungs- und Trainingsplänen abhängig macht. Und schließlich ist es dieser Podcast und diese Folge, die ich höre, während ich auf dem Fahrrad durch Nieselregen nach Hause fahre.
Es ist die Unmittelbarkeit und Natürlichkeit ihrer vielen Projekte, die Friends of Friends so besonders machen. Und es passt sehr gut, dass Friends of Friends heute in den Räumen arbeiten, die legendär wurden durch eine knallbunte Berliner Kunstszene, die im Kit Kat Club die Nächte durchfeierte.
Ihr möchtet mehr über Friends of Friends erfahren, seid interessiert an Kampagnen, Videoproduktionen oder braucht eine Location für euren Event? Hier findet ihr alle Infos.