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Alles nervt? Dann schafft doch mal Tatsachen, ihr Luschen!

In ihrer Twentysomething-Kolumne schreibt Silvia über alles, was ihr gerade durch den Kopf geht. Und diese Woche über die Angst, vom Regen in die Traufe zu kommen.

Lieber ein wenig unglücklich sein als vielleicht ganz unglücklich. Oder?

Was mich wirklich nervt? Dieses „Ja, ich weiß. Aber…“.  Au man! Dieser Satz fällt einfach deutlich zu oft. Etwa in diesen Situationen:

Bei einem Job, der nicht nur langweilig ist, sondern auch echt unglücklich macht, aber in dem es „bestimmt“ bald wieder besser wird – und hey, andere trifft es ja noch schlimmer. Bei einer Beziehung, in der man schon lange nicht mehr das Beste voneinander zutage fördert, noch nicht mal das Normale, sondern eigentlich nur noch das Schlimmste die gemeinsame Zeit bestimmt. Bei einer Freundschaft, die einen nur noch runterzieht.

Naja, oder in Bezug auf das ausgeleierte T-Shirt vom Ex, das man schon lange wegschmeißen wollte, aber an das man sich dann doch lieber todtraurig kuschelt – oder wegen der neuen Haarfarbe, die man schon lange mal haben wollte. Aber was würden da die anderen sagen? Oder was ist, wenn man mit schwarz-blauen Haaren einfach vollkommen daneben aussieht?  Herrje, reißt euch mal zusammen!

Für mehr Mut zum klaren Ja oder Nein!

Abgesehen davon, dass jeder mit schwarz-blauen Haaren furchtbar aussieht, sollte doch bei uns eigentlich mehr Mut da sein, um viel öfter im Leben mal Tatsachen zu schaffen – statt immer nur abzuwarten, abzuwägen und sich irgendwann darin zu verlieren. Das kann das Große und Ganze sein, oder auch eben nur das alte, wirklich hässliche T-Shirt vom Ex. Ihr seid einfach nur zu bequem, sagt ihr? Zu ängstlich, sage ich! Denn Tatsachen schaffen, ist nicht unbedingt etwas Angenehmes, aber befreiend. Einfach mal machen, lautet das Credo.

Und hier geht es nicht darum, sofort das Leben umzupflügen, als gäbe es kein Morgen mehr, und jedem in seiner nahen Umgebung eine verbale Watschen zu verpassen, sondern einfach mal wirklich danach zu handeln, nach dem uns schon lange der Sinn steht. Das zu machen, was es braucht, um glücklich zu sein. Und vielleicht sollte man ja doch alles mal umpflügen, denn – Achtung Phrase – für das Leben gibt es keine Wiederholung. Das gibt’s nur jetzt und einmal. Dafür hat nicht mal der Buddhismus einen Ausweg, denn auch hier wandert die Seele nach der Wiedergeburt nicht weiter, sondern man wird einfach etwas  Neues (oder habe ich das falsch verstanden?). Aber egal, denn selbst wenn: Wieso sollte man auch nur ein einziges dieser Leben in den Sand setzen, weil man aus Angst vor dem Ungewissen lieber im selbstgebauten Käfig bleibt? Eben.

Abwägen ist gut – aber nur, wenn danach gehandelt wird

Klar, es ist manchmal nicht die schlechteste Idee, drei Mal über eine Sache zu schlafen oder gelegentlich nach dem Motto „Abwarten und Tee trinken“ zu leben. Aber wenn die Kanne leer ist, sollte auch mal was passieren. Warum? Die Folge davon, es nicht zu tun, ist ja nicht mal das Leben in der was-wäre-wenn-Schleife, in der man wenigstens noch verträumt ein paar Runden drehen kann, bevor man die Krise bekommt, alles hinschmeißt und nach Hawaii auswandert (kleiner Scherz, das machen sie ja alle nicht). Viel schlimmer ist ja, dass sich daraus ein Leben im ewigen Kompromiss ergibt. Ein Leben, in dem man viel zu selten gemacht hat, was man wirklich will, obwohl das wirklich erreichbar wäre. In dem man sich ewig klein macht und dann auch klein ist.

Und dann liegt man irgendwann auf dem Sterbebett, beißt verzweifelt ins Betttuch, und während alle anderen denken, man hätte einen Krampf, hat man es einfach nur verstanden und ärgert sich. Weiß endlich, dass folgende Weisheit nicht stimmt: Was ist schlimmer als Unglück? Unglück, an dem man selber schuld ist.

Denn selbstverschuldetes Unglück mag weh tun, aber dann hat man wenigstens ein selbstbestimmtes Leben gelebt. Und das bedeutet auch mal:  volles Rohr ins Unglück laufen. So what?

Toll, wie schlau die das runterschreiben kann, denkt ihr euch jetzt genervt? Nun ja, der bittere Teil meiner kleinen Aufforderung zu mehr Mut ist ja – und den würde ich lieber weglassen – dass ich ja nicht selten auch dieser Angsthase bin. Aber zugeben, dass es so ist, ist ja auch eine Tatsache, die man schaffen kann. Morgen geht’s dann wieder einen Schritt weiter.

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