Foto: Pascal Rohé

Madeleine Jahr: „Emotion und Ratio verbinden – hier sehe ich klar die Stärke von Frauen“

Kund*in
She's Mercedes
Autor*in
Susann Hoffmann
Gesponsert

Unsere Co-Gründerin Susann Hoffmann hat für den She’s Mercedes Newsletter Madeleine Jahr getroffen, Managing Director einer internationalen Investmentbank – und damit Teil einer noch immer männerdominierten Wirtschaftswelt.

Gespannt sitze ich vor meinem Laptop. In drei Minuten treffe ich Madeleine Jahr – eine Frau, die mir im Vorfeld zu diesem Interview einige Rätsel aufgibt. Die übliche Recherche reicht für die Vorbereitung ganz und gar nicht, denn dies ist ihr erstes öffentliches Interview. Und das, obwohl sie schon vor dem Studium ein erfolgreiches Unternehmen gegründet hat und mit 35 Jahren die jüngste und erste Frau in einer Managing Director Position bei GCA Altium, einer globalen Investment Bank, ist. Zudem sitzt Madeleine Jahr im Aufsichtsrat von Luxempart und Viessmann und startete im vergangenen Jahr WeKids, eine Initiative zur Förderung des Kinderschutzes. Ein Mensch, viele Geschichten – von denen bisher niemand gelesen hat.

Foto: Pascal Rohé

Als Madeleine auf dem Bildschirm erscheint, erlebe ich eine Frau, die mich mit ihrem Lachen die digitale Barriere ganz schnell vergessen lässt. In dem weißen Regal hinter ihr stehen neben unzähligen Büchern die Bilder ihrer beiden Kinder.
Madeleine wirkt entspannt und bereit, über das zu sprechen, was sie macht, was sie bewegt und wofür sie einsteht. Aber warum erst jetzt? „Meine Eltern und Großeltern sind alle Unternehmer*innen und haben mich nach dem Motto erzogen: Mach etwas, tu Gutes. Aber sprich nicht darüber. Es geht um die Sache, nicht um dich“, sagt sie.

„Meine Eltern und Großeltern sind alle Unternehmer*innen und haben mich nach dem Motto erzogen: Mach etwas, tu Gutes. Aber sprich nicht darüber.“

Madeleine Jahr

Dieser Satz scheint mir fast aus der Zeit gefallen, wo das Credo in den Sozialen Netzwerken und der Welt heute doch meist genau das Gegenteil von uns fordert: Tu Gutes und sprich darüber! Vielleicht ist aber gerade Madeleines Begeisterungsfähigkeit und ihr Understatement der Schlüssel zu Erfolg und Netzwerk. Denn auch wenn man bisher nichts über sie lesen konnte, fällt es mir nicht schwer, Menschen zu finden, die sie kennen und schätzen.

„Wie wichtig ein Netzwerk ist und wie man es aufbaut, habe ich schon in meiner Kindheit mitgegeben bekommen. Ein Beispiel: Mit meinen Eltern war ich zur Hochzeit eines Geschäftsfreundes meines Vaters in Indien eingeladen und meine Mutter meinte, dass sich alle riesig freuen würden, wenn ich für die Gäst*innen singe. Ausgerechnet ich, mit damals zehn Jahren – die bis heute wirklich keine gute Gesangsstimme hat. Aber ich habe es gemacht. 25 Jahre später ruft mich der Freund meines Vaters, CEO eines Familienunternehmens, an und fragt, ob ich ihn unterstützen könne; er habe damals auf der Bühne gesehen, welche Werte mich tragen.“
Wenn Madeleine von ihren Werten spricht, dann meint sie Loyalität, Augenhöhe und Dankbarkeit. Etwas, das sie privat und beruflich lebt. Denn das Geben und Nehmen gehören ebenso dazu wie das Zuhören und Ratschlägegeben.

„Sei dir immer bewusst, welche Verantwortung du auch für die Familien hast, die bei dir arbeiten.“

Ratschlag der Eltern an Madeleine nach Gründung ihres ersten Unternehmens

Auf den Geschäftsreisen ihres Vaters nach Ungarn merkt sie: Das Brot hier könnte besser schmecken. Und nimmt dies zum Anlass, noch vor dem Studium eine Bäckereikette in Ungarn zu gründen. Sie kauft eine alte Bäckerei und einen alten Ofen – und legt los. Wenig später sitzt sie bei einem Essen mit anderen Unternehmer*innen am Tisch und erzählt von ihren Expansionsideen. Vier Stunden und ein konkretes Feedback ihres Tischnachbarn später stellt sie die gesamte Firma um: Tiefkühlbackwaren in deutscher Qualität für den osteuropäischen Markt.
Ihre Eltern, die damals ihre größten Mentor*innen und Ratgeber*innen sind, sagen nur eines zu ihr: „Wir glauben an dich. Mach. Und sei dir immer bewusst, welche Verantwortung du auch für die Familien hast, die bei dir arbeiten.“ Madeleine macht. Sie ist eine der ersten vor Ort, die Tiefkühlbackwaren in hoher Qualität für Discounter, Bäckereien und andere Partner anbietet – und ist damit erfolgreich.

Für Madeleine Jahr galt immer: „Geht nicht, gibt’s nicht. Irgendwo ist ein Weg.“
Foto: Pascal Rohé

„Das Vertrauen meiner Familie – Mutter, Vater und Großmütter – hat mich mutig, neugierig und offen gemacht. Es galt immer: Geht nicht, gibt’s nicht. Irgendwo ist ein Weg.“ Heute sitzt sie an vielen Verhandlungs- und Entscheidungstischen in der männerdominierten Finanzwelt. „Im Studium in St. Gallen meinte eine gute Freundin von mir: ,Jetzt zeigen wir es den Jungs.‘ Ich konnte damit lange Zeit nichts anfangen. Ich hatte immer das Gefühl, dass meine Fähigkeiten und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mich dahin gebracht haben, wo ich bin und dass es einer Quote nicht bedarf“, sagt Madeleine Jahr.

Sie erinnert sich an den Moment, an dem ihr Stiefvater, Geschäftsführer eines großen Konzerns, zu ihr sagt: „Es wird Zeit, dass nicht mehr nur die Männer darüber entscheiden, was Frauen brauchen oder kaufen sollen.“ Das Gespräch verändert ihre Perspektive – sie wird Mentorin an der Universität Witten-Herdecke, ruft ein Frauennetzwerk bei GCA Altium ins Leben und spürt, dass „Frauen jeden Alters an ähnliche Grenzen stoßen und es sich lohnt, diese gemeinsam zu verschieben.“

„Am erfolgreichsten ist man immer in gemischten und diversen Teams.“

Madeleine Jahr

Immer wieder passiert es auch ihr, dass bei ihrer Arbeit für Familienunternehmen gerade Patriarchen zunächst skeptisch sind, sich von einer „jungen Frau“ bei der Nachfolge oder dem Verkauf beraten zu lassen. „Am Anfang hat es mich Überwindung gekostet, in bestimmten Situationen auch männliche Kollegen hinzuzuholen, aber irgendwann habe ich gemerkt, dass Veränderung Zeit, Beharrlichkeit und Mut braucht. Und dass ich auf diese Weise Vertrauen aufbauen kann, das oft viele Jahre und über Generationen anhält. Inzwischen mit und auch ohne männliche Kollegen an meiner Seite – am erfolgreichsten jedoch immer in gemischten und diversen Teams“, sagt sie.

2015 kommt dann das Gesetz für die Frauenquote in Aufsichtsräten. Fünf Jahre später folgt das Gesetz für die Quote in DAX-Vorständen, das vorsieht, dass in den Vorständen börsennotierter und paritätisch mitbestimmter Unternehmen mit mehr als drei Mitgliedern mindestens eine Frau sitzen muss. Inzwischen hat Madeleine also mehr Frauen an ihrer Seite in den Aufsichtsräten und spürt, wie wichtig der Austausch der Generationen und Geschlechter ist: „Wenn man den Blick auf die Wirtschaftshistorie wirft, sieht man, dass es immer schon unternehmerische und starke Frauen in Deutschland gab – wie Grete Schickedanz, Aenne Burda oder Bertha Benz. Endlich gibt es für Frauen mehr Bühne, mehr Anerkennung und mehr Raum.“

Um deutlich zu machen, wie wichtig ihr diese Sichtbarkeit ist, macht sie mit diesem Interview nun auch selbst den Schritt in die Öffentlichkeit und sagt: „Was mir immer wieder geholfen hat, war Emotion und Ratio zu verbinden – und hier sehe ich klar die Stärke von Frauen. Ich empfinde es als Bereicherung, wenn die Finanz- und Investmentbranche weiblicher wird. Das sehe ich auch als meinen Auftrag.“

Am Ende unseres Interviews bin ich dankbar, dass sie die Einladung zu unserem Gespräch angenommen hat. Und ich bin sicher, wir alle hören bald noch mehr von ihr.

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